[Achtung! Spoiler-Gefahr]
Miami Gähn
Solche und ähnliche TItel gingen mir durch den Kopf, als ich das Kino nach Ansicht von Michael Mann's Remake meiner liebsten 80er Jahre TV-Serie verließ. Gut, meine Erwartungen waren vielleicht einfach zu groß. Aber ist das auch verwunderlich, wenn der Miami-Vice "Altmeister" Michael Mann persönlich das Remake-Ruder übernimmt? Eine gelungene Synthese aus dem was die alte TV-Serie ausgemacht hat und der Bild-, Story- und Action-Gewalt eines Films wie "Heat". Das wäre uns Herr Mann irgendwie schuldig gewesen, und dem Budget ebenfalls.
Stattdessen erleidet der Film ganz furchtbar Schiffbruch und verliert sich, untypisch für Mann, komplett im Styling, Design und den visuell berauschenden Freiluftaufnahmen von Miami und Havanna.
Dabei fängt der Film relativ vielversprechend und actionlastig an und macht Lust auf mehr. Und das trotz der Tatsache, dass Farell in seiner Rolle als Crockett eher an einen 70er Jahre Pornodarsteller erinnert.
Nichts desto trotz erfährt seine Figur die meiste Aufmerksamkeit, was den Film aber nur noch langweiliger macht, als er sowieso schon ist, denn es gelingt weder dem Drehbuch noch Farell dem Zuschauer klarzumachen, wer Crockett denn nun wirklich ist, wie wir ihn verstehen sollen. Ist er der supercoole, abgebrühte Cop, der alles im Griff hat? Oder vielleicht doch der außen harte, innen zarte Cop, der in dieser fiesen Drogenkartell-Welt vor den Trümmern seines Lebens steht und droht sich im Dauergrübeln zu verlieren? Bis zum Ende des Films gibt es diesbezüglich keinen wirklichen Anhaltspunkt.
Da wirkt Pacino als cooler, ebenfalls von haufenweise privaten Problemen zerfressener, Cop in "Heat" hundertmal glaubhafter und durchdachter.
Fatalerweise weitet sich der schleichende Tod des Films, die mangelnde Beleuchtung und Zeichnung der Characktere, schnell auch auf die anderen Filmfiguren aus. Trudy lernt man als überhebliche und unsympathische Sexgespielin von Tubbs kennen. Und so verwundert es auch nicht, dass dem Zuschauer ihre Entführung durch die Faschos und der darauf folgende Krankenhausaufenthalt vollkommen kalt lässt. Gina, durch die TV-Serie eigentlich prädestiniert für eine Liaison mit Crockett, mimt die verbittert dreinschauende G.I. Jane, bringt aber zumindest den besten Oneliner des Films. Mehr erfahren wir über sie aber auch nicht. Über Switek und Zito erfährt man eigentlich gar nichts.
Schmerzlich vermisst man auch eine "Charackterfresse" wie Edwad James Olmos, der als Lt. Costillo Crockett und Tubbs stets die nötige Rückendeckung verschaffte. Der korpulente schwarze Ersatzmann geht in seiner Rolle als Vorgesetzter leider genauso unter, wie Crockett's Liebschaft Isabella, die so langweilig und farblos wirkt, wie der Rest des Casts.
Die Tatsache, dass es dem Betrachter nahezu unmöglich gemacht wird, soetwas wie Sympathie oder Interesse für eine der Figuren zu entwicklen ist an sich schon der Untergang für einen guten Cop-Actioner. Einer Spielzeit von 135 Minunten aber auch noch so viel Leelauf zu verpassen ist Folter. Ständig wird telefoniert, umhergefahren, mit dem Boot rumgecruist und rumgepimpert. Tempo? Fehlanzeige. Adrenalin? Nada. Spannung? Kaum. Plot-Twists? Negativ.
Und wo zum Teufel war die Musik? Haben nicht Jan Hammer und Phil Collins in der 80ern mit ihrer Musik zum großen Erfolg von Miami Vice beigetragen und der Serie die notwendige Atmosphäre gegeben? "Crockett's Theme" hätte auch im Remake noch einen Platz finden können. Stattdessen bemerkt man den Score gar nicht. Er plätschert belanglos vor sich hin, wie der Rest des Films. Ich erinnere mich lediglich daran, dass zu Beginn des Film irgendetwas Brauchbares von Linkin Park lief. Aber das war es dann auch schon.
Selbst Action-Freunde kommen nicht wirklich auf ihre Kosten. Kurzes, durchaus überzeugendes, Feuergefecht am Anfang, kleine unspektakuläre Befreiungsaktion in der Mitte und kleines Feuergefecht am Ende des Films. Das Ganze mit verwackelter Digicam bei Dunkelheit in Szene gesetzt gibt der Szenerie zwar eine gewisse Authenzität, macht es aber - insbesondere beim Showdown - teils schwer erkennbar, wer da gerade auf wen feuert. So verwundert es auch nicht, dass viele Zuschauer erst gegen Ende des Films - als Crockett sich bei Gina erkundigt - überhaupt erfahren, dass der angeschossene Polizist Zito ist.
Die Story ist Miami Vice-typisch und geht, von ein paar Logik-Fehlern abgesehen, soweit in Ordnung. Man hätte sie aber mit einer Prise mehr Action, etwas weniger Pimpern, erheblich weniger Bootfahren/Rumcruisen/Telefonieren und mehr Characktertiefe besser gestalten können. Und so bleibt beim Verlassen des Kinosaals der Eindruck, wieder einmal ein vollkommen überflüssiges, gehyptes und langweiliges Remake gesehen zu haben, das visuell überzeugt hat aber in allen anderen Kategorien kläglich versagte. Schade...
[03/10]