„Schnappt euch eure Hämmerchen, die Schwiegereltern kommen!“
Mit „Santa Clause 2 – Eine noch schönere Bescherung!“ war es seinerzeit gelungen, der ersten „Santa Clause“-Familienweihnachtsfantasykomödie um US-Komiker und -Schauspieler Tim Allen („Hör mal, wer da hämmert“) eine tatsächlich noch etwas spaßigere Fortsetzung angedeihen zu lassen. Für die zweite Fortsetzung, „Santa Clause 3 – Eine frostige Bescherung“ aus dem Jahre 2006, kam man mit zwei statt fünf Drehbuchautoren (Ed Decter und John J. Strauss) aus, verpflichtete aber erneut US-Serienregisseur Michael Lembeck („Verrückt nach Dir“) als Regisseur. Die Kritiken fielen jedoch überwiegend negativ aus und der Film erhielt mehrere Nominierungen für die Goldene Himbeere, was verstehe wer will.
„Du nimmst Weihnachten ja sehr ernst...“
Scott Calvin (Tim Allen), mittlerweile seit geraumer Zeit der aktuelle Weihnachtsmann Santa Claus, hat in der Vorweihnachtszeit naturgemäß alle Hände voll zu tun, weshalb er sich nicht gebührend um seine hochschwangere Frau Carol (Elizabeth Mitchell, „Molly“) kümmern kann. Aus dieser Notsituation heraus lädt er die Schwiegereltern Sylvia (Ann-Margret, „Die Kunst zu lieben“) und Bud (Alan Arkin, „Little Miss Sunshine“) zum Wohle seiner Frau nach Hause ein, die jedoch nichts vom Weihnachtsgeheimnis und seiner Identität wissen dürfen. Gleichzeitig schießt eine andere Sagengestalt, Väterchen „Jack“ Frost (unter dickem Make-up: Martin Short, „Die Reise ins ich“), quer und will der Weihnachtsmann anstelle Santa Claus‘ werden. Als Scott sich von Lucy (Liliana Mumy, „What's Up, Dad?“), der Tochter seiner Ex-Frau Laura (Wendy Crewson, „Schatten der Wahrheit“) und deren neuen Manns Neil (Judge Reinhold, „Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone“), erweichen lässt, mit der ganzen Sippe den Nordpol zu besuchen, sieht sich Scott zwei großen Herausforderungen gegenüber: den Schwiegereltern zu suggerieren, sie befänden sich in einer kanadischen Spielzeugfabrik, und sich der Sabotageakte und Intrigen Jack Frosts zu erwehren. Letzteres misslingt…
„Eins ausgeliefert, noch 2,6 Milliarden offen.“
…und Scott findet sich in seinem alten, gänzlich unweihnachtlichen Leben wieder. Natürlich lässt er sich das nicht bieten und kämpft zusammen mit Lucy wacker gegen Jack Frost an. Die Handlung ist als ausgedehnte Rückblende gestaltet und zeigt Carols Erinnerungen, während sie an einer Schule unterrichtet. Witzig ist die Tagung der verschiedenen Sagengestalten wegen des aufbegehrenden Väterchen Frosts – eine Frechheit jedoch Frosts an den Kalten Krieg gemahnende Diskreditierung, immerhin bringt er in Russland den Kindern am Neujahrstag Geschenke, was dieser Film völlig ignoriert. Zu seiner Ehrenrettung empfehle ich den Genuss des Weihnachtsfilms „Die Hüter des Lichts“.
Hier aber ist er nun einmal jung und dandyhaft, will Jack genannt werden und erschleicht geheime Informationen, um gegen Scott intrigieren zu können. Zudem ist er eitel und darüber verärgert, dass ihn keine Sau kenne. Er sabotiert die Weihnachtsvorbereitungen, kann auch mal ein bisschen gruselig und macht aus dem Nordpol einen kommerziellen Vergnügungspark. Die mit diesen Szenen einhergehende Kapitalismuskritik bekommt angesichts des Umstands, dass es sich bei „Santa Clause 3“ um eine Disney-Produktion handelt, ein leichtes Geschmäckle…
Die Kulissen sind quietschbunt, die Rentiere haben Blähungen, einige Spezialeffekte finden sich ebenso wie Screwball-Dialoge für die ganze Familie. Aufgrund seines Stresses keimen in Carol und ihren Eltern Zweifel an seiner Eignung als Familienvater auf und man zerstreitet sich – die irdischsten Momente dieses Films, bis sich Scott nach Frosts zwischenzeitlichem Triumph auch noch komplett entweihnachtlicht in einer wenig erklecklichen Situation mit seiner Familie wiederfindet. Michael Lembeck und sein Team schaffen damit ein Kontrastprogramm, das veranschaulicht, weshalb die eine oder andere Weihnachtlichkeit allem Kitsch und Tand zum Trotze eigentlich doch ganz erstrebenswert ist.
Der weitere Verlauf ist von Scotts und Lucys Kampf ums Weihnachtsmann-Amt bestimmt, wofür auch Rückblenden zum ersten Teil 1 verwendet werden. Der Schluss fällt dann leider sehr kitschig aus, an dieser Stelle hätte man dem Film mehr Chuzpe und Irrwitz gewünscht. Der Epilog knüpft an den Prolog an und lässt einen schließlich mit widersprüchlichen Gefühlen zurück: Man hörte ziemlich coole Variationen von Weihnachtsliedern sowie Frost „Nordpol, Nordpol“ statt „New York, New York“ singen, man hatte süße Kinder und Elfen auf dem Schirm, sah ein spielfreudiges, quickfideles Ensemble, konnte über Dialogwitz lachen und sich an liebevoll gestalteten Details sattsehen sowie Zeuge werden, wie einer absurden Prämisse dann doch mit einem solchen Ernst begegnet wird, dass es gelingt, eine unterhaltsame, abendfüllend bei der Zuckerstange haltende Geschichte zu erzählen.
Und trotzdem fehlt dieser dritten Santa-Klausel etwas gegenüber den vorausgegangenen. Vielleicht ist sie mit ihrer Kritik nicht ganz ehrlich, weshalb sie ins Leere zielt. Vielleicht ist die Lösung am Ende zu einfach und der Antagonist als solcher eigentlich von vornherein ungeeignet, der entfachte Wettbewerb somit an den Haaren herbeigezogen. Vielleicht ist die Nordpol-Welt hier eine Spur zu bunt und niedlich, damit zu sehr jeglicher Glaubwürdigkeit entrückt, vielleicht spekuliert er zu sehr auf diese oberflächlichen Reize fürs jüngste Publikum und wirkt damit kühl durchkalkuliert. Davon abgesehen ist er jedoch beileibe kein totaler Reinfall, und von einer Werbeschau für Tim Allens konservative US-republikanische „Werte“ ist er ebenfalls weit entfernt.
Einen vierten Teil gibt es noch nicht, dafür ging „Santa Clause“ dieses Jahr bei Disney+ in Serie.