Erstmal vorweg - mit der TV-Serie "Miami Vice" hat dieser Streifen nahezu nichts gemeinsam. Nach den Infos vorab war dies auch keine Überraschung, dennoch hätte ich mir schon hier und da mehr Nähe zum Original gewünscht. Klar, Colin Farrell fährt in der Rolle des Sonny Crockett natürlich einen Ferrari, hat Strähnchen im Haar und gibt sich saucool. Die Figur des Ricardo Tubbs (dargestellt von Jamie Foxx) hingegen kann kaum Parallelen zu Philip Michael Thomas´ Darstellung der Figur aufweisen, was aber nicht unbedingt als Kritik zu verstehen ist, da mir Tubbs früher immer etwas zu weich und glatt vorgekommen ist, gerade neben Don Johnsons Interpretation des Sonny Crockett. Dennoch gefällt mir das Original-Duo doch ´nen Tick besser im Vergleich zur viel düsteren Neuauflage.
"Miami Vice" - das stand doch immer für´s sonnige Florida, immer schönstes Wetter, knallbunte Designer-Anzüge und Hemden, Slipper ohne Socken, schnelle Autos und Boote, ein Krokodil auf dem Hausboot und sehr viel Style. Hiervon ist in der Neuverfilmung bis auf die schnellen Autos und Boote nicht viel übrig geblieben, selbst das Wetter spielt hier nicht mit und gibt sich stets bedrohlich wolkenverhangen und mit Blitz und Donner geschwängert. Nun gut, der Film soll ja auch ´ne Ecke düsterer daher kommen...aber hat das alles noch irgendwas mit der Urform von "Miami Vice" zu tun? So hätte der Film auch ohne große Probleme unter einem anderen Titel laufen können.
Zur Story, die leider den gesamten Film über etwas zu holprig daher kommt, sei nur soviel gesagt: Die beiden Cops sind stets "straight forward," machen keine Gefangenen, sind knallhart und verfolgen ihre Mission fast ohne Kompromisse. Die nötigen (oder doch eher unnötigen) Lovestories plus Liebesszenen der Protagonisten mal aussen vor gelassen - muss wohl so sein, stört aber bisweilen schon ein wenig, da zum Teil viel zu langatmig gefilmt. Und trägt auch nicht zum flüssigen Verlauf des Filmes bei. Wie gesagt, es holpert doch an manchen Stellen ordentlich. Wenn aber mal die Post abgeht, dann aber so richtig. Da wird geballert, als wenn jeden Tag Silvester wäre, Leute werden durchlöchert und sterben wie die Fliegen. Blutige Action gibt es doch mehr als reichlich in diesem Streifen, eine Einstufung ab 16 Jahre halte ich zum Teil fast schon für grenzwertig. Aber sei´s drum, ein Blockbuster ab 18 macht ja wirklich kaum einen Sinn.
Die Schauspieler machen ihre Sache ordentlich: Colin Farrell sieht zwar etas zu sehr "gewollt" nach Don Johnsons´ Crockett-Version aus - da fragt man sich wirklich, warum man den Mann mit dieser "Haarpracht" so enstellt - dermaßen dämlich hat Don Johnson in keiner einzigen Folgen der Serie ausgesehen. Vom Typ her aber eine passende Wahl, und da ich mich als Fan von Farrell outen muss auch kein weiterer Grund zur Klage. Seine Darstellung des Sonny Crockett ist solide, dreckig und durchweg autentisch. Gleiches gilt für Jamie Foxx als Ricardo Tubbs, dessen Charakter wunderbar in das neuzeitliche Gewand übertragen wurde. Wie gesagt, Philip Michael Thomas mit seinem Afro-Look mag in den 80er Jahren noch einigermaßen "cool" gewesen zu sein, heutzutage muss es schon etwas mehr sein. Foxx gibt sich ebenfalls saucool, kommt aber insgesamt nicht über den Status einer größeren "Nebenrolle" hinweg, was an sich schon ziemlich traurig, aber dennoch (besonders als Farell-Fan) verschmerzbar ist.
Der Bösewicht darf natürlich nicht vergessen werden - Luis Tosar spielt brilliant, man nimmt ihm den fiesen Gangsterboss ohne jeden Zweifel sofort ab. Leider gibt es mit ihm keinen Showdown, der gute Mann kommt am Ende gar nicht mehr vor. Dafür muss sein Lakai (auch brilliant: John Ortiz) dran glauben, und zwar so richtig. Vielleicht hat Michael Mann auch schon an eine Fortsetzung dieses Blockbusters gedacht, in der man wieder mit Tosar als Bösewicht rechnen darf - wäre wirklich wünschenswert.
Bleibt noch die "Femme fatale" des Streifens, die Sonny Crocketts´ Herz zum Schmelzen bringt - hier völlig fehlbesetzt durch Gong Li, bekannt geworden durch den Film "Die Geisha". Sorry, aber bei dieser Dame springt leider kein Funke über, diese eher peinliche Lovestory nehme ich den beiden Figuren einfach nicht ab. Schade, wo es doch so viele Schauspielerinnen gibt, die mit dieser Rolle sicherlich besser zurecht gekommen wären. Für mich eine klare Fehlbesetzung, die aber den Gesamteindruck des Films nicht entscheidend schmälern kann.
Letztlich macht es der Name einer populären Serie aus den 80ern aus, dass ich mich nur zu einer eher mittelmäßige Bewertung durchringen kann. Würde der Streifen nicht "Miami Vice" heissen, er wäre sicherlich ein 8-9 Punkte-Kandidat. Ich vergebe aber nur sieben Punkte, weil er dafür doch zu weit von der eigentlichen Idee dieser Serie entfernt ist. Bitte nicht falsch verstehen - der Film ist handwerklich gut gemacht, Michael Mann versteht sein Handwerk, das weiß man nicht erst seit "Colleteral". Die ein oder andere Kamerafahrt hätte ich mir anders gewünscht, aber auch dies gehört zum unverwechselbaren Charme eines Michael Mann-Streifens. Aber das Erbe, das er mit diesem Film antreten wollte, ist vielleicht doch eine Nummer zu groß für ihn oder aber einfach nicht so ohne weiteres in ein aktuelles Gewand zu kleiden. "Miami Vice" gehört in die 80er Jahre, mit allem drum und dran, mit schönstem Wetter, knallbunten Designer-Anzügen und Hemden, Slippern ohne Socken, schnellen Autos und Booten, einem Krokodil auf dem Hausboot und sehr viel Style.