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1971: Mit New Hollywood auf dem Vormarsch und den italienischen Western im Nacken, war es an der Zeit, dass eine der uramerikanischsten Domänen ein Facelift bekommen würde. Die Romantisierung des Westens in einer Epoche, in der die Vereinigten Staaten ihr Image von Freiheit und Gerechtigkeit immer mehr zu verlieren schienen, war nicht mehr angebracht. Dazu kam obendrein, dass das Genre in dem eigenen Land immer mehr an Popularität einbüßte. Just zu diesem Zeitpunkt entstanden die interessantesten, teils sogar besten US-Vertreter der Ära nach Ford und Co.

In Valdez is Coming ist es die Geschichte eines Mannes, der Entschädigung für eine Tat fordert, an dessen tragischem Ausgang er mitverantwortlich ist, die dem Publikum präsentiert wird; die Geschichte eines alternden, gebrochenen Mannes, dessen Vergangenheit Scham in ihm hervoruft; es ist die Geschichte von Bob Valdez (Burt Lancaster). Als Hilfssheriff arbeitet Valdez bevorzugt in den Spanisch sprechenden Gebieten des Verwaltungsbezirkes, wo er ein hohes Ansehen unter seinen Landsleuten genießt.
Schon an diesem Aspekt, dass kein Amerikaner, sondern ein alter, in manchen Szenen der Exposition gar einfältiger Mensch, den Titelhelden verkörpert, erkennt man die Veränderung, die das Genre durchgemacht hat. Doch bis zur heldenhaften Auferstehung wie der Phönix aus der Asche, muss Valdez, der zu einer Festnahme eines vermeintlichen Deserteurs gerufen wurde, diesen aufgrund des schießwütigen Verhaltens eines an der Aktion beteiligten Cowboys, in Notwehr töten. Dass es sich dabei gar um den Falschen gehandelt hat, stört die Bevölkerung scheinbar überhaupt nicht, schließlich sei nur ein Schwarzer gestorben und den tödlichen Schuß habe ja schließlich Valdez selbst abgegeben.

Rassismus, noch heute ein heikles Thema und das nicht nur in den Staaten, wird in vielen früheren Genrebeiträgen größtenteils ausgeblendet, bzw. nur von einzelnen Personen an den Tag gelegt, deren Bestrafung fast auf dem Fuße folgte. Hier jedoch scheint dieses Thema omnipräsent zu sein, denn ob bewusst ausgelebt oder nicht, ein jeder hegt diese Tendenzen in sich, was deutlich wird, wenn Valdez für die Squaw sammeln möchte, die mit dem Getöteten zusammengelebt hat. Das Bestreben derjenigen, die ebenso für den Tod des Schwarzen verantwortlich sind, Geld zu geben und so symbolisch ihre Mitschuld einzugestehen, tendiert gen Null. Parallelen kann man hier zum Jetzt ziehen, denn das Schuldeingestehen fällt den Amerikanern noch immer schwer, egal welches Thema das nun betrifft.

Der Höhepunkt des Teibens wird gar erreicht, wenn Valdez für sein störrisches, wenngleich immer freundliches Bitten nach finanzieller Unterstützung für die Hinterbliebene, vom Drahtzieher der fingierten Festnahme Frank Tanner (Jon Cypher) christusgleich ans Kreuz gebunden wird, respektive er ihn binden lässt und Valdez wie durch ein Wunder von einer Person dann doch noch gerettet wird. Andernfalls wäre er wohl in der Wüste jämmerlich krepiert. Das bisher mehr im Verborgenen mitarbeitende Christusgleichnis mit Valdez als Messias der Unterdrückten, kommt nun vollkommen zur Entfaltung. Der Klimax ist erreicht, denn von nun an zelebriert Regisseur Edwin Sherin die Abrechnung Valdezs mit all jenen, die ihn gedemütigt und misshandelt haben. Nicht nur auf der Leinwand erlebt der Zuschauer Genugtuung, nein, auch bei einem selbst setzt dieses wohlige Gefühl ein, denn durch Valdezs Charakterzüge und den ihm gegenüber mehr als skrupellos gezeichneten „ehrwürdigen“ Bürgern, entwickelt der Zuschauer starke Sympathien für den Titelhelden.

Die nachfolgende Eintreibung des Rechts ist jedoch kein selbstgerechtes Unterfangen, denn durch eindeutige Hinweise erfährt das Publikum von Valdezs Vergangenheit und Aufgaben beim Militär, wo er sich Fähigkeiten angeeignet hat, auf die er nicht stolz ist, in dieser Situation aber notwendig sind. Hart und direkt werden die bewaffneten Auseinandersetzungen gezeigt und passen sich so der bisher aufgekommenen Atmosphäre an. Westerntypisch werden zwar auch weitwinklige Aufnahmen und Totalen präsentiert, doch diese dienen dazu, die karge Landschaft auf Zelluloid zu bannen oder gar, um Valdezs Scharfschützenqualitäten zu unterstreichen. Wunderbar ausdrucksstark sind auch die Schlusseinstellungen des Films, welcher mit dem unumgänglichen Showdown auf einem Plateau endet, bei dem die Kamera Stück für Stück immer weiter herauszoomt. Auch sollte man während des Abspanns nicht wegschalten, man würde etwas Wichtiges verpassen.
Am Ende obsiegt zwar doch die Gerechtigkeit aber als mehr als einen Teilerfolg kann man es trotzdem nicht ansehen und auch Valdez wird die Last, Unschuldige getötet zu haben, weiter mit sich tragen müssen. So bekommt der scheinbare Triumph doch noch einen langen, nachhaltigen Beigeschmack spendiert; anders hätte es aber auch nicht zum restlichen Film gepasst.

Lancaster, zum Zeitpunkt des Drehs längst ein Globetrotter gewesen, drehte er doch sowohl in den Staaten, wie auch in Europa: hier zum Beispiel mit Luciano Visconti zusammen, hatte 1970 seinen Zenit auch schon überschritten und war somit fast schon prädestiniert gewesen für die Rolle des Valdez. Sein Spiel ist spartanisch, ganz so wie das Auftreten seiner Figur im Film und verfehlt trotzdem nicht seine Wirkung. Die langjährige Erfahrung Lancasters ist zu spüren und sein gut getimtes Aktionsvermögen verleiht seiner Figur die nötige Authentizität. Ihm gegenüber vermag es Jon Cypher nicht, seiner Rolle das letzte Quentchen Skrupellosigkeit einzuverleiben. Dies mag vielleicht am Skript gelegen haben aber ein gewisses Maß an Improvisationsvermögen schadet nie. Ebenfalls blass verbleibt Susan Clark als Gay Erin, die die innere Zerrissenheit ihrer Filmrolle stärker zum Vorschein hätte bringen müssen.

Valdez is Coming ist ein durchaus kritischer aber noch viel mehr unterhaltsamer Western, dessen letztes Drittel durch erhöhte Dynamik und actionreichere Sequenzen auch Leute ansprechen könnte, die dem Genre nicht so zugeneigt sind. Westernfreunden dagegen, dürften vor allem die veränderten Rollenverteilungen und die konsequente, rohe Herangehensweise auffallen, die dem Film interessante Interpretationsmöglichkeiten bieten. Sehenswert, ohne Zweifel.

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