Review

„Mann, genial, Action-Master John Woo dreht einen Kriegsfilm!“
So oder ähnlich hörten sich sicherlich viele Reaktionen an, als bekannt gegeben wurde, dass John Woo, der Meisterregisseur des Actionfilms aus Hongkong, im Regiestuhl eines neuen Weltkrieg-II-Spektakels namens „Windtalkers“ mit Nicholas Cage ( „Face/Off“ ) und Christian Slater ( „Broken Arrow“ ) in den Hauptrollen platznehmen würde.
Mir erging es ähnlich. Zugegeben, „Face/Off“ war / ist natürlich klasse, aber neben dem anschaubaren „Hard Target“ hat Woo nach seinem Wechsel von Hongkong in die Vereinigten Staaten, gebremst und eingeengt durch Hollywood-Prämissen und Produzenten-Vorgaben, kaum ahnsehnliches fabriziert: „Broken Arrow“ war schwach, „Mission: Impossible II“ war grottenschlecht, über Gurken wie die TV-Produktion „Blackjack“ sprechen wir erst gar nicht. Außer „Face/Off“ ( und vom Stil her „Hard Target“, aber auch das nur mit vielen Einschränkungen ) erreichte keiner der wooschen Hollywoodstreifen die Qualität seiner Hongkong-Meisterwerke „The Killer“, „Hard Boiled“ oder „A Better Tomorrow ( I/II )“.

Und, ich nehme es mal wieder kurz und knapp vorweg, „Windtalkers“ erreicht weder deren Qualität, er erreicht selbst im gleichen Genre nicht einmal die Qualität des anspruchsvolleren (und streitbaren) Woo-Kriegsfilms „Bullet in the Head“ und des brutal-actionlastigeren Woo-Frühwerks „Heroes shed no tears“.

Warum, bzw. warum nicht?
Nun, „Hollywood-Einfluß-üblich“ lässt auch „Windtalkers“ entscheidende Woo-Kriterien missen. Der Film hinterließe beim geneigten Kinogänger vielleicht sogar einen besseren Eindruck, wenn dieser nicht mit der Prämisse und den Ansprüchen an einen John-Woo-Film im Hinterkopf den Streifen anschauen würde.
Sorry, aber bei John Woo erwarte ich nun einmal viel, viel Zeitlupe, beidhändiges Feuern, ausgefeilt choreographierte Action und Atmosphäre, die einen Film vom Action-Einheitsbrei abhebt. Abgesehen von einigen härteren Szenen ist hier nichts dergleichen wirklich präsent, um "Windtalkers" übermäßig aus der Hollywood-Standardware hervorstechen zu lassen.

„Windtalkers“ lässt nicht nur die Fans der typischen Woo-Inszenierung im Regen stehen, auch ansonsten fehlt ihm Anspruch, Niveau und Innovation. Anstatt sich entweder ernsthaft einem anspruchsvollen Kriegsfilm zu widmen oder sich mehr auf die Actionvariante zu konzentrieren (oder gar eine "The Killer" - ähnliche Symbiose anzustreben...), dümpelt „Windtalkers“ irgendwo dazwischen. Ohne es zu erreichen, will der Film ab und zu eine Qualität und Atmosphäre wie der Genre-König „Der Schmale Grat“ entwickeln, scheitert aber durchweg an zu großer Oberflächlichkeit, Klischeehaftigkeit, Unausgegorenheit und einigen unglaubwürdiger Szenen. Und unabhängig von der Frage, ob dies für einen Kriegsfilm geschmackvoll oder angebracht ist, liefert der Streifen eben auch keine gute Action: Hier bietet uns Woo in Sachen Inszenierung ein Hollywood-Standardeinerlei mit einem hohen Bodycount an albern umfallenden Japanern, welches nur ganz selten und immer nur für wenige Sekunden einen „Hauch von Woo“ spüren lässt ( die Sequenz, in der Slater „seinen“ Indianer bis zum Tod verteidigt, ist so eine einsame Ausnahme ). Viele Gelegenheiten für eine stimmungsvollere Präsentation mancher Szenen wurden spürbar verschenkt; weniger wäre hier wieder einmal oft mehr gewesen; einigen netteren Woo-Actionszenen hätte ich im Vergleich zu dem hier vorherrschenden 08/15-Bodycount-Geballer (welches teilweise wirklich arg unglaubwürdig dargestellt wird ) den Vorzug gegeben.

Die Story um die Rolle Navayo-Indianer und den Code selbst ( und die „mit-allen-Mitteln“ – Komponente, die die Tötung eines Indianers impliziert, um den Code zu schützen ) ist nett konzipiert, kann aber letztlich nicht vollend überzeugen, da viele Elemente dieses Handlungsfadens nicht konsequent weiter- bzw. zuende geführt werden und diese Basisgeschichte eh mehr und mehr durch andere Konflikte wie Cage’s Trauma und die woo-typischen Freundschafts-Elemente überlagert werden. Doch wie gesagt, der Film scheitert nicht am Basisgerüst, sondern an der Ausführung, die nun mal nicht überzeugt und im Vergleich zu den großen niveauvolleren Kriegsepen der Filmgeschichte belanglos erscheint und untergeht.

Was die Darsteller angeht, so machen diese ihre Sache immerhin durchweg ansehnlich.
Nicholas Cage macht seine Sache ja eigentlich immer gut, auch wenn sein Charakter im Film leider einige unglaubwürdige und zudem klischeehafte Wendungen durchläuft ( z.B. die Abgabe seiner Schmerzpillen an das japanische Baby ). Cage weiß aber immerhin, auch solche Albernheiten darstellerisch zu verkaufen.
Slater spielt einen etwas naiven, aber gutmütigen und zur Not auch vehement kämpfenden Charakter; seine typische Rolle halt ( vgl. „Broken Arrow“, „True Romance“ ).
Die indianischen Protagonisten wissen ebenfalls durchaus in ihren Rollen zu gefallen.

Kommen wir noch zu einem elementaren Manko des Streifens: Dem Soundtrack.
Selten habe ich einen derart unpassende und schlechte Musikuntermalung bei einem Film dieser Größenordnung gesehen, bzw. sorry: gehört. Anfangs wirken die orchestral geschmetterten Klänge aus der Feder vom sicherlich nicht untalentierten Fließbandkomponisten James Horner ja noch passabel, sehr schnell nerven den Hörer aber die sich ständig wiederholenden, möchtegern-pathetischen und wie Warmovie-Standardware anmutenden „Melodien“, die zudem eigentlich nie zur Szenerie passen. Katastrophal wirkt sich dies am Ende / Showdown des Streifens aus, den man anhand der Musikuntermalung gar nicht als solchen erkennen mag. Wo man Choralklänge oder andere Arten epischerer Soundkulisse erwartet, mutet Horner uns armseliges Spannungsgedröhne zu, welches die akute Stimmung der Handlung nicht im geringsten reflektiert. Dies ist mehr als ärgerlich und kann von Woo wohl kaum derart beabsichtigt gewesen sein.

So möchte ich abschließend also folgendes Fazit ziehen:
„Windtalkers“ ist sicherlich keiner der schlechtesten Kriegsfilme, einige Sequenzen wie z.B. die Anfangsschlacht mit dem Unterstützungsfeuer der Kriegsschiffe sind schon gelungen; doch insgesamt kann der Streifen aufgrund der zu ausgeprägten zuvor geschilderten Schwächen kaum überzeugen, und daß weder in der Anspruchs- noch in der Action-Komponente. Gespannt warten wir nun auf John Woos nächstes Projekt. Nur unterliegt sein Können und sein Talent leider offenbar mehr und mehr dem Hollywood’schen Damoklesschwert...

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