Der Fall der 1947 total verstümmelt aufgefundenen Betty Short, die man später nur ’Black Dahlia’ nannte, erregte die Gemüter, wurde aber nie aufgeklärt. James Ellroys Roman gab eine fiktive Lösung und wurde nun von Brian De Palma verfilmt.
Die Polizisten Leland ’Lee’ Blanchard (Aaron Eckhart) und Dwight ’Bucky’ Bleichert (Josh Hartnett) sind beide ehemalige Boxer und kennen sich von der Niederschlagung eines Matrosenaufstandes. Um Publicity für eine Gehaltserhöhung bei der Polizei zu sammeln, lässt man die beiden bei einem PR-trächtigen Boxkampf gegeneinander antreten – mit Erfolg. Zur Belohnung versetzt man Streifenpolizist Bleichert in Blanchads Dezernat, das sich Räubern, Mördern und ähnlichen Kriminellen annimmt. Dabei kürzt „The Black Dahlia“ wenig vom Buch, bleibt dicht an der Vorlage.
Bei einem Observierungsjob, der in einer Schießerei endet, kommen Bleichert und Blanchard auch zum Fundort der Leiche von Elizabeth ’Betty’ Short (Mia Kirshner). An sich ein Fall für die Mordkommission, doch Blanchard setzt alles daran, dass auch sie an dem Fall arbeiten...
„The Black Dahlia“ verfügt über recht hohe production values, was De Palmas Film nett anzusehen macht: Authentische Fahrzeuge, Ausrüstung und Klamotten, wenngleich die Chose immer ein wenig zu sauber aussieht und „The Black Dahlia“ nie die Stimmung der ähnlich gelagerten Ellroy-Adaption „L.A. Confidential“ erreichen kann. Dabei handelt es sich sicher auch um ein Meisterwerk und die klar beste Ellroy-Verfilmung, aber „The Black Dahlia“ versucht sich an dessen Stil zu halten, kann ihm aber in keiner Hinsicht das Wasser reichen – vor allem was den Score angeht, der hier zwar OK ist, aber nie wirklich einprägsam.
Lediglich optisch betritt De Palma eigene Pfade und ironischerweise funktioniert „The Black Dahlia“ dann am besten, wenn er sich selbst kopiert: Die langen Kamerafahrten, die Schießerei bei der Observierung im Stil von „The Untouchables“ oder die Hotelsequenz, die an Filme wie „Dressed to Kill“ erinnert. Weniger gut funktioniert der Einsatz brauner Farbfilter, denn er ist einfach zu extrem und lässt „The Black Dahlia“ stellenweise einfach zu dröge, aber auch zu hell wirken.
Man sollte bei Verfilmungen Buch und Film stets getrennt bewerten, da beides verschiedene Medien sind und was in dem einem funktioniert, muss nicht im anderen funktionieren – zumal man einen Roman fast immer kürzen muss, um ihn auf Spielfilmlänge zu bringen (selbst „L.A. Confidential“ ist als Buch merklich umfangreicher, wurde aber für den Film gekonnt verkürzt). Doch bei „The Black Dahlia“ sind auch aus anderen Gründen jene Parts, die sich am Buch orientieren, die besten, was die ersten Hälfte des Films ist (aber weniger als die erste Hälfte des Buches). „The Black Dahlia“ stellt hier die Hauptcharaktere vor, führt vor allem Kay Lake (Scarlett Johansson), die besten Freundin der beiden ein, zu der jeder eine ganze eigene Beziehung hat. Gemächlich türmen sich Hinweise und falsche Fährten im Fall der Black Dahlia auf, Bleichert verfällt einer mysteriösen Frau usw.
Doch in der zweiten Hälfte lässt „The Black Dahlia“ nach, was zum Teil daran liegt, dass De Palma hier die Bilder scheinbar mehr als die Geschichte interessieren. Viele Sequenzen sind zu lang und treiben die Handlung kaum voran, während die Story zunehmend unglaubwürdiger und unverständlicher wird. Bleichert findet vieles nur durch plötzliche, unmotivierte Geistesblitze hinaus, die Motivation mancher Charaktere bleibt schleierhaft usw. Grund hierfür sind die Kürzungen der Romanvorlage, denn da wurde radikal getrimmt, was teilweise auf Kosten des Verständnisses geht. Viele Kürzungen machen durchaus Sinn (Auslassen der Mexikoepisoden, Verzicht auf viele Nebencharaktere bzw. Reduzierung auf Nebenrollen usw.), sogar der Verzicht auf die Ellroy-typische Schilderung von Polizeibrutalität ist akzeptabel (wenngleich dies immerhin stilistisch eine nette Brücke zu anderen Ellroy-Adaptionen geschlagen hätte). Auch die Zusammenfassung mehrerer Schlüsselszenen in der Hotelszene ist filmischer und packender als im Buch, wenngleich dadurch Logiklücken entstehen. Sträflich jedoch die Kürzungen gegen Ende, welche der Auflösung Sinn und Glaubwürdigkeit rauben und die zweite Hälfte des Films äußerst schleppend und unspannend machen (und für den Nichtkenner des Romans schwer verständlich).
Ebenfalls durchwachsen die Schauspielerleistungen: Josh Hartnett überrascht nach „Lucky Number Slevin“ erneut mit einer sehr eindrucksvollen, tollen Performance und macht hier klar den besten Job. Aaron Eckhart hingegen ist nur gehobener Durchschnitt, scheint sich erst nach einer Weile warm gespielt zu haben, während Scarlett Johansson recht gut, aber nicht überragend ist. Hilary Swank spielt auch nicht in allen Szenen meisterlich, geht aber in Ordnung, Mia Kirshner als Betty Short hingegen überzeugt auf ganzer Linie. Ebenfalls exquisit das Nebendarstellerensemble, darunter u.a. Fiona Shaw, Kevin Dunn und Mike Starr.
So geht „The Black Dahlia“ als Film immerhin als (gehobener) Durchschnitt durch, im Vergleich zum Roman ist er aber unwürdig, denn nicht nur die Kürzungen, sondern auch viele Veränderungen ärgern. Da wäre schon das Abendessen bei den Linscotts, das schon im Roman durchaus witzig angelegt ist (der Hund, die Karikatur, die Dialoge), doch De Palma geht unsinnigerweise noch weiter und macht noch aus der Mutter Ramona (Fiona Shaw) eine totale Witzfigur, aber das soll nicht der einzige Makel bleiben. *SPOILER* Ein zentraler Makel allerdings schon, da Ramona nicht die eiskalte Mörderin wie im Buch ist, wodurch die Auflösung noch weiter leidet. Zudem begeht sind unmotiviert Selbstmord, während sie im Buch davonkommt; Bleichert erschießt Madeleine für den Mord an Blanchard, während er sie im Buch verhaftet, sie nur für 10 Jahre in die geschlossene muss und er seinen Job im Gegenzug verliert. Dass Blanchard an dem Banküberfall aktiv beteiligt war, lässt der Film auch aus, demontiert diese Hauptfigur aber immerhin. Und die Chance, die Kay und Bleichert am Ende haben, ist im Buch weitaus weniger optimistisch als im Film. *SPOILER ENDE* So lässt „The Black Dahlia“ viel von Ellroys Pessimismus weg, um ein konformes unschönes Happy End herbeizuführen.
Im Vergleich zum Roman teilweise ein echtes Ärgernis, als Film für sich immerhin Mittelmaß – wenngleich mit einer schwachen, unter Logikschwächen leidenden zweiten Hälfte. De Palmas Inszenierung ist OK, die Darsteller meist gut, doch im Bereich der Ellroy-Verfilmungen gibt es besseres (z.B. ist auch „Der Cop“ besser).