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Kaum eine Katastrophe hat sich so tief ins nationale Gedächtnis der USA gebrannt wie die Terroranschläge vom 11. September 2001. Vom schieren Umfang dieser Attacken überwältigt, dauerte es einige Zeit, bis sich das Land auch künstlerisch mit dieser Zäsur in seiner Geschichte auseinandersetzen konnte. Oliver Stones Film "World Trade Center" zählt zu den ersten Beiträgen, die sich intensiv und detailliert mit den Ereignissen jenes Tages beschäftigen. Vielleicht deswegen ist er auch einer der unausgereifteren.

Stone erzählt hier die authentische Geschichte zweier Polizisten, die bei ihren Versuchen, die Menschen aus den brennenden Türmen zu evakuieren, selbst unter den Trümmern des einstürzenden Gebäudes begraben wurden. Durch Mut und Zähigkeit schaffen sie es, eingeklemmt in engen Spalten, lange genug zu überleben, bis die unermüdlichen Rettungskräfte sie finden und befreien können. Nicolas Cage und Michael Peña verleihen diesen beiden berühmt gewordenen Männern ein Gesicht.

Nach dem 11. September galten Feuerwehrmänner, Polizisten und Rettungskräfte aller Art gemeinhin als Helden, die unter Einsatz ihres Lebens andere zu retten versuchten. Auf diesen Zug springt der sonst so gesellschaftskritische Stone auf und zelebriert "World Trade Center" als Verehrung mutiger Männer, die selbst in den härtesten Situationen einen kühlen Kopf bewahren und eine Lösung finden. Amerikanische Tugenden wie Mut, männliche Stärke und Durchhaltevermögen werden hier pathetisch und mit melodramatischen Zwischentönen hochgehalten.

Dabei fängt der Film noch sehr vielversprechend an. Die Einleitung kann Gänsehaut erzeugen, wenn die Einsatzkräfte zum World Trade Center gerufen werden, ohne genau zu wissen, was eigentlich passiert ist. Die Verwirrung, Orientierungslosigkeit und aufkeimende Nervosität der Rettungskräfte wird eindringlich und glaubwürdig in Szene gesetzt, Bilder von verletzten und panischen Menschen auf den Straßen und den in Flammen stehenden Türmen machen die Unübersichtlichkeit der Situation deutlich. In diesen ersten 20 Minuten überzeugt Nicolas Cage als alteingesessener Feuerwehrmann, der seine Truppe anzuleiten und zu beruhigen versucht. Auch ist dieser Anfang mit überzeugendem Setting, großem Aufwand und authentischer Umgebung inszeniert. Und der im Inneren des Gebäudes gefilmte Einsturz ist wahrhaft spektakulär. Bis hierhin nimmt einen der Film voll und ganz gefangen.

Doch sobald die Männer verschüttet sind, verliert "World Trade Center" zügig an Tempo. Der stark begrenzte Handlungsraum und die Tatsache, dass sich die beiden so gut wie nicht bewegen können, verhindert übliche dramaturgische Entwicklungen und hätte einer originellen Umsetzung bedurft. Stattdessen wechselt Stone regelmäßig zwischen der dunklen, engen Höhle der Eingeschlossenen und ihren Angehörigen, die daheim auf Nachricht ihrer Liebsten warten und immer verzweifelter werden. Das könnte natürlich ebenso spannend und bewegend sein, ist aber so klischeehaft und vorhersehbar inszeniert, dass es schnell langweilt. Und durch immer wieder eingestreute Erinnerungen der Agierenden und belanglose kleine Nebenepisoden wird der Film vollends langatmig. Schon nach der Hälfte seiner zwei Stunden Laufzeit wünscht man sich den Abspann herbei.

Und das unverhohlene Pathos, mit dem der Film die Rettungsmaßnahmen darstellt, macht die Sache auch nicht besser. Da wird ein erzchristlicher Marine als geradezu göttlicher Retter gezeigt und der Mut der Männer gefeiert, während die Frauen die ganze Zeit nur daneben stehen und weinen dürfen. Das alles ist zu sehr mit konservativer US-Ideologie verbrämt, als dass es als Analyse menschlichen Verhaltens in Extremsituationen funktionieren könnte.

Von einem Regisseur, der Filme wie "Platoon" oder "Natural Born Killers" gedreht hat, überrascht solch ein geradezu propagandistisches Werk doch sehr. Platt, melodramatisch und pathetisch feiert er die Helden des 11. September - die zweifellos Mut bewiesen haben - und angebliche amerikanische Tugenden gleich dazu. Ein Glück, kann man sagen, dass er wenigstens die politischen Hintergründe weitestgehend heraus hält. Sonst wäre "World Trade Center" doch noch reine US-Propaganda geworden. So ist er nur ein langatmiger und lediglich in einzelnen Szenen überzeugender Film über die Schrecken jenes Tages und die Kraft, sie zu überwinden.

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