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„Death Note“ war ursprünglich ein erfolgreicher Manga gewesen, trat danach aber einen Siegeszug über mehrere Medien hinweg an, zu denen auch eine Realverfilmung im Jahre 2006 gehörte, die ebenfalls ein kommerzieller Hit wurde.
Überall auf der Welt kippen gesuchte Verbrecher, oft auch im Gewahrsam der Polizei, tot um, was ein Nachrichtenzusammenschnitt zeigt. Verantwortlich dafür ist der Jurastudent Light Yagami (Tatsuya Fujiwara), der diese Tode dadurch verantwortet, dass er die Namen der Betreffenden in ein Buch schreibt. Online hat er sich zu den Taten unter dem Pseudonym Kira bekannt, was auch an der Universität emsig diskutiert wird. Ein das Gesetz brechender Jurastudent, Fachsimpeln seiner Kommilitonen, während er unter ihnen wandert, und entsprechende Gespräche Lights mit seiner Freundin Shiori Akino (Yû Kashii) – „Death Note“ nimmt seine Vigilantenprämisse ernst und reflektiert diese auch ansatzweise, wobei es bei diesen Ansätzen bleibt und diese mit zunehmendem Filmverlauf immer weiter in den Hintergrund rücken.
Eine Rückblende zeigt wie Light in den Besitz des Death Note kam, das im zufiel, und bemüht sich um Klärung seiner Motivation, die allerdings etwas schwach ausfällt: Light bekam mit, wie Serientäter damit protzten, wie schnell sie wieder auf der Straße seien und jeden Respekt vor Gesetz, Ordnung und Gesellschaft vermissen ließen. Seitdem Lighz im Besitz des Death Note ist sieht er zudem den Todesgott Ryuk, den der Film eigentlich handlungsmäßig kaum nötig hätte, der aber dafür als ikonische Figur funktioniert und in einer Art Dr.-Watson-Analogie die inneren Motivationen und Pläne Lights durch Gespräche auch für den Zuschauer zugängig macht – dauerhaft wollte man das kurz zu hörende Voice-Over wohl nicht einsetzen.

Jedoch kann die Polizei derartige Selbstjustiz nicht dulden und wendet sich nicht nur an Behörden wie das FBI, sondern auch an den Detektiv L (Ken'ichi Matsuyama), der seine Dienste anbietet. Doch Light will sich nicht aufhalten lassen, auch nicht von Gesetzeshütern…
„Death Note“ unterscheidet sich nicht nur durch seine abgedrehte Prämisse, sondern auch durch seine Umsetzung von ähnlich gelagerter Hollywoodware. Das ist auf dem technischen Level manchmal etwas suboptimal, denn Ryuk mag als ikonische und eindrucksvolle Figur funktionieren und dementsprechend unverzichtbar für die Macher gewesen sein, ist aber etwas steif und unecht animiert, wodurch er manchmal wie ein Fremdkörper in dem Film wirkt. Vor allem gewöhnungsbedürftig ist allerdings der völlig spröde Ansatz, den „Death Note“ wählt: Da werden selbst dramatische Schicksalsschläge und überraschende Wendungen nüchtern als Drehbuchvolten präsentiert, emotionale Ausbrüche, wenn sie denn einmal vorkommen, wirken etwas gekünstelt, sodass „Death Note“ den Zuschauer auf der Figurenebene gewissermaßen auf Distanz hält: Sowohl L als auch Light sind durchaus faszinierend, aber kaum nahbar.
So behandelt der Film die Geschichte auch als das Aufeinandertreffen zweier Superhirne (nicht umsonst besteht Ls Name aus dem Anfangsbuchstaben von Lights Namen), welche die anderen Beteiligten (also in erster Linie Polizei und FBI) alt aussehen lassen. Während L anhand kleinster Indizien richtige Rückschlüsse über seinen Gegenspieler zu ziehen weiß (was der Film meist, aber nicht immer nachvollziehbar darstellt), ersinnt Light komplexe Taktiken um den Verdacht von sich abzulenken und seinen Verfolgern ein Schnippchen zu schlagen. Tatsächlich besteht ein geschickter Schachzug von „Death Note“ darin, dass man zuerst Light kennenlernt und erst zur Filmmitte zum ersten Mal den Quasi-Helden L sieht: Light wird als potentielle Identifikationsfigur angeboten und seine Wandel nachvollziehbar dargestellt. Aus der ursprünglich gut gemeinten Intention wird Light immer mehr zum skrupellosen Killer, der auch all jene tötet, die ihn stellen wollen, und vor allem durch die Einfachheit des Tötens durch Aufschreiben immer mehr von der Macht des Death Note korrumpiert wird.

Tatsuya Fujiwara verkörpert diese aufstrebende Mischung aus Vigilant und Superschurke auch ziemlich gelungen, wobei die Regie ihm dabei hilft, dass man Light nach und nach anders wahrnimmt: Das verschmitzte Lächeln wird immer mehr zu einem höhnisch-überlegenen Grinsen, wenn aus Cleverness eiskalte Schurkenpläne werden. Ken'ichi Matsuyamadagegen profitiert vor allem von der Schrägheit seiner Rolle: Geschminkt als wolle er sich für einen japanischen Geisterfilm als verlorene Seele bewerben, mit einem Faible für süße Speisen und einem kindlichen Auftreten, das große Intelligenz beherbergt, ist L eine faszinierende Figur, ein Manga-Sherlock-Holmes für die Teengeneration.
Da bleibt der Rest vom Figureninventar mehr oder weniger eine Ansammlung von Schachfiguren, die von den Gegenspielern verschoben und manchmal ausgeschaltet werden, was der Film aber immer wieder für Twists nutzt – etwa wenn man zum ersten Mal Lights dauernd abwesenden Vater am heimischen Küchentisch erblickt. Dieses Spiel ist dementsprechend auch eine spannende Angelegenheit, da der Film sich auch als reichlich konsequent erweist und eigentlich jede Figur Gefahr läuft die Endcredits nicht mehr zu erleben. Naja, fast jede, denn die Schlusseinstellung stellt schon mal die Weichen für die Fortsetzung (a.k.a. Verfilmung der weiteren Bände der Vorlage), die in Japan nur ein halbes Jahr nach „Death Note“ startete.

Der erste Teil ist aber trotz dieses leicht abrupten Endes, das dem Zuschauer das Sichten des Sequels nicht nur nahelegt, sondern quasi aufzwingt, aber eine ungewöhnliche, wendungsreiche und spannende Mixtur Selbstjustiz- und Detektivfilm mit Fantasy-Einschlag und ungewohnten Ideen. Die spröde, unemotionale Art des Films hält den Zuschauer bei alledem allerdings auf Distanz, während der Film sich sehr auf die Faszination seiner Superhirn-Kontrahenten verlässt.

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