Review

Im Prolog ein Zugeständnis an die Ära der exzessiven Maßlosigkeit zuvor. Statt einer Einleitung zum Film vielmehr das ausklingende Nachspiel auf das Jahr 1983, dass bis zur Einführung des Category 3 Siegels Ende der Achtziger ein letztes Mal die Daumenschrauben zwischen Normalem und Pathologischem anzog. Eine kurze, aber umso lautere Schlussrede zu Mitternacht, um im Morgengrauen Abschied zu nehmen und sich mit wankenden Beinen ins unsichere Kommende der Zukunft zu begeben.

Die ersten Minuten von Sex Beyond the Grave sind das Einzige, was dem reißerischen Titel und seinem ebenso Aufmerksamkeit hervorrufenden Originallayout entspricht – ein von Wahnsinn gepeinigtes, schreiendes Frauengesicht, im verblassten Schwarzweiß vor triefend tiefrotem Blut –. Und auch der einzige Akt, der in der drohenden digitalen Spaltung zwischen Horror und FantasyKomödie überhaupt funktioniert. Mit einfachsten Mitteln sogar, einer schlichtweg Aneinanderreihung von Brutalität und Sex im sadistischen Genuss, viel Boshaftigkeit, Infamie, einer ruchlosen Niedrigkeit und Verrohung der Triebe. Eine derbe Tonsetzung mit ebenso eindringlicher Interpretation, die die Grenzen der Abgründe der Psyche ohne weitere Vorwarnung, in einer schiefen Balance zwischen wenig Diskretion und viel Deutlichkeit anschneidet.
Doch dann wird es hell, viele Jahre sind vergangen, die Zeit hat sich geändert und macht einer flexiblen, indeterminierten Unbestimmtheitsstelle Platz. Vom Schrecken ohne Ende zum Ende ohne Schrecken, bei dem die immer freundlicher werdenden Publikumserfolge nicht umsonst Happy Ghost heißen:

Am Ende des Zweiten Weltkrieges erbittet die flüchtende Sängerin Ah Hua [ Kwong Mei Bo ] zusammen mit ihrer Kleinfamilie Unterschlupf auf dem Anwesen von Old Tao [ Gam Biu ]. Doch dieser liefert sie nicht nur dem Japaner Kimura [ Philip Ko ] aus, der Ah Huas Mann und Sohn tötet und sie vergewaltigt, sondern beteiligt sich sogar an der Misshandlung und tötet die Frau anschließend wegen einer Juwelenbox selber. Ab dem Moment ist das Haus samt Grundstück verwunschen; da der Nachkomme Tao Ming [ Goo Goon-Chung ] und seine Frau Ida [ Lai Yin Saan ] wegen Spielschulden das bisher verschlossen gehaltene Gebäude verkaufen müssen, ziehen ihre ahnungslosen Freunde Professor David Yang [ Anthony Lau ] nebst Frau May [ Chin Wai Yee ] und dem vierjährigen Sohn Nicky in die unheilvollen Gemächer.

Die Einleitung nur als rechtfertigende Ausrede für den aktuellen Feldversuch im zeitgenössischen Milieu. Als alibihaft reduzierter Vorwand, um den Schwung des ersten Entsetzens und die Spannung von Anteilnahme und Überschau für den eigentlichen Aufbau auszunutzen. Einführung und Vorstellung der Figurenkonstellation, deren Subjekte als blanke Funktionenträger formuliert werden sowie die endgültige Szenenlokalisierung in das frühere Landbesitztum der Taos nehmen ein ganzes Drittel der eh schon knapp bemessenen, zusätzlich mit strammen jump cuts und ungrammatischem Montageaufbau ernährten Handlung ein. Ein Nebeneinander von ernsten, bemüht komischen, versucht erotischen, mit full frontal nudity aufgeheizten, meist jedoch zutiefst belanglosen Episoden um die Spielsucht des Tao Ming. Stetige Metamorphosen, in denen die Bildelemente fortwährend Gestaltwandeln, merklich an Intensität nachlassen und zuletzt etwas völlig Gegensätzliches als das schockierende Ausgangsbild darstellen.

Ein irritierendes Überall und Nirgendwo, bevor man sich endlich auf bekanntem Terrain befindet: haunted house also. Die Renovierung und Nutzbarmachung von überwuchertem Wildwachstum, dass sich im Kampf Natur gegen Mensch die Grundmauern seiner Existenz zurückerobert und als Sieger über Tod und Sühne postuliert. Die Selbstherrlichkeit des Architekturalen, das als Tatort eines schrecklichen Verbrechens das moralische Gewissen vertritt. Und die Metapher der abgesperrten Tür, deren unbefugtes Öffnen zur Wiederkehr der verdrängten historischen Gewalt, dem Ausdruck der Schuld und Symbol der Bestrafung wird.

Die jeweilige Quelle der Inspiration kann man sich nach eigenen Gutdünken aussuchen; nicht nur von dem Zeitraum der Entstehung her waren es in präziser Weise wohl eher Das Landhaus der toten Seelen, Amityville Horror, Das Grauen statt einem Das Haus auf dem Geisterhügel oder Bis das Blut gefriert. Auch Poltergeist dürfte bei manchen Szenen Pate gestanden haben. Wenn Kühlschrank, Fernseher, Küchengerätschaften, Licht verrückt spielen, Flaschen, Fensterscheiben und Wasserleitungen bersten, Automatisierung, Technizismus, spiritistische Systeme und buddhistischer Glaube aufeinander treffen und Aberglauben, Mystizismus und Okkultismus in einem typisch modernen Haushalt eindringen, sind die Querverweise deutlich.
Exorzistische Aktivitäten, religiös motivierte Rituale und kirchlich-heilsgewisse Paraphernalien im Kampf gegen die nur in der Wirkung sichtbaren Kräfte der Schreckgespenster sind ja allerdings nur ein Aspekt der erstaunlich antichristlichen Geschichte. Leider. Und leider selbst dann noch nicht einmal der überzeugendste.

Zwar arbeiten die Effektspezialisten mit durchaus gekonnten Attributen, wenn es denn mal daran geht, dem Haus ein störrisches Eigenleben zu verleihen und den destruktiven Hammer gegen die renovierte Einrichtung und ungebetenen Besucher zu schwingen, tun dies aber in rein oberflächlicher Spektakel-Referenzialität, die nur auf die psychische Stimulation beruht. Eine bloß instrumentelle Sichtweise, die sich auf die textexterne Kategorie der schieren Taschenspielerei und anderem Gauklerdasein ausruht und dabei bereits die noch kommenden Trickschlachten in expressiv akustischer und visueller Lautstärke vorweg nimmt. Geschieht dies mit dem simplen Verrücken von Gegenständen, wie es bereits in der wüsten Zimmerzerstörung bei Devil Fetus mit beeindruckenden Ergebnissen praktiziert wurde, so darf man auch hier Erfolg bescheinigen; sobald man sich aber komplett in die Zaubermanege der Destabilisierung stürzt, folgt auch schon der tiefe Fall ins Lächerliche.

Aktionen direkt aus der Augsburger Puppenkiste, die anwesende Figuren als Helden aus Holz wie im Lummerland herum segeln lassen, bewahren durch ihren naiven Charme ja immerhin noch die joviale Sympathie des schon ein wenig konsternierten Zuschauers. Nur, besonders der im damaligen HK Kino beliebte Einsatz der bunten Malstifte, indem einfach Blitze und andere Objekte in die Leinwand gezeichnet werden, wirft das ganze Projekt schon auf eine derart kindische Stufe zurück, dass neben "Hauptsache billig" und "Qualität ist Nebensache" auch noch das plötzliche Infantile rückwirkend jeglichen positiven Eindruck empfindlich schmälert.

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