"Im Geheimdienst ihrer Majestät" spaltet die Bondgemeinde wahrnehmbar. Die einen sehen in ihm den unterschätzten Höhepunkt der Serie, die anderen einen Ausrutscher, der hätte vermieden werden sollen.
Ich stimme beiden Seiten zum Teil zu, denn zu den Schwächen gesellen sich doch auch eine ungeheure Menge an Stärken, die Lazenbys einzigen Auftritt aus heutiger Sicht zu einem Highlight machen.
Die Schwächen liegen dabei auf der Hand. Das Aussehen Lazenbys ist einfach gewöhnungsbedürftig und seine Art, sich auf die joviale Seite des Charakters wie Connery ihn geschaffen hat zu konzentrieren, nimmt ihm viel von der Überlegenheit, die ein James Bond bereits kurz nach dem Aufstehen naturgemäß ausstrahlt. Manchmal steht Lazenby kurz vor der Grenze zum Hampelmann.
Allerdings ist die lockere Beschwingtheit auch ein Grund, die Darstellung zu mögen. Vor allem durch die deutsche Synchro, die sich trotz anderen Schauspielers nicht ändert, wird so auch ein wichtiges Element der Kontinuität geboten. Der Conneryhumor blitzt hier und da auf.
Weitere Schwächen sind zu erkennen, jedoch auch auszuhalten. Die albernen Szenen auf dem Piz Gloria mit den "Patientinnen" wirken doch arg übertrieben, enthalten jedoch auch durchaus gut erdachte Gags.
Auch Telly Savalas als Blofeld ist nicht der unbedingt fesselndste Kontrahent für den Scherzkeks Lazenby.
Die Stärken des Films wiegen hingegen aber schwerer. Da ist zum Beispiel der Soundtrack, der zum Besten gehört, das die Serie zu bieten hat. Auch die opening sequence ist durchaus stimmungsvoll und gelungen. "We have all the time in the world" ist ein Ohrwurm sondergleichen, auch wenn er nicht das Hauptthema des Films ist.
Apropos stimmungsvoll: das Setdesign in dem Film toppt so ziemlich alles, was es bisher gegeben hat. Da swingen die Sixties, baby! Ken Adam hat hier so richtig Gas gegeben und verwöhnt das Auge des Zuschauers mit den allerfeinsten Zutaten, die einen notwendigen Kontrast zur Schneeödnis der Alpenszenerie bieten.
Auch die Action kommt nicht zu kurz und bietet mit Skijagden (inklusive Lawine!), Autoverfolgungsjagden, Schießereien, unzähligen Kämpfen, Hubschraubereinsätzen und einer rasanten Bobfahrt allerhand Schauwerte, die wohl dosiert im Film untergebracht werden und auch heute noch unterhalten können.
Die lange Laufzeit (auch in der unergänzten Version) bietet jedoch auch Zeit für Ruhe und das Entfalten einer Atmosphäre, die wesentlich durch das Setdesign getragen wird. Auch die Ermittlungen werden launig und spannend dargestellt. Insgesamt ist dies ein stilvoller Teil der Serie.
Am Ende überwiegen die positiven Aspekte von "Im Geheimdienst ihrer Majestät" deutlich. Stilvoll, atmosphärisch, spannend und mit einem Soundtrack der Spitzenklasse hat der Film natürlich eine Existenzberechtigung im Bond-Universum. All die Dinge, die den Film ausmachen, fehlen eigentlich den aktuellen Bonds. Die konzentrieren sich halt auf die andere Seite des Charakters, den Connery entwickelt hat. Auf den rohen und grobschlächtigen Killer. Bond - die gespaltene Persönlichkeit.
Eventuell gibt es in Zukunft ja einen Schauspieler, der wieder beide Seiten miteinander Vereinen kann. Craig könnte 200 Mal Lazenbys Version anschauen, würde aber wohl trotzdem nicht diese Schelmenhaftigkeit in seinem Spiel überzeugend unterbringen können.