Insgeheim hatte ich ja schon gehofft, dass Jean-Claude Van Damme („Bloodsport“, „Cyborg“) mit Hilfe seines langjährigen Kumpels Sheldon Lettich („Perfect Target“, „The Last Patrol“) jetzt doch noch einmal die Kurve zurück auf die große Leinwand bekommt. Der Aufwärtstrend war nach Filmen wie „Wake of Death“ oder „Second in Command“ zumindest abzusehen und wird nun mit „The Hard Corps“ so unrühmlich plötzlich beendet.
Die Muscles from Brussels sind wieder da,wo sie schon einmal waren, nämlich im viel zu dicht besiedelten Mittelfeld, wo ein Van Damme nicht mehr weiter auffällt. Kollege Steven Seagal hatte sein „Into the Sun“ und versagte. Dasselbe gilt nun auch für den Belgier, der seine Rückkehr ins Kinogeschäft wohl ebenso abschreiben darf.
Angesichts der großspurigen Ankündigungen Sheldon Lettichs bin ich nicht nur enttäuscht, sondern auch ein wenig verärgert. Wenn der Mann ernsthaft geglaubt hat, dass Sony tatsächlich in Erwägung ziehen würde seinen Film ins Kino zu bringen, muss er die letzten Jahre einfach verschlafen haben.
Aussagen, wie diese, dass man sich während der Dreharbeiten zu mehr Actionszenen entschied, führt der Film unter anderem auch gleich ad absurdum. Aber dies ist nicht einmal das Schlimmste. „The Hard Corps“ ist einfach nur belanglos und mit 110 Minuten auch viel zu lang. Warum nicht einen knackigen, anspruchslosen Actioner für 90 Minuten konzipieren? Und überhaupt, warum nicht einen fähigen Regisseur ranlassen? Lettichs Arbeiten waren in der Vergangenheit alles andere als Offenbarungen. Mit Van Damme drehte er gemeinsam nunmehr vier Filme und davon überzeugte wohl auch nur „Double Impact“, weil mit Vic Armstrong einer der weltbesten Stuntkoordinatoren inklusive einer eingespielten Hongkong-Crew zur Verfügung standen.
Um Jean-Claude Van Damme tut es mir hingegen wirklich leid. Fraglich, ob sein körperlicher Zustand es nicht mehr zulässt, aber seit „Universal Soldier: The Return“ aus dem Jahr 1999 lässt er überzeugende Martial Arts in seinen Filmrollen vermissen. Da kann mir auch niemand erzählen, dass dies mit einer schauspielerischen Neuorientierung zu tun hat. Einen Van Damme – Film schaut man sich immer noch wegen der Action, speziell der Martial Arts, und nicht wegen der Geschichte oder gar den mimischen Fähigkeiten des einstigen Stars an. Um die ist es hier mal wieder nicht sonderlich gut bestellt, aber als ausgebrannter Veteran, der die Grausamkeiten im Irak und in Afghanistan erlebt hat, hilft ihm sein Alter und eine gewisse Erfahrung.
Schade nur, dass seine besten Momente ausgerechnet die sind, die er als Phillip Sauvage in Flashbacks der seine Psyche so zermaternden Krisenherde verweilt. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, holt ihn sein alter Kamerad Kendall Mullins (Peter Bryant) aus der Veteranenanstalt. Als Duo sollen sie den Personenschutz für Box-Champ Wayne Barclay (Razaaq Adoti, „Doom“, „Second in Command“) übernehmen. Der sorgte nämlich vor einiger Zeit dafür, dass Rapper Terrell Singletery (Viv Leacock, „I Spy“) in den Knast wanderte. Nun führte der sich dort aber so gut, dass er vorzeitig entlassen wird, sich ganz krass mit Chickas umgibt, sich mit noch krasseren Schlitten kutschieren lässt, ganz krass den Slang seiner krassen Brüder spricht und ganz krass einen auf Gangster macht, um seine noch krassere Rache zu bekommen.
Ich habe eine unüberwindbare und engstirnige Abneigung gegenüber diversen Rap-Einflüssen auf Actionfilme, zumal ich die Musik kein bisschen abkann und mir dieses obercoole Posieren in zu großen Klamotten mit noch mehr Goldkettchen ganz gewaltig auf den Wecker geht. Lettich macht in „The Hard Corps“ daraus eine Tugend, so dass Van Damme selbst darin wie ein unfreiwilliger Fremdkörper wirkt und auch nur sehr wenig zu tun bekommt. Denn die Actionszenen sind sehr rar gesät, dann auch nur ganz kurz präsent und darüber hinaus sehr unspektakulär choreographiert.
Das völlig ideenlose Drehbuch knüpft mit seiner Aneinanderreihung sämtlicher, erdenklicher Klischees gnadenlos an die eingeschlagene Richtung an, killt gleich bei der erstbesten Möglichkeit Mullins und nimmt Sauvage in die Verantwortung. Er wird nämlich beauftragt eine schlagkräftige Truppe (The Hard Corps halt...) aufzubauen, die Barclay vor den ausgesandten Killern Singleterys beschützen sollen. Leider setzt sich diese Einheit lediglich aus unerfahrenen Burschen zusammen und es wird auch nie so recht deutlich, warum Sauvage nun plötzlich ein Spezialist für Personenschutz ist.
Das Bemühen um Van Dammes Figur ist währenddessen wirklich redlich. Er darf sogar kurz um den Tod seines Freundes trauern, doch die sich daran anschließende Handlung strapaziert die Geduld des Zuschauers enorm. Denn es passiert einfach nichts, außer dass für die Handlung wenig bis gar nicht relevante Dialoge, die viel zu lang dauern, geführt werden. Insbesondere die Chemie (Welche eigentlich?) zwischen Van Damme und Vivica A. Fox („Kill Bill“, „Blast!“) als Barclays Schwester ist nahezu nicht existent. Zwischen den beiden soll sich ja so etwas wie eine Romanze abspielen, aber davon merkt man bis zum finalen Kuss eigentlich überhaupt nichts.
Mühevoll und mit unwahrscheinlich viel Leerlauf versehen, quält „The Hard Corps“ sich geradezu auf seine 110 Minuten (mit Abspann). Die Handlung, wenn man sie denn so nennen kann, lässt neben ein paar dilettantischen Attentaten eine Konfrontation zwischen Van Damme und seinem Arbeitgeber vom Stapel und nervt vor allem auf der Seite von Terrell Singletery durch die Bank weg mit schwarzhäutigen Gangstern, die durch die Bank weg von blass agierenden, austauschbaren Gesichtern gespielt werden. Abseits dessen passiert eigentlich gar nichts und Lettich füllt diesen Hohlraum mit noch mehr langweiligen Dialogen.
In keiner Phase des Films herrscht Tempo oder gar Spannung. Eine Dramaturgie scheint überhaupt nicht vorhanden. Stattdessen schaut man den bösen Gangstern eben bei Poolpartys oder den Boxer bei Schäferstündchen mit seiner weißen (Skandal! *gg*) Freundin zu, bis mal wieder ein paar absolut dämlich vorgehende Gangster vorbeischauen und von Van Damme in die Schranken gewiesen werden. Da kann man Singletery echt nicht böse sein, dass er die ständigen Fehlschläge seiner Jungs bestraft, indem er sie an seine Hunde verfüttert. Nein, was für ein skrupelloser, extrem böser Bad Guy ist er doch... *hüstel*.... Lächerlich! Inklusive seiner Schar ganz finster aus der Wäsche schauenden Brut.
Besser wird es leider nicht und selbst der Schlussshowdown überzeugt keineswegs. Wenigstens wird dort aber gezeigt, dass das total krasse, lässig Schräghalten von Kanonen in Feuergefechten zwar cool aussehen mag, aber der Treffsicherheit doch sehr zum tödlichen Nachteil gereicht. Keine Actionszene, sei es wildes Gekloppe oder Gunplay, die richtig gelungen ausschaut. Lettich muss so überzeugt von seinen eigenen Talenten gewesen sein, dass er keinen vernünftigen Choreographen hinzuholte. Dass er sich selbst überschätzt, ist spätestens mit „The Hard Corps“ klar und ich weiß wirklich nicht, ob die Aussagen zu seinen früheren Filmen nicht doch ausweichende Entschuldigungen waren. Da sind, angefangen bei kleineren Goofs, auch so viele offensichtliche Inszenierungsfehler zu entdecken, dass man ihm seine Fähigkeiten absprechen will.
Ich mag darüber hinaus nicht einmal glauben, dass er viel Zeit in das Drehbuch investierte, denn von einer ansatzweise interessanten oder packenden Geschichte findet sich keine einzige Spur. Man findet unglaublich viele Unwahrscheinlichkeiten, dass sich selbst oberflächlichen Zuschauern die Nackenhaare aufstellen. Warum engagiert Wayne Barclay nach dem ersten Attentat nun ausgerechnet Sauvage, obwohl er von ihm nicht viel hält und lässt ihn unerfahrene Bengel herankarren anstatt ein professionelles Sicherheitsteam zu engagieren? Und warum schickt Terrell Singletery ihm keine fähigen Männer auf den Hals? Und so weiter und so heiter.... Trotz der tödlichen Gefahr muss Barclay an seiner blonden Matratze horchen... Keinen Funken Menschenverstand der Mann...
Fazit:
So, ich habe mich genug geärgert und bin wirklich versucht dem Film eine ganz miese Bewertung reinzuknallen. Mir ist unverständlich, wie man ein Budget so verheizen kann, denn ich wüsste wirklich nicht, wohin die Millionen geflossen sind.
„The Hard Corps“ ist ein belangloses und leider auch sehr langweiliges B-Movie geworden, das nie und nimmer einen Weg ins Kino gefunden hätte. Die Actionszenen sind selten, erstaunlich unspektakulär und mit Goofs verseucht (Man geht lieber nicht in Deckung, sondern steht in der Botanik und wartet auf die tödliche Kugel), die Darsteller blass und die Handlung uninteressant wie sonst was. Besonders auf Seiten des bösen Rapper-Clans nerven die vielen Gangster-Klischees zudem enorm und der Score biedert sich nun auch nicht gerade an. Schade, das war wohl Van Dammes letzte Chance für ein Comeback, denn ich bezweifele ernsthaft, dass „Kumite“ oder „Bloodsport: A New Beginning“ jemals Realität werden.