Review

Wenn man in Curtis Hansons „LA Confidential“ den Höhepunkt der James-Ellroy-Verfilmungen sieht, markiert „The Black Dahlia“ wohl deren Tiefpunkt.

Bemüht in Szene gesetzt von Brian de Palma, der früher mit Filmen wie „The Untouchables“ oder „Scarface“ sein Händchen für (klassische) Gangstergeschichten bewiesen hat, verliert sich „The Black Dahlia“ allzu schnell in realitätsnahen, aber extrem sterilen Kulissen (zurückzuführen auf die Verlegung der Produktion von LA nach Bulgarien), überflüssigen Details und abstrusen Nebenplots und Finten.

Die Grundidee des Films (und des gleichnamigen Buches von James Ellroy, dem Demon Dog of American Literature) basiert lose auf einer wahren Geschichte:
Elizabeth Short, eine Möchtegernschauspielerin, die sich angeblich als Callgirl verdingt hat wurde am 15. Januar 1947 als zerstückelte Leiche aufgefunden. Die Polizei versuchte den brutalen Mord sauber aufzuklären, scheiterte aber, trotz beispiellosem Medieninteresse, und sorgte damit dafür, dass ein beachtlicher Mythos um „Die Schwarze Dahlie“ entstand.

In „The Black Dahlia“ wurde somit, ähnlich wie bei „Hollywoodland“ mit Ben Affleck ein tatsächliches Ereignis der Vergangenheit als Ausgangsbasis herangezogen und mit einer fiktive Geschichte versehen.

Aber von Anfang an:
Die beiden Cops Lee Blanchard (Aaron Eckhart) und Bucky Bleichert (Josh Hartnett), beides Ex-Boxer, untersuchen den brutalen Mord an der ebenso ehrgeizigen wie erfolglosen B-Film-Darstellerin Betty Ann Short (Mia Kirshner), der ob seiner Grausamkeit eine eigene Sondereinheit der Polizei auf den Plan gerufen hat.
Während Blanchard sich dermaßen intensiv in den Sensationsfall verbeißt, dass seine Beziehung zu Kay Lake (Scarlett Johansson) darunter leidet, fühlt sich sein Partner Bleichert von der rätselhaften Madeleine Linscott (die zweifache Oscar-Preisträgerin Hilary Swank) angezogen. Diese stammt aus einer sehr prominenten Familie, hatte rein zufällig ein anstößiges Verhältnis mit der Ermordeten und gleicht ihr bis aufs Haar. --> Meiner Meinung nach gleichen sich die Beiden zwar kein bisschen, aber das sei dem Castingagenten überlassen.
Ein Frauenschläger, Betrug, Ehebruch, Überfälle, Mord und Sex spielen weitere, mehr oder weniger wichtige Rollen in diesem abstrusen Thriller, der von Minute zu Minute immer zäher wird.

Nach dem direkten Einstieg und den ersten Minuten, in denen man sich von der realitätsnahen Darstellung der Vergangenheit berauschen lässt, verkommt der Film zu einem kruden Stilmix, bei dessen Betrachtung man das Gefühl nicht mehr loswird, dass der Streifen für De Palma nicht mehr als eine Art Spielwiese darstellte.
„The Black Dahlia“ wirkt nämlich in nahezu jeder Szene konstruiert, unmotiviert und unausgegoren und hat des Weiteren auch noch mehr Plotlöcher, Anschlussschwierigkeiten und Ungereimtheiten als „Emmanuelle“ vorzuweisen.
Vor allem das Ende ist ein Paradebeispiel dafür, wie man einen Film auf keinen Fall enden lassen sollte.

Die Tatsachen, dass zu Beginn des Films innerhalb von wenigen Minuten knapp 50 Personen eingeführt werden und die Handlung willkürlich zwischen (Film-)Vergangenheit und Gegenwart wechselt, führen noch zusätzlich zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten.

An dieser Stelle könnte man natürlich behaupten, dass die Logik des Films unter der vom Produktionsstudio angeordneten Kürzung um fast eine Stunde gelitten hat; was auch schon bei „Königreich der Himmel“ und „Daredevil“ ein großes Problem dargestellt hat.
Ich empfand jedoch schon die jetzige Dauer von 120 Minuten als viel zu lange und kann mir nicht vorstellen, dass eine zusätzliche Stunde den Film gerettet hätte bzw. dass ich sie überhaupt ertragen hätte.

Den ganzen Streifen über wird vornehmlich an der Oberfläche gekratzt, in Vergangenheitskitsch geschwelgt und eine Dreiecksbeziehung vertieft, die Niemanden interessiert, der den Film auf Grund seiner Geschichte und nicht auf Grund von Josh Hartnett ausgesucht hat.
Im Laufe der „Handlung“ verliert man somit auch leicht die Übersicht:
• Wer, mit wem und warum schläft oder geschlafen hat
• Wer, wann und warum wieder auftaucht und/oder verschwindet
• Wer, mit wem, wo, früher etwas zu tun hatte
• Und was das Ganze eigentlich soll

Des Weiteren ist auch die Wahl der Hauptdarsteller bis auf die atemberaubend schöne und verführerische Scarlett Johansson, die in jeder nur denkbaren Rolle passend besetzt wäre, sehr unglücklich ausgefallen.
Aron Eckhard alias Lee Blanchard ist die Langeweile in Person und seine Handlungen können in keinster Weise nachvollzogen werden.
Josh Hartnett bemüht sich zwar sichtlich seine Rolle auszufüllen, will aber nicht wirklich in die Rolle des harten Cops und Schürzenjägers passen.
Und mal abgesehen davon, dass ich Hillary Swank, als Verführung par excellence, irrsinnig unpassend und unglaubwürdig und somit fehlbesetzt fand, ähnelt sie Mia Kirshner nicht einmal ein bisschen.

Fazit:
„The Black Dahlia“ kann sich in nahezu keiner Szene mit anderen Ellroy-Verfilmungen wie „Dark Blue“ oder „La Confidential“ messen.

Die Atmosphäre, die Farben, die Grundidee und Scarlett Johanson zählen zu den Pluspunkten.
Negativ sind die unmotivierte Auflösung, die restlichen Darsteller, die verwirrenden, langatmigen und oft unpassenden Nebenhandlungen, die (geschätzten) 1000 Namen und die müde Inszenierung.

Ein Film der vergebenen Chancen. Seicht und schnell wieder vergessen.

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