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Oktober 1988: Donnie Darko ist anders. Für seine Mitmenschen sieht alles so aus, als leide der Teenager unter Halluzinationen und paranoiden Wahnvorstellungen. Psychiater und Medikamente erweisen sich als wirkungslos, was sich zeigt als Donnie, den existenzielle Fragen quälen, von Frank erzählt, einem mannshohen Hasen, der ihm den Weltuntergang prophezeit. Vielleicht aber hat Donnie den Durchblick und alle andern schauen ins Leere. Angetrieben durch das Buch "Die Philosophie des Zeitreisens", das aus der Feder der despektierlich „Grandma Death“ genannten Roberta Sparrow stammt, versucht er den prognostizierten Weltuntergang zu verhindern.

Donnie Darko ist anders, denn Regisseur Kelly gelingt ein ungewöhnlicher Hybrid aus Psycho-, Science-Fiction- und Mysteryelementen. Das rekurrierende Thema Zeitreisen, gewürzt mit seinen Paradoxa, dazu Begriffen wie Paralleluniversen und Artefakten ergeben ein komplexes Konstrukt, das abstruse und anstrengende Gedankensprünge erfordert. Der eigentliche Zusammenhang ist für einen Zuschauer mit, wenngleich unbewusst, vorgefertigten Denkschemata schwer zu begreifen.
Deshalb sollte man dem Film dankbar sein, wenn er sich als sympathisches Zugeständnis an den Zuschauer mit weniger abstraktem Denkvermögen auch auf die Charakterzeichnung des Protagonisten konzentriert, die trotz der Fokussierung auf das gesponnene Rätsel und vor allem durch Donnies Interaktionen mit seiner Lehrerin Karen Pomeroy und seiner Freundin Gretchen Ross sehr lebendig wirkt. Donnie ist sich seiner eigenen Ohnmacht bewusst, versteht sich selbst aber als Stotterer unter den Stummen und fühlt sich von seiner Umwelt, die für ihn geistig in einer flächigen Fabulation vegetiert, missverstanden. Trotzdem avanciert er für sie am Ende zum Menschenopfer und erlangt damit das höhere Gut, nach dem er immer strebte und das er endlich erreicht. Da ihn nicht die menschliche Sucht nach Anerkennung motivierte, dürfte ihm auch egal sein, dass nie jemand seinen Verdienst wertschätzen wird - außer Roberta Sparrow.

Man fühlt sich als Zuschauer, der den Film nicht vollständig begreift, wie Donnies Mitmenschen, die nicht hinter seine Fassade gelangen. Selbst in der Fangemeinde des zum Kultfilm emporgestiegenen Streifens herrscht kein einheitlicher Tenor über die eigentliche Intention des Regisseurs und Drehbuchautors.

Zur Mythenbildung beigetragen hat sicherlich auch die Tatsache, dass Donnie Darko zur Zeit seines Erscheinens kein Kassenmagnet war. In den zumeist leeren Kinosälen konnte man Tumbleweeds rollen sehen und Grillen zirpen hören, denn das Thema Weltuntergang, ausgerechnet verbunden mit einer herabstürzenden Flugzeugturbine, war anscheinend zuviel für die empfindliche amerikanische Seele nach den 9/11-Attentaten im Jahre 2001. Erst die DVD-Veröffentlichung bescherte Donnie Darko, Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal und Regisseur Richard Kelly den verdienten Ruhm.

Die einzigartige melancholische Grundstimmung des Filmes lässt sich kaum in Worte fassen; sie hat etwas deprimierend pessimistisches, vermittelt aber eine positive finale Botschaft. Der charakteristische Hauptsong des Soundtracks, Mad World, wurde für den Film von Gary Jules neu interpretiert, und macht eine stimmiger Musik kaum vorstellbar.

Durch die erstklassigen CGI-Spezialeffekte eigentlich schwer als Independant-Film zu entlarven, definiert er sich als solcher durch seine unbequeme Exposition und seine offene Sozialkritik. Neben dem ebenfalls schwer verdaulichen Mulholland Drive (2001) ist diese Koryphäe der vorläufige Höhepunkt der Rebellion des Indie-Konzepts gegen den normativen Hollywood-Mainstream.

Donnie Darko ist ein provokanter Film, der auch und vor allem faszinieren kann, wenn man sich nicht zur exklusiven Elite zählt, die hinter die nebulöse und verkopfte Fantasy- und Mystery-Geschichte gestiegen ist.

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