Review

Ein Fremder namens Django kommt in ein ausgestorben wirkendes Grenzgebiet von USA und Mexiko, in denen sich zwei größere Banden bekriegen: die „Roten Kapuzenmänner“ von Major Jackson und die Rebellen von General Rodriguez. Er schleppt einen Sarg hinter sich her, in dem er ein gigantisches Maschinengewehr aufbewahrt, begleitet von dem Mädchen Maria, das er vor einer Vergewaltigung retten konnte. Als Jackson mit seinen Kumpanen vorbeischaut, richtet Django ein unvorstellbares Massaker unter ihnen an. Die Überlebenden schwören Rache, während der Titelheld sich (scheinbar) deren Gegnern anschließt...
Dieser Italowestern entpuppte sich als ein solcher Erfolg, daß in den nächsten Jahren zwei offizielle Fortsetzungen und etliche andere Filme folgten, die ein „Django“ in ihrem Titel trugen, da sich diese Filme in den Siebzigern gut verkaufen ließen, obgleich sie nicht im Entferntesten etwas mit der Figur zu tun hatten.
Ich bin ja nicht gerade ein großer Westernfan, dachte mir aber, als zum wiederholten Male der in gewissen Kreisen als Kultfilm bezeichnete „Django“ im Fernsehen lief, daß ich mir ihn auch einmal zu Gemüte führen sollte. In der Tat fühlte ich mich (zu meiner Überraschung) ganz ordentlich unterhalten, aber das reicht für mich beim besten Willen nicht aus, den Film gleich zu einem Meisterwerk emporzuheben.
Wie in so vielen anderen Werken, überwiegend in diesem Genre, versucht abermals ein Regisseur, in diesem Fall Sergio Corbucci, mit zahlreichen Schießereien und sich daraus ergebenden Leichen Spannung zu erzielen, was aber nicht wirklich gelingen mag, ist doch bereits vorher klar, daß Django mit ihnen allen fertigwerden wird. Schließlich würde der Titel anders lauten, wenn Franco Nero sogleich sein Leben lassen würde. Hinzu kommt, daß er keine Identifikationsfigur ist, da er keinerlei Gefühlsregungen erkennen läßt. Somit läßt es einen ziemlich kalt, wenn ihm die Hände zertreten werden und er keinen Revolver mehr halten kann.
Einzig in den letzten Minuten auf dem Friedhof, in dem der Held eindeutig unterlegen zu sein scheint, vermag Corbucci die Erwartungen des Zuschauers auf ein effektvolles Abschlußfeuerwerk zu steigern, indem er in der staubtrockenen, toten Gegend die Ausweg- und Hoffnungslosigkeit des Hauptprotagonisten mit einer längeren Vorbereitungsphase gekonnt hervorhebt. Doch das Finale verdient sich dann leider nur lauen Beifall und dürfte als eines der kürzesten Shootouts aller Zeiten in die Westerngeschichte eingegangen sein - mein erster Gedanke: „Das war‘s schon?!“ Wenn nicht sofort darauf über die phantastisch eingefangene Schlußeinstellung der ebenso begeisternde (und etwas entschädigende) Titelsong gelaufen wäre, hätte mein Gesamtergebnis womöglich noch schlechter ausgesehen.
Umgekehrt läßt sich auch eine endlos in die Länge gezogene Szene nennen, die mich fast in den Schlaf gewiegt hätte und bei mir die gegensätzliche Frage zu oben - sprich: „Wann ist das denn endlich vorbei?“ - aufkommen ließ, nämlich wenn Django sich minutenlang heimlich mit dem eingesackten Geld aus dem Saloon stiehlt. Das hätte man doch gewiß ein wenig raffen können.
Mir wäre es ebenso lieber gewesen, wenn das Geheimnis, was sich denn nun in dem Sarg befindet, mehr gegen Ende des Westerns gelüftet worden wäre und nicht schon nach einer guten halben Stunde. Dieser verrückte Einfall hätte dann sicherlich mehr Wirkung erreicht.
Dafür daß „Django“ 1966 gedreht wurde, weist er erstaunlich explizite Gewaltdarstellungen auf, weshalb ich mich des Gefühls nicht erwehren kann, daß es Corbucci hauptsächlich darum ging, kleine Tabus zu brechen - die Kritiker waren damals immerhin noch Zartbesaiteteres als heutzutage gewohnt - und ungewohnte Grausamkeiten (Ohrabschnitt) sowie das ausgiebige Gemetzel zur Schau zu stellen. (Inzwischen freilich kennt man weitaus Schlimmeres.)
Der Inszenator sagt über sein Werk, sein Django habe viel Sinn für Humor. Ich weiß nicht, was lustig daran sein soll, wenn fast ausnahmslos jeder Akteur in der Handlung (zumeist von Corbuccis „Witzbold“) abgeknallt wird, selbst wenn er noch eine solch winzige Nebenrolle spielt. Ansätze zur Parodie oder Komödie kann ich jedenfalls nicht erblicken. Aus oben genanntem Grund schließe ich auch diejenigen Kritiken aus, die besagen, daß „Django“ ein politischer Film (Rechts/Major Jackson gegen Links/General Rodriguez) sei.
Alles in allem ist dieser 85 Minuten lange Film, der andere Regisseure dazu inspirierte, mehr Brutalität in die noch folgenden Western zu bringen, bei weitem kein Meisterwerk. Herrn Corbucci fehlt dafür einfach das nötige Fingerspitzengefühl, das andere Regisseure vor (Fred Zinnemann/“Zwölf Uhr mittags“) und nach ihm (Sergio Leone/“Spiel mir das Lied vom Tod“) bewiesen haben.

Fazit: Bis auf den starken Titelsong am Anfang und Ende des Films sowie der Idee, den Helden anfangs mit einem geschlossenen Sarg herumlaufen zu lassen, hat „Django“ wenig Kultverdächtiges an sich. Atmosphärisch in Ordnung und mit reichlich Schießereien und für damalige Verhältnisse ziemlich drastischen Szenen, die die fehlende Spannung nicht ungeschehen machen können. Immerhin trotzdem recht kurzweilig.
GESAMT: 6/10 (Unterhaltungswert: 6 - Handlung: 6 - Schauspielerische Leistungen: 6 - Kameraführung/Atmosphäre: 8 - Musik: 8)

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