„Der missverstandene Bond"
„Das wär´ dem Anderen nie passiert!"
Mit dieser selbstironischen Einführung des Neu-Bonds George Lazenby (es sind diese seine ersten Worte im Film) sollte allen Kritikern und Connery-Anhängern von Beginn an der Mecker- bzw. Wehmutszahn gezogen werden. Ein an sich pfiffiger Einfall, der allerdings in der Rückschau über mehr Wahrheitsgehalt verfügte, als den Machern lieb sein konnte. Der sechste Bond-Streifen Im Geheimdienst ihrer Majestät sollte den ersten deutlichen Popularitäts- und Lukrativitäts-Einbruch der bis dato permanent Bestmarken (mit einem nur leichten und verschmerzbaren "Einbruch" nach dem Megaerfolg Feuerball) produzierenden Filmreihe markieren und den Produzenten schmerzlich bewusst machen, dass ihr Goldesel nicht jedes Futter verträgt.
Es wäre unfair dem Connery-Nachfolger Lazenby dabei die Alleinschuld anzulasten, einen nicht unerheblichen Anteil an der Misere muss er sich allerdings schon ankreiden lassen. Natürlich war es ein nicht zu unterschätzendes Risiko, einen im Schauspielberuf völlig unerfahrenen Dressman und Werbestar mit der seinerzeit begehrtesten und bekanntesten Filmrolle zu betrauen. Ihn bei der Entwicklung derselben sich weitestgehend selbst zu überlassen - ein viermonatiger Sprech- und Schauspielunterricht brachten ihn in dieser Hinsicht keineswegs sigifikant voran - , darf dann aber getrost als grob fahrlässig bezeichnet werden.
So gesehen kann man es dem Australier nicht verübeln, dass er mangels anders gearteter Ermutigungen oder Unterstützungsangebote seine Bondinterpretation eng am großen Vorbild Connery orientierte und dabei natürlich nur scheitern konnte, lud er damit doch offensiv zum direkten Vergleich mit einer damals bereits Ikonographische Züge tragenden Darbietung ein. Anders ausgedrückt: die Figur des britischen Superagenten war so untrennbar mit Sean Connery verbunden, dass eine ähnlich angelegte Darstellung - sofern sie nicht ironisch gemeint war - nur stümperhaft oder mindestens zweitklassig wirken konnte. Der deutsche Verleih „krönte" diese für Lazenby ungünstige Konstellation schließlich mit der gloriosen Idee, dem Australier mit G.G. Hoffman auch noch Connerys Synchronsprecher zu verpassen.
Der finanzielle Mißerfolg von On her Majesty´s Secret Service ist neben der unglücklichen Darstellerwahl aber auch zeitgeschichtlichen und produktionstechnischen Problemen geschuldet. Es war schlicht der falsche Bondfilm zur falschen Zeit. Das beweist u.a. auch die spätere, überraschend positive Wertschätzung des Films, der heute nicht wenigen Bondfans und auch einem Groß der Kritiker sogar als einer der besten Ableger der langlebigen Serie gilt.
Das sechste Bondabenteuer hatte mit der Hypothek zu kämpfen, in eine sich bereits mit Man lebt nur zweimal (1967) abzeichnende Überdrußperiode zu platzen. Ende der 1960er Jahre hatten zahllose Leinwand-Epigonen, TV-Spione sowie die industrielle Ausschlachtung des popkulturellen 007-Phänomens zu einer deutlichen Bond-Müdigkeit seitens der vormals enthusiastischen Konsumenten gesorgt. Für eine längere Schaffenspause, oder zumindest eine deutliche Neuorientierung der Figur fehlten den Produzenten allerdings sowohl Geduld wie auch Mut.
Die schließlich dann doch beschlossene Kurskorrektur zeigte zwar, dass man das Grundproblem erkannt, bewies aber auch die Fehlinterpretation der bedrohlichen Konstellation. So versuchte man durch eine Rückbesinnung auf die Ernsthaftigkeit der beiden ersten Filme die Reihe wieder zu beleben und übersah dabei, dass sich die Figur und ihr Wirkungsraum längst von der Flemingschen Bodenständigkeit verabschiedet hatten und das unter Beifall des zahlenden Publikums. Die allerorts erkennbare Agentenmüdigkeit galt dem Genre an sich und nicht der Superhelden-ähnlichen Entwicklung Bonds.
Angesichts dessen darf zumindest vorsichtig bezweifelt werden, dass derselbe Film mit Connery in der Titelrolle wesentlich besser abgeschnitten hätte (zwar führte Connerys Rückkehr in Diamantenfieber die Serie schlagartig wieder in die Erfolgsspur zurück, allerdings kann man Inszenierung, Grundtenor und vor allem Anlage der Bondfigur durchaus als bewussten Gegenentwurf zum Vorgänger werten). On her Majesty´s Secret Service (1963) ist zweifellos einer der besten, weil dichtesten, spannendsten und menschlich tragischten Fleming-Romane, dem Zeitgeist der späten 1960er Jahre entsprach er indes weniger. Ohnehin war seine Verfilmung bereits nach Goldfinger geplant gewesen, aber zweimal an juristischen bzw. produktionstechnischen Hindernissen gescheitert.
Wie dem auch sei, 1968 gingen die Bondproduzenten Harry S. Saltzman und Cubby Broccoli voller Optimismus die Neujustierung ihrer Geldmaschine an und übertrugen die Regie, wie versprochen, ihrem bisherigen Cutter Peter Hunt. Dieser ging mit Elan an die Arbeit und setzte sich nicht nur für ein Engagement Lazenbys, sondern auch für eine Vermenschlichung des Titelhelden sowie eine „back-to-the-roots"-Strategie hinsichtlich Story, Figurenzeichnung und Ton des Films ein. Drehbuchautor Richard Maibaum - der bereits an den Scripts der ersten vier Connery-Bonds mitgewirkt hatte - bekam den Auftrag Flemings elften 007-Roman möglichst werkgetreu auf die Leinwand zu übertragen. Ein Auftrag, den Maibaum bravurös meisterte, gilt doch On her Majesty´s Secret Service als die buchstabengetreueste Umsetzung einer Fleming-Vorlage.
Zur Story:
Buch wie Film beginnen mit der Vereitelung eines Suizidversuchs. In letzter Sekunde gelingt es Bond (George Lazenby), eine unbekannte junge Frau vor dem Freitod im Meer zu bewahren. Schnell findet er Gefallen an der spröden Tracy (Diana Rigg), die sich als kratzbürstig, schlagfertig und vermeintlich immun gegen seinen Charme erweist und damit erst recht seinen Eroberungs-Ehrgeiz anstachelt. Als Bond sie aus einer weiteren brenzligen Situation befreit, wird er zu ihrem Vater Marc Ange Draco (Gabriele Ferzetti) geführt, seines Zeichens Schmugglerkönig und Boss einer florierenden korsischen Gangsterorganisation. Beide Männer empfinden trotz ihrer gegensätzlichen Positionen sofort Sympathie füreinander. Dracos mit Geld versüßtes Angebot seine Tochter zu ehelichen lehnt Bond allerdings ab.
Unterdessen erfährt Bond, dass sein Erzfeind und ehemaliger SPECTRE-Kopf Blofeld (Telly Savalas) mit der Anerkennung des Adelstitles Graf Balthasar de Bleuchamps eine neue Tarnidentität anstrebt. Bond verspricht Draco Tracy zu heiraten, wenn dieser ihm im Gegenzug Blofelds Aufenthaltsort liefert. Und Draco lässt erfolgreich seine Kontakte spielen.
Bond gibt sich daraufhin als Heraldikprofessor Sir Hillary Bray aus und reist in die Schweizer Alpen um Blofelds Anspruch zu prüfen. In dessen hoch gelegener Bergfestung Piz Gloria deckt Bonds Blofelds neuesten Welteroberungsplans auf. Unter dem Deckmantel einer wissenschaftlichen Forschungseinrichtung zur Bekämpfung diverser Allergien bildet er junge Frauen unwissentlich zu Todesengeln aus, die durch die Verbreitung eines Unfruchtbarkeitsvirus die westliche Welt in den wirtschaftlichen Ruin treiben sollen.
Nach seiner plötzliche Enttarnung gelingt Bond so eben die Flucht aus der Alpenfeste, doch Blofelds Häscher sind ihm dicht auf den Fersen. In einer halsbrecherischen Skiabfahrt kann er sie zunächst auf Distanz halten, verliert den strategischen Vorteil aber wieder als es Blofeld gelingt Tracy gefangen zu nehmen. Gemeinsam mit Draco versucht er daraufhin die Geliebte zu befreien und gleichzeitig die perfiden Vernichtungs-Pläne Blofelds zu vereiteln ...
Trotz seiner enormen Lauflänge von 140 Minuten legt Im Geheimdienst ihrer Majestät von Beginn an ein straffes Tempo vor und bleibt bis zum untypisch bitteren Ende überaus spannend. Nach dem nicht unbedingt gelungenen Ausflug des Vorgängers (Man lebt nur zweimal) ins Science Fiction Genre, dessen gigantomanischen Sets und offensiv zur Schau getragenen Larger-than-Life-Attitüde, ist Peter Hunts erste Regiearbeit ein im positiven Sinne altmodischen Agentenspektakel, das trotz Blofelds neuerlicher Allmachtsphantasien betont bodenständig wirkt.
Bond ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, der zahlreiche Extrememotionen wie Liebe, Hass, Verlustangst, Trauer und Wut durchlebt. Er ist nach wie vor ein Mann der Tat, tough, zupackend, reaktionsschnell und gewitzt, leistet sich dabei sich aber immer wieder auch Momente der Verletzbarkeit und Nachdenklichkeit. Der australische Dressman George Lazenby verfügt zwar nicht über das Charisma seines übermächtigen Vorgängers, meistert die differenziertere Charakterzeichnung Britanniens berühmtesten Geheimagenten angesichts seiner Erfahrungsdefizite aber überraschend souverän.
Auch das Bondgirl erfuhr eine Modifikation in Richtung Charaktertiefe. Die etablierte englische Darstellerin Diana Rigg tat sich mir dieser Herausforderung naturgemäß erheblich leichter als der Schauspiel-Novize Lazenby. Rigg verpasste der Comtess Teresa ein im Vergleich mit den bisherigen 007-Gespielinnen erstaunliches Maß an Selbstbewusstsein, Eigensinn und Chuzpe. Erstmals sah man in einem Bondfilm eine echte - sprich halbwegs realistische - Liebesgeschichte, die den narzisstischen Womanizer ein ums andere Mal in eine ungewohnte Defensive trieb. Obgleich man sich hier eng an die Romanvorlage hielt, war diese Abkehr vom hedonistischen Frauenheld ein veritables Risiko, das letztlich auch nicht beim Publikum ankam. Dass man sich dieser Gefahr durchaus bewusst war, zeigt Bonds Auftritt in Blofelds Alpenfestung, bei dem er sämtlichen dort wegen diverser Allergien behandelter Mädchen den Kopf verdreht und diese Tatsache dann auch in gewohnter Manier sexuell ausnützt. Natürlich relativiert dieses Verhalten wiederum Bonds romantische Ader, hinterlässt aber auch aufgrund der offensichtlichen Inkonsequenz einen recht zwiespältigen Eindruck. In den Folgefilmen kehrte man dann auch reumütig zum bedingungslosen Macho-Agenten zurück. Lediglich in der Timothy Dalton-Ära (1987-89) wurde nochmals ein zarter Versuch gestartet Bond einen emotional differenzierten Anstrich zu verpassen, aber auch da war der Erfolg bestenfalls bescheiden. Letztlich sollte es bis Daniel Craigs erstem Auftritt (Casino Royale, 2006) dauern, dass das Publikum eine deutliche Vermenschlichung des Superagenten akzeptierte.
Bei Bonds Gegenspieler wagte man allerdings keinerlei Experimente. Erneut ließ man einen Superverbrecher mit Weltherrschaftsambitionen auftreten. Bereits zum vierten Mal musste sich Bond mit Ernst Stavro Blofeld herumschlagen. Während er in Liebesgrüße aus Moskau und Feuerball lediglich als Strippenzieher im Hintergrund fungierte und man jeweils nur seine weiße Katze zu Gesicht bekam, durften sich die beiden in Man lebt nur zweimal auch persönlich kennen lernen. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich mehr als seltsam, dass Blofeld in dem Heraldikexperten Sir Hillary Gray nicht sofort seinen früheren Widersacher erkennt, der lediglich kostümiert, aber keinesfalls maskiert auftritt. Das Problem liegt in der vertauschten Reihenfolge der Romanverfilmungen („You only live twice" erschien erst nach „On her Majesty´s Secret Service")begründet und wurde vom Skript einfach ignoriert.
Entgegen vieler Kritiken gehört allerdings Telly Savalas Darstellung von Bonds Nemesis zu den besten der Serie. Vor allem im Vergleich mit dem seltsam Gnomenhaft wirkenden und durch eine Narbe künstlich auf bedrohlich getrimmten Donald Pleasance (Man lebt nur zweimal) sowie Charles Greys zwar weltmännischer, aber dennoch farbloser Performance in Diamantenfieber sorgt Savallas schmierige Arroganz gepaart mit Heimtücke und unverhohlener Schadenfreude klar für die einprägsamste und erinnerungswürdigste Vorstellung. Sein Blofeld ist im Gegensatz zu den eher comichaft wirkenden Pleasance und Gray ein - wenn auch höchst unsympathischer - Mensch aus Fleisch und Blut.
Auch beim Setdesign setzte man diesmal eher auf Zurückhaltung und Realitätsbezug. So entdeckte man oberhalb des schweizerischen Mürren ein gerade fertig gestelltes Drehrestaurant auf dem Gipfel des Schilthorn. Die Bondproduzenten erhielten eine exklusive Drehgenehmigung für das fast 3000 Meter hoch gelegene Piz Gloria und sorgten im Gegenzug für die Innenausstattung und den Bau eines Hubschrauberlandeplatzes. Art Director Syd Cain verfolgte dabei einen anderen Ansatz als der auf spektakuläre Interieurs und architektonische Extravaganzen setzende Ken Adam. Sein in jeder Hinsicht nüchternerer Stil passte diesmal auch besser zur bodenständigeren Auslegung des Films. Nichts desto trotz ermöglichte der luftige Drehort sowie die zahlreichen Hubschrauberflüge dorthin einige atemberaubende Panoramabilder der Schweizer Alpen.
Was On her Majesty´s Secret Service aber schließlich den (heutigen) hohen Beliebheitsgrad in der Bondfangemeinde einbrachte, sind die nicht nur für die damalige Zeit spektakulären Actionszenen. So engagierte man den ehemaligen Olympioniken und Sportmode-Designer Willy Bogner, die für den Film geplanten Ski-Verfolgungsjagden zu inszenieren. Der gebürtige Münchner und passionierte Extremsportler hatte bereits früh seine Liebe zur Filmerei entdeckt und betrieb dieses Hobby spätestens seit 1960 auch professionell. Nach dem Auftrag der Bondproduzenten machte er sich sofort mit Feuereifer ans Werk und übertraf am Ende selbst die kühnsten Erwartungen.
Bogner wollte unbedingt die Rasanz und Gefährlichleit des Skisports auf Zelluloid bannen und scheute dabei kein noch so großes Risiko. So fuhr er in halsbrecherischem Tempo - wohlgemerkt ohne Stöcke und mit einer 15 Kilo schweren Panavision-Handkamera - hinter den jeweiligen Stuntmen (allesamt ehemalige Skirennfahrer) her und sorgte auf diese Weise für bis dato für unmöglich gehaltene Bilder (die bei solchen Aufnahmen üblichen Rückprojekionen kamen lediglich bei Großaufnahmen mit den Schauspielern zum Einsatz, denen das Skifahren vertraglich untersagt war). Aber Bogner wollte noch mehr. Um die Fahrer in voller Fahrt auch von vorne Filmen zu können, ließ sich er sich ein paar Spezialskier anfertigen die an beiden Enden über hochgebogene Spitzen verfügten, so dass er auch rückwärts abfahren konnte. Spektakulärer Höhepunkt dieser Aufnahmen war eine Bob-Verfolgungsjagd zwischen Bond und Blofeld bei der Bogner auf Abfahrtskiern in einer vereisten Bobbahn filmend hinter den Schlitten herfuhr.
Produzenten, Publikum und Kritik waren in seltener Eintracht einhellig begeistert und verschafften Bogner quasi über Nacht den begehrten Einstieg ins Filmgeschäft. Sein bedingungsloses Engagement und die bahnbrechenden Ergebnisse führten zu einer langjährigen Freundschaft mit der Bondfamilie und bescherten ihm Aufträge in drei weiteren 007-Filmen (Der Spion, der mich liebte, In tödlicher Mission, Im Angesicht des Todes), die er auf ähnlich spektakuläre Art erfüllte.
Neben den fulminanten Skiszenen hatte On her Majesty´s Secret Service aber auch bei den etwas gewöhnlicheren Actionszenen einiges zu bieten. Hier wurde besonders die Handschrift des Regisseurs und dabei insbesondere seine Cutter-Vergangenheit deutlich. Die verschiedenen Autoverfolgungsjagden, vor allem aber die zahlreichen Faustkämpfe wirken durch schnell aufeinanderfolgende Schnitte erheblich rasanter und unmittelbarer als die zu dieser Zeit üblichen Vergleichssequenzen. Hunt war in dieser Hinsicht seiner Zeit weit voraus und nahm damit ein im heutigen Actionkino durch den Erfolg der Bourne-Filme etabliertes Element vorweg. Anders als in vielen aktuellen Produktionen übertreibt Hunt es aber nicht mit der Schnittfolge und verwendet auch nicht eine ständig Zentimeter am Geschehen klebende, fahrig hin und her schwenkende Handkamera, so dass man stets den Überblick über das Geschehen behält.
Trotz dieser technischen Innovationen im Actionbereich, der gewagten Neuinterpreation des Bondcharakters sowie dem des Bondgirls ist On her Majesty´s Secret Service aber auch ein sehr nostalgischer 007-Film. Das beginnt bereits mit Maurice Binders erneut phantastisch designtem Titelvorspann. Zu den Klängen von John Barrys treibendem Instrumentalscore laufen Bilder der früheren Bondabenteuer durch eine Sanduhr, ein deutliches Zeichen von Vergänglichkeit und Nostalgie. Dieser wehmütige Rückblick wir noch verstärkt als Bond nach seiner zwischenzeitlichen Kündigung (M hatte ihm verboten weiter nach Blofeld zu fahnden) sein Büro ausräumt und dabei diverse Erinnerungsstücke vorangegangener Missionen - u.a. Honey Riders Tauchermesser (Dr. No), Colonel Grants Armbanduhr mitsamt tödlicher Drahtschlinge (Liebesgrüße aus Moskau) sowie Qs Taucher-Atemstäbchen (Feuerball) - betrachtet. Dazu erklingen jeweils die Titelstücke der einzelnen Filme und sorgen auch akustisch für einen Nostalgieeffekt.
Zur Filmmitte wird diese melancholische Stimmung erneut aufgegriffen als die frisch verliebten Bond und Tracy gemeinsam ausreiten. Dazu singt Louis Armstrong (seine letze Aufnahme) das wunderschöne, von John Barry komponierte Liebeslied „We have all the time in the world". Ein für einen Bondfilm ungewöhnlich friedlicher und emotionaler Break, der die Beziehung der beiden aber perfekt auf den Punkt bringt.
Abgerundet wird dieser nostalgische Gesamteindruck durch die eingangs bereits erwähnte Rückbesinnung auf Ernsthaftigkiet und Härte der ersten beiden Abenteuer sowie eine deutliche Annäherung an die Flemingsche Vorlage.
Fazit:
Im Geheimdienst ihrer Majestät wurde lange Zeit als Ausrutscher und schwarzes Schaf der Bond-Serie verunglimpft. Das enttäuschende Kinoeinspiel sowie die seinerzeit negative Presse waren in dieser Hinsicht prägend. Zweifellos waren Sean Connerys Fußstapfen für den australischen Dressman George Lazenby mehrere Nummern zu groß, zumal man ihn als Kopie des übermächtigen Schotten inszenierte, was vor allem zu seiner Entstehungszeit nur schief gehen konnte. Aus heutiger Sicht liefert Lazenby allerdings eine durchaus couragierte und gemessen an seinen Möglichkeiten auch überzeugende Vorstellung.
Überhaupt hat sich das Ansehen des Films im Lauf der Zeit enorm gesteigert und das völlig zu Recht. Regisseur Peter Hunt verfügte abgesehen von Lazenby über eine erstklassige Besetzung, ein starkes Skript auf der Basis von Flemings bestem Bondroman und legte ein durchgängig hohes Tempo vor. Besonders hervorzuheben sind die phänomenalen Actionszenen, bei denen erstmals Ski-Ass Willy Bogner auf sich aufmerksam machte.
Die emotionale Erdung des Bondcharakters sowie seine deutliche Vermenschlichung verleihen dem Film Glaubwürdigkeit und Tiefe. Auch wenn Daniel Craig heute höchst erfolgreich einen ähnlichen Ansatz vertritt, Ende der 1960er Jahre wollte man so etwas in einem Bondfilm nicht sehen. So gesehen handelten die Produzenten nachvollziehbar als sie alles daran setzten Sean Connery ein letztes Mal für die ungeliebte Rolle zu verpflichten und beim Folgefilm wieder ganz auf die bewährte „Larger-Than-Life"-Formel vertrauten. Der durchschlagende Erfolg von Diamantenfieber sollte ihnen damit dann letztlich auch Recht geben.
On her Majesty´s Secret Service mag den Nerv der Zeit nicht getroffen haben, aus heutiger Sicht gehört er für mich aber zu den besten, weil konzeptionell stimmigsten und konsequentesten Filmen der langlebigen Reihe. Die fein austarierte Mischung aus Emotion und Aktion, aus Rasanz und Entschleunigung sowie aus Komik und Tragik ist im Bond-Kosmos nur ganz selten so überzeugend erreicht worden. Lazenby war sicherlich nicht die glücklichste Wahl für Britanniens berühmtesten Geheimagenten. Dem hervorragenden Gesamteindruck des Films konnte er aber letztlich nicht entscheidend schaden.
(8,5/10 Punkten)