What is and what could have been...
Als ich hörte, daß James Ellroys vielleicht bester und vor allem persönlichster Roman verfilmt werden würde war meine Freude als Fan seiner Werke groß. Das Buch rief förmlich nach einer kongenialen Umsetzung für das Medium Film. Leider halt sein Ruf immer noch durch die Welt der Dunkelheit des James Ellroy...
Dafür sind vor allem zwei Gründe zu nennen.
1. Die Darsteller
Waren die Darsteller in L.A. Condidential genial gewählt, so hat die Casting-Crew für die Dahlia wohl das Buch schlicht nicht gelesen. Bleichert und Blanchard sind völlig fehlbesetzt, Johannson als Kay Lake einfach nur langweilig. Swank als Madelaine ist o.k., aber nicht überragend. Alle diese Figuren sind im Buch Getriebene, von ihren eigenen Dämonen gejagte Außenseiter. In der Darstellung der Figuren findet man davon jedoch so gut wie nichts. Man stelle sich z. B. Russel Crowe als Bleichert vor und Kim Basinger als Kay Lake, dann weiß man, was ich meine.
Ellroys Buchvorlage lebt von in erster Linie von der exakten Zeichnung seiner Figuren und dann von der hochkomplexen Geschichte. Der Film scheitert in beiden Punkten auf der ganzen Linie, womit wir beim zweiten Punkt angekommen sind.
2. Das Drehbuch
Es ist verständlich und nachvollziehbar, daß man die ungeheuer komplexe Romanvorlage kürzen musste. Und man ist es ja gewohnt, daß dabei einige Aspekte 'geglättet' werden, um dem Mainstream-Publikum nicht zu stark vor das Schienbein zu treten. Aber was die Drehbuch-Schreiber hier fabriziert haben, geht einfach zu weit! Die Vorlage wird hier teilweise völlig entkernt, der Film hat stellenweise mit dem Buch nichts mehr zu tun. Etikettenschwindel könnte man das auch nennen. Ich will hier nur zwei grundlegende (und für mich fatale) Änderungen nennen.
- im Roman findet Bleichert durch harte Polizeiarbeit heraus, wer Elisabeth Short umgebracht hat und warum: es war Ramona, aber sie richtet sich nicht selbst noch wird sie gerichtet. Vielmehr bleibt sie unbehelligt, da Bleichert sie nicht als Mörderin 'outen' kann, ohne bei allen Beteiligten noch mehr Leid anzurichten (insbesondere seinen toten Freund an den Pranger zu stellen, Kay noch mehr zu verletzen und mit Martha die einzige Unbeteiligte mit in den Abgrund zu reißen)
- Madelaine ist Lee's Mörderin, aber sie wird nicht von Bleichert getötet. Sie übernimmt die gesamte Schuld der Familie (!), denn außer Martha haben ALLE Spriggs gewußt, was geschehen ist. Bleichert opfert sich für die, die er liebt - die Lebenden und die Toten, und er zahlt den Preis: 'we took the fall together, the brass girl and I.'
Entscheidend ist, daß in Ellroys Vorlage keine 'Gerechtigkeit' stattfindet. Die Mörderin und ihre Mitwisser kommen größtenteils davon, die 'Rechnung' bezahlen andere (z. B. Georgie). Der Film lässt die gesamte pessimistisch-zynische Grundstimmung weg: die völlige Dehumanisierung und Verdinglichung der Elisabeth Short durch ihre Mörder (Objekt perverser Sexfantasien / Mittel zur Rache), durch die Mitwisser (Emmett und Madelaine, die ahnen, was geschehen wird, sie aber ihrem Schicksal ausliefern!), aber auch durch die wie besessen ihre Mörder jagenden Cops (Bleichert und Blanchard, die ihre privaten Dämonen auf sie projezieren) und Staatsanwälte (Ellis Loew, der den Fall nur als Stufe auf der Karriereleiter wahrnimmet). Dies wird weder filmisch noch inhaltlich adäquat umgesetzt, der Film der Vorlage damit in keinster Weise gerecht.
Fazit: Insgesamt kann man frustrierte und gelangweilte Kinogänger nur auffordern, das grandiose Buch zu lesen (möglichst im englischen Original) und/oder das hervorragende englische Hörbuch von Random House (komplett gelesen von Stephen Hoye!!!) zu beziehen. Es lohnt sich immer wieder -im Gegensatz zu diesem völlig überflüssigen Film!!!!