Also doch! Es gibt sie! Die Alternative zu Quentin Tarantino und Guy Ritchie! Sie heißt Skip Woods, ist ein völlig unbeschriebenes Blatt und hat danach, abgesehen vom Drehbuch zu „Swordfish“, leider nie wieder von sich Reden gemacht. In nicht ganz 80 Minuten macht er in seinem Regiedebüt sich genau die Elemente zu eigen, die den beiden Filmemachern ihren guten Ruf einbrachten: schwärzester Humor, abgedrehte Charaktere, groteske Gewaltausbrüche und jede Menge vertrackte Situationen.
Die episodenhafte Erzählweise, vermengt mit zurückblickenden Flashbacks, erinnert mit Sicherheit nicht von ungefähr an Tarantino und unterweist das Publikum in einen, einzigen turbulenten Tag von Casey (Thomas Jane, „Deep Blue Sea“, „The Punisher“). Der ehemalige Drogendealer hatte seinerzeit die Schnauze von seinem blutigen Job für immer voll und zog sich von Los Angeles nach Houston zurück, um dort nun krampfhaft zu versuchen, ein harmonisches Spießbürgerleben in einem idyllischen Vorstadtviertel zu führen. In seiner Versessenheit alles möglichst richtig zu machen, hat er sich längst zu tief in seinen neuen Job, den eines Architekten verstrickt, so dass seine, ihre Karriere vorantreibende, Frau auch längst nicht mehr die Liebe darstellt, die sie einmal war. Nun stolpert holterdiepolter aber sein ehemaliger Partner Nick (Aaron Eckhart, „The Core“, „Suspect Zero“) in sein Heim, um kurzfristig bei ihm unterzukommen. Um die alten Tage Willen, lässt ihn Casey zunächst wiederwillig gewähren. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen soll.
In Folge düst Nick nicht nur mit Caseys Wagen erst mal von dannen, auch ein paar skurrile Figuren tauchen alsbald auf, die alles nur das Eine wollen: Einen Koffer voller Heroin, den Nick zuvor schon im Ausguss entsorgt hat. Angefangen bei den Dialogen (u.a. die Frage, ob nun Kirk oder Picard der bessere Captain sei), über die Charaktere, bis hin zu den äußerst konsequenten Abläufen der Besuche, kann sich „Thursday“ mit seinen Vorbildern messen, ohne dann in den Dialogen, bei allem abgebrühtem Wortwitz, die unverwechselbare Brillanz Tarantinos zu erreichen. Dafür geht es hier um einiges deftiger zu. Blutige Shootouts, Blut verschmierte Gesichter, riesige rote Lachen und eine Kreissäge, die sich sehr gut zum Entsorgen von Leichen eignet, sind hier an der Tagesordnung.
Viel witziger ist aber dabei zuzusehen, wie aus Nick, dem biederen Hausmann, langsam wieder der coole, skrupellose Drogendealer wird, der so ganz nebenher nun sich den mit tödlichen Absichten eintreffenden Gästen von verschiedenen Formaten (kiffender Rasta, nuttige Komplizin, korrupter Cop(gespielt von Mickey Rourke!) herumschlagen muss, um dann wieder den Vorzeigevater zu mimen, weil er und seine Frau ein Kind adoptieren möchten und die letzte Beurteilung noch aussteht.
Die Dialoge um Nebensächlichkeiten, das Beharren auf, obwohl es sich nur um Smalltalk handelt, Standpunkten und die immer wieder einsetzende, über alle Maßen und den gesunden Menschenverstand hinausgehende Gewaltbereitschaft, sind dabei das Salz in der Suppe. „Thursday“ besitzt eindeutig Flair und verliert ihn in seiner knappen Laufzeit nicht.
Das hat er auch den Darstellern zu verdanken, aus denen besonders Thomas Jane, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht, sich darum bemüht, die Situation auf irgendeine Art und Weise wieder unter Kontrolle zu bekommen und verdientermaßen dann im darauffolgenden Jahr mit „Deep Blue Sea“ auch seinen Durchbruch schaffte, heraussticht, während der tolldreiste, geschniegelte Aaron Eckhart seine Nummer so gekonnt durchzieht, dass man ihm am Liebsten selbst irgendwann ans Leder möchte. Rourke, mal wieder ein edler Support, tut das was er am Besten kann, nämlich böse, zynisch und knochenhart sein. Paulina Porizkova („Wedding Bell Blues”, „Partnsers in Crime”) und der sich seit seinen frühen Anfängen in „Trespass“ oder „Menace II Society“ regelmäßig kultige Nebenrollen in Filmen wie „Speed“ oder „The Day After Tomorrow“ erkämpfende Glenn Plummer dürfen als die wohl schrillsten Gäste einige Lacher auf ihrer Seite verbuchen.
Skip Woods fällt es freilich nicht schwer bei der kurzen Laufzeit sein Publikum bei Laune zu halten, aber er setzt auch eigene Akzente und das kann nicht jedes Tarantino-Plagiat von sich behaupten. Nach dem, noch deutlich an den Großmeister der Gangstergroteske erinnernden, Auftakt in dem Einkaufsladen gibt es eine toll gespieltes Zusammentreffen von Casey und Nick, bei dem Nick gar nicht begreifen kann, was aus seinem alten Kumpel nun für ein Mensch geworden ist: Einer, der sich nicht von tierischen Produkten, sondern pflanzlichem Ersatz wie Soja ernährt und der sein Bier im zweiten Kühlschrank in der Garage versteckt. Fuck?
Fazit:
Sehr gelungene Gangsterkomödie mit großzügig abgemengten Portionen schwarzen Humors, schriller Figuren und Blut. Mit „Thursday“ schuf Skip Woods einen wenn auch sehr kurzen, kurzweiligen Genrefilm, der neben guten Schauspielern, Wortwitz und, meist aus der Gleichgültigkeit gegenüber Menschenleben entstehenden, grotesken Situationen sein Maximum aus der Vorlage herausholt. Die Sphären eines Tarantino werden zwar nicht ganz erreicht, aber man ist immerhin schon nah dran. Von der Situationskomik bis hin zur narrativen Struktur (Caseys Vergangenheit wird nach und nach preisgegeben, was den humoristischen Faktor noch erhöht) passt hier alles.