Sean Connery nahm sich seine erste Auszeit und so erkor man den australischen Dressman zum neuen James Bond. Peter R. Hunt („Yukon“, „Wild Geese II“), der in den vorherigen Bonds noch für den Schnitt zuständig war, erhielt seine Chance auf dem Regiestuhl und nutzte sie. „On Her Majesty’s Secret Service” hebt sich inszenatorisch wohltuend von den vorherigen Filmen ab und zeigt sich zudem selbstironisch.
Um es vorweg zunehmen, ich mag George Lazemby als James Bond nicht – vielleicht weil er ihn anders verkörpert. Lazemby ist wesentlich redseliger als Connery und bringt mehr Wortwitz mit, als Connery es in seinen letzten Auftritten getan hat. Lazemby ist kein Überagent, sondern ein Mann mit Gefühlen, der die Liebe gefunden hat und sogar heiraten will. Auf der anderen Seite wird ihm (und da macht es wirklich Spaß im zuzusehen) Gelegenheit gegeben die bisherige Reihe kurz Revue passieren zu lassen. Nicht zur sein einführendes „Dem anderen wäre das nicht passiert“ (Anspielung auf Connery), sondern auch die Spielereien mit aus den Vorgängern bekannten Gimmicks (inklusive jeweils dazu einsetzender Musik) entwickeln da ein ganz eigenes Kribbeln im Zuschauerbauch. Spätere Anspielungen, insbesondere auf „Goldfinger“, sollen diese, in den bisherigen Filmen unbekannte, Idee des Selbstzitierens noch weiter ausstaffieren.
Das Ausräumen seines Schreibtischs signalisiert dann auch gleichzeitig ein neues Kapitel, dass sich leider wieder an einem alten Bekannten festklammert: Blofeld. Der diesmal von Telly Savales („Kelly’s Heroes“, „Kojak“) verkörperte Erzfeind Bonds plant mal wieder den großen Reibach und unterzieht in einer als Forschungsstation getarnten Klinik in der Schweiz gutaussehenden Frauen Gehirnwäschen, um sie später als Werkzeug für eine unfruchtbar machende Biowaffe zu nutzen. Bond schleicht sich dort ein, doch Blofeld weiß längst Bescheid..
Das Unschädlichmachen des Bösewichts geht diesmal nicht ohne Selbstparodie vonstatten. Bonds Flachlegen der weiblichen Patienten geschieht beispielsweise in Reihe und der doppeldeutige Humor spielt auf seine Virilität (Stichwort: Versteifungen) an.
Für die Actionpuristen hat „On Her Majesty’s Secret Service” in den verschneiten Bergen natürlich auch einiges zu bieten. Die halsbrecherischen Skistunts wurden von Hunt exzellent inszeniert und sind, wie übrigens die gesamten Actionszenen, von extrem schnellen Schnittfolgen geprägt. Zum Schluss gibt es dann natürlich auch den obligatorischen, materialistischen Angriff auf die Festung Blofelds.
In der langen Tradition der Bond-Girls stellt Diana Rigg („The Avengers“) eine Ausnahme dar. Nicht nur, dass sie Bond ehelicht, sie verfügt, und das ist in der Reihe selten, auch über schauspielerische Qualitäten. Zudem offenbaren sich dank ihr ein paar Seiten des britischen Geheimagenten, die bis dahin völlig unbekannt waren – unvergesslich bleibt das tragische Ende.
Bodenständig und ohne unmögliche technischen Errungenschaften präsentiert Hunt seinen Bond als meist realistisch gehaltenes Abenteuer, das einfach zur falschen Zeit kam und deswegen kaum Erfolg hatte. Lazemby sollte hiernach auch schon wieder mit der Gewissheit einen aussterbenden Typus zu personifizieren aussteigen. Ein Fehler, wie wir inzwischen wissen.
Dass ich „On Her Majesty’s Secret Service” rein subjektiv nicht zu den besten Bonds zähle, ist an zwei Punkten festzumachen: Telly Savales und George Lazemby. Während weder die Dialoge, noch der Plot und vor allem nicht die Inszenierung Wünsche offen lassen, kann ich mich einfach nicht an Lazemby als Bond gewöhnen. Er präsentiert ihn weniger als Frauen verschleißenden, aus jeder auswegslosen Lage einen Ausweg findenden Superagenten, sondern vielmehr als einen menschgewordenen, viel zu einfachen, sich von Gefühlen leiten lassenden Mann, der schließlich auch noch die große Liebe findet. So stelle ich mir einen Bond nicht vor.
Telly Savales ist hingegen als Blofeld völlig verschenkt. Ihm fehlt es an der machthungrigen Überheblichkeit, der gewissen Arroganz und vor allem strahlt er keine tödliche Bedrohung aus. Da war Donald Pleasence in seinem kurzen Auftritt viel besser.
Fazit:
Außergewöhnlicher Bond-Film, der, facettenreich, seine Hauptfigur in ein anderes Licht rückt, von Peter R. Hunt für die Zeit sehr modern inszeniert worden ist und über das übliche Repertoire an atemberaubenden Actioneinlagen verfügt. Der schwache Telly Savales und der neue Bond-Charakter trüben den Filmspaß zwar etwas, doch Diana Rigg, die wunderschöne Kulisse und Anspielungen auf frühere Filme können da viel wieder wett machen. Nur meinen Geschmack trifft es eben nicht.