„D. O. A. – Bei Ankunft Mord“ bezog seine Spannung daraus, dass man früh erfuhr, dass der Hauptperson, die tödlich vergiftet wurde, nur noch eine begrenzte Zeit bleibt, seinen Mörder zu finden. In „Speed“ wurde Spannung dadurch erzeugt, dass die Bombe in dem Bus explodiert, wenn die Geschwindigkeit des Busses unter 50 Meilen sinkt.
„Crank“ bringt das Kunststück fertig, diese beiden Situationen zu verknüpfen:
Der Hitman Chelious (Jason Statham aus „Snatch“ und „The Transporter“) erfährt zu Beginn aus einer DVD, dass ein ihm bekannter Killer ihm ein tödliches Gift injiziert hat, das ihn innerhalb weniger Stunden töten wird. Ein befreundeter Arzt (Dwight Yoakam, der Mann mit der Maske aus "Panic Room") sagt ihm, dass er die Wirkung des Giftes hinauszögern kann, wenn er seinen Adrenalinspiegel konstant am oberen Limit hält, das heißt wenn er quasi immer unter Volldampf agiert.
Diese Konstellation ist natürlich die ideale Voraussetzung für einen Hochgeschwindigkeitsthriller und genau das ist „Crank“ auch geworden.
Die Inszenierung gibt einem kaum Luft zum Atemholen. Gemeinsam mit Chelios hetzen wir durch die Großstadt und begleiten ihn auf seinem Höllentrip.
Leider bedienen sich die Regisseure Mark Neveldine und Brian Taylor - ganz zielgruppenorientiert - der anscheinend nötigen Mätzchen, um Tempo zu erzeugen: schnelle Schnitte, atemberaubende Kamerafahrten und andere Tricks. Das macht den Film oft unübersichtlich und man verliert kurzzeitig die Orientierung.
Man hat manchmal das Gefühl, der Film selbst kommt mit dem in Drehbuch vorgegeben Tempo nicht mit. Durch dieses Tempo fallen zwar auch die meisten Logiklücken nicht auf, aber manche Kapriole ist dann so offensichtlich, dass sie störend wirkt:
In einer Szene springt Chelios in den Pool eines vermeintlichen Gegners, um sich mit ihm zu unterhalten. Diese Unterhaltung ist zweifellos witzig, aber was sollte die um den Pool herumstehenden Schergen daran hindern, ihn in einer derart hilflosen Situation zu töten?
In einer anderen Szene, lassen sich Ärzte in einen Krankenhaus nicht davon abhalten, einen schwer kranken Patienten mit einer irren Geschwindigkeit durch einen Gang zu schieben, obwohl einer der Ärzte von dem mitschiebenden Chelios mit einer Waffe bedroht wird?
Aber im Film wimmelt es auch von kleinen wunderbaren Szenen.
In der vielleicht schönsten Szene des Films muss sich Chelios zweier Killer, die ihm in der Wohnung seiner Freundin (wieder einmal zuckersüß: Amy Smart) auflauern, erwehren. Das Problem ist: Seine Freundin weiß bis dahin nichts von seinem Job als Killer und so muss er diesen Job nebenbei, quasi zwischen Tür und Angel erledigen.
Highlight des Films ist vielleicht die Szene, in der Chelios einfällt, dass ihn ja auch seine Freundin auf Touren bringen kann, weshalb er sie zu einer spontanen Nummer auf der Straße nötigt.
Und gesellschaftskritisch ist der Film dann auch noch, allerdings auf eine sehr böse Art: Chelios entledigt sich eines Verfolgers dadurch, dass er ihn fälschlicherweise als Al Quaida-Mitglied denunziert. Die umstehenden US-Bürger nehmen das, ohne zu hinterfragen, sofort zum Anlass, sich auf ihn zu stürzen und in quasi in Stücke zu reißen (Man hört sogar die Knochen brechen!). Wem’s gefällt!
In einer anderen Szene möchte Chelios in einer Apotheke ein adrenalinähnliches Mittel erstehen, aber er kommt nicht recht auf den Namen. Die schnippische Apothekenangestellte hilft ihm auf die Sprünge: Epinephrin! Aber sie denkt gar nicht daran, ihn etwas zu verkaufen. Zum Glück gibt ihm ein anderer Kunde dann den Tipp, Nasenspray zu kaufen, denn da sei Epinephrin drin. Also steckt er sich gleich einen rieseigen Vorrat ein, den er im Verlaufe des Films exzessiv einsaugt.
Der Film lebt in erster Linie davon, was Chelios alles mit sich anstellt, um den Adrenalinpegel hochzuhalten. Ihm ist da jedes Mittel recht und in all diesen Szenen, von denen hier nur ein Bruchteil erwähnt ist, kann der Film durch schrägen, teilweise auch durch schön schwarzen Humor punkten.
Jason Statham merkt man in jeder Szene den Spaß an, den er in seiner Rolle hatte. Manchmal hat man sogar das Gefühl, er würde selbst gleich losprusten. Er kann einen solchen Film mit seiner Präsenz locker tragen.
Gerade in dem Moment, als dem Film etwas die Luft auszugehen droht, wird mit der Freundin von Chelios eine neue Figur eingeführt, die das Tempo hoch hält.
Sie wird von Amy Smart als naives Blondchen gespielt, was eigentlich nicht schlecht ist. Aber vielleicht wäre es doch etwas glaubwürdiger gewesen, dass sie sich zumindest etwas länger aufregt, als sie über die wahre Identität ihres Freundes erfährt.
Aber was soll’s: Auf Glaubwürdigkeit kommt es hier ohnehin nicht an!
Dwight Yoakam als Arzt bleibt blass, wobei man sagen muss, dass die Tefefonate, die Chelos mit ihm während des Films führt, nur füllendes Beiwerk ohne rechten Nutzen sind.
Die übrigen Darsteller geben schablonenhafte Bösewichter, die man aus zahllosen anderen Filmen kennt.
Aporops Glaubwürdigkeit: Das Ende des Films ist dann aber vielleicht wirklich etwas zu dick aufgetragen. Hier gleitet der Film dann doch schon ins comichafte ab, was irgendwie nicht recht zum Rest des Film passt.
Jedenfalls gehen die 90 Minuten, die der Film dauert, trotz der dramaturgischen Schwächen sehr schnell rum, was an dem irren Tempo, der wilden Action, dem schrägen Humor und den prima aufgelegten Hauptdarstellern liegt.
6/10