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Ein Mann, ein kurzer Lebensrest, Adrenalinrausch und Rache

Wie stellt man sich normalerweise einen richtig miesen Tag vor? Nun, man wacht auf, stößt sich den Zeh am Türrahmen, weil der Wecker schon zu spät geklingelt hat. Die Dusche wechselt zwischen eiskalt und kochend heiß, das Kaffeepulver ist alle und auf dem Weg ins Büro stellt man, im Stau stehend, fest, daß man seinen Hausschlüssel vergessen hat. Im Büro dann der übliche Ärger mit mißliebigen Kollegen und dem tumben Chef, das Mittagessen kalt und geschmacklos, Stau auf dem Heimweg. Der Schlüsseldienst ist unverschämt teuer, man braucht ihn aber nicht, da die liebste zu Hause ist, allerdings nicht allein, sondern mit ihrem besten Freund. Warum die beiden aber nackt sind, das wollen sie nicht sagen, es sei halt heiß, weil die Heizung sich nicht abstellen ließe. Die Lottozahlen waren alle wieder knapp daneben, und dann ist, nach all dem Ärger, auch kein Bier mehr da. Ein mieser Tag, so meint man, aber es geht noch viel schlimmer.

Chev Chelios ( Jason Statham ) hätte gerne so einen miesen Tag gehabt, denn seine Variante ist ungleich schlimmer. Sein Feind hat ihm ein Gift verpaßt, welches ihn binnen kurzer Zeit umbringen wird. Gut also, daß er von Beruf Profikiller ist und gewohnt, mit fiesen Situationen umzugehen. Es gibt ja noch soviel zu tun...Rache, sich von der Freundin verabschieden, Rechnungen bezahlen...das letztere bleibt ungetan, denn sein guter Freund und Doktor sagt ihm die Wahrheit – das Gift ist irreversibel, die Wirkung kann nur durch körpereigenes oder künstliches Adrenalin verzögert werden. Von da ab rennt der Held des Films wie ein Aufziehmännchen durch die Gegend, tut alles und nimmt alles, was ihn am Laufen hält und beschert dem Zuseher dabei köstliche Momente. Da es sich aber keinesfalls um eine Komödie handelt, ist auch reichlich Action dabei, denn ein Mann hat gerne ein Ziel, und hier ist es der Gedanke an Rache an seinem Mörder, der ihn aufrecht erhält. Wir folgen daher Chelios auf seinen letzten Wegen und erfahren, warum er getötet werden soll – die übliche Gangsterstory um Vorherrschaft und feindliche Gangs – wissen aber auch, daß er eigentlich aussteigen wollte. Tja, leider zu spät...

Selten war ein Film so kurzweilig wie dieser. Unter Einsatz aller derzeit üblichen filmischen Mittel wird ein Rausch erzeugt, Geschwindigkeit gepaart mit Drogen und Adrenalin. Kurzum, „Speed“ trifft auf „Dead on Arrival“ und „Lola rennt“, aber in einer sehr abgefahrenen Variante. Der stoische Gesichtsausdruck von Statham ist dabei bestens geeignet, den Zuseher bei der Stange zu halten, wenngleich man den Film wirklich mit offenen Augen ansehen muß, denn sonst verpaßt man möglicherweise irgendein Gimmick. Es geht erfreulich politisch unkorrekt zu, Drogen aller Art, Sex an öffentlichen Plätzen, rabiate Schießereien und Mordsequenzen, eine Freigabe ab 18 war durchaus gerechtfertigt. Aber man amüsiert sich trotz der eher düsteren Ausgangslage prächtig, denn zu abgedreht sind die Szenen aus dem Leben eines toten Mannes. Schauspielerisch ist außer Statham nichts großartiges zu berichten, die Effekte sind, bis auf kleinere Ausflüge, schön altmodisch handgemacht, und auch das obligatorische Happy-End fehlt. Lediglich ein, zwei kleinere Details trüben den Eindruck, das Finale in der Luft ist schwach auf der Tricktechnikbrust, und freihändig auf dem Motorrad fahren sieht nett aus, wirkt aber dämlich. Das war es jedoch schon mit der Meckerei, man hat Spaß und ist überrascht, daß der Film eine so kurze Laufzeit hat – durch die vielen Mätzchen wirkt er ungleich länger. 9/10

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