Review

Erst einmal das : Chapeau, Mr.Shyamalan….

Es war einmal…
…im altbekannten Hollywoodland…
…da gab es einen erfolgreichen Jungregisseur, der hatte für seine Produktionsfirmen mit seinem ersten bekannten Spielfilm unheimlich Kasse gemacht und stand unter enormen Zugzwang, das Erfolgrezept zu wiederholen. Da Handlungsmuster unbewußt beibehalten wurden, lieferte er in der Folge noch drei weitere Filme ab, die den Erwartungshaltungen des gemeinen Publikums halbwegs entgegen kamen, nämlich immer mit einer überraschenden Wende am Ende.
Zwar waren die einzelnen Film jeder für sich ein interessantes Stück Film, doch wurde das an sich nicht so recht wahrgenommen, zumindest wohl, was den Regisseur anbetraf. Der war darob im Innersten getroffen und bekam, wie es heute scheint, gute 60 Millionen Dollar für eine selbsttherapeutische Maßnahme, die er als seinen fünften Großfilm tarnte.
Doch das Ergebnis saß allen Verantwortlichen gar quer im Hals und auch das Publikum schien brüskiert – so etwas hatten sie nicht erwartet.
Jeder hatte etwas Spezielles für sich persönlich gewünscht, aber keiner wars am Ende zufrieden, außer denen, die über die Chuzpe dieses Mannes lächelten…
…und „Lady in the Water“ mochten…

So oder ähnlich könnte es tatsächlich gewesen sein – fest steht nur, daß scheinbar niemand hier mit dem Ergebnis zufrieden ist. Der Verleih verkaufte den Film weiter und bescherte den Kollegen auch keine Freude, die Kinobesitzer ärgerten sich über immer leerere Säle und die Mehrzahl der Besucher fragte sich, was der Scheiß sollte.
Der Rezensent jedoch pickt ein paar wunderbar schimmernde aus dem finalen Ergebnis heraus und grübelt, ob wir es bei Mr.Shyamalan um einen weinerlichen Widerborst oder einen verdammt wütenden und dabei sehr geschickten Künstler handelt, der mittels eines dicken Budgets eine volle Breitseite gegen alle seine Stressfaktoren abgefeuert hat: Produzenten, Geldgeber, Kritiker und das unwillige Publikum.

„Lady in the Water“ ist eine Gutenachtgeschichte, allein das ist schon mal nicht gerade zielgruppenorientiert einzuordnen, denn Erwachsene mögen oftmals diese Rückfälle in die Kindheit nicht und für Kinder ist dieser Film ganz bestimmt nicht konzipiert.
Doch das ist nur der erste Punkt in dieser Kette von „Dagegen!“-Handlungen, die man mit dem Film schlucken muß.

Allein die Story scheint wie ein Wagnis: ein vom Leben gebeutelter Hausmeister einer Appartmentanlage findet im Pool ein Meermädchen (flossenlos), die gekommen ist, einen der Landmenschen zu einer weltveränderten Leistung zu inspirieren, um dann zurück zu kehren. Doch eine wilde Bestie hat es auf sie abgesehen und wie es scheint, kommt jedem in diesem Wohnblock bei der Rettung des Mädchens eine spezielle Rolle, nur ist diese nicht ganz klar.
So simpel, so banal, so unverständlich die Wahl.

Doch das narrative Element scheint hier nur vorgeschoben, der Inder hat ganz anderes im Sinn und das meistens auf der formalen Seite, hier scheint alles einen doppelten Boden zu haben.
Zum einen spielt Shyamalan mit den typischen Erwartungen eines modernen (und teuren) Unterhaltungsfilms. Sperrig brettert er durch alle Sehgewohnheiten hindurch, lässt den Storyhintergrund in Schüben umständlich von einer dem Englischen nicht mächtigen Asiatin erklären und fügt praktisch wie ein Amateur immer neue Infos, wenn die bisher Gewonnenen nicht mehr ausreichen, hat praktisch den Skriptdoktor im Handgepäck.
Dazu passt ganz vortrefflich, dass die (literally) feuchte Maid auch noch „Story“ heißt, also ein offensichlicher Aufhänger ist, um den Plot nach Belieben zu modifieren, hätte sie „Plot-Twist“ geheißen, wäre das auch nicht augenscheinlicher gewesen.

Shyamalan, schon immer ein Meister, wenn es um die Magie der Bilder ging, lässt keinen Tabubruch aus, bricht das Tempo, unterlässt sich anbietende typische technische Spielereien, wählt verquere Kameraeinstellungen und Blickwinkel, lockt den Zuschauer mit scheinbaren Actionszenen und blendet dann auf dem Höhepunkt auf eine inaktive Figur, die am Geschehen nur akustisch teilnimmt.
Minutenlang bleibt das Auge auf Paul Giamatti (der den Zores auch noch mit Genuß spielt), der auf dem Flur wartet, bis er weitere Storyinfos bekommt, die nur widerstrebend (Drehbuchpolitur) geliefert werden, um von einer akzentschweren Asiatin für ihn übersetzt zu werden. So dreist war selten jemand.

Schier tollkühn auch noch eine Übersteigerung dieses Prozesses, in der Giamatti informiert wird, dass er für genaue Infos über die Hintergründe, selbst zum Kind mutieren muß, damit der Geschichtenerzähler gnädig gestimmt wird, worauf er sich naiv lächelnd auf ein Sofa lümmelt, Kekse mampft, sich mit Milch besabbert und dann (mit zunehmendem Vergnügen) ins Infantile zurückfällt.

Auch in Sachen Plot-Twist rechnet der Regisseur ab, lässt den Zuschauer mitdenken, dann einen Filmkritiker, der ja schon alles kennt und alles gesehen hat die Mechanismen ausplaudert, bedient diese und führt sie nach dem scheinbaren ersten Showdown alle ad absurdum, vergibt die Aufgaben noch einmal an andere Figuren, wobei er den Sinn des Ganzen dann auch noch durch ein Kind erklären lässt, das selbigen allein in einem Schrank voll Frühstücksflockenpackungen erkennen wie in einem magischen Bild.
Hier wird dem Zuschauer durch geballte Absurdität kreativ ins Gesicht gespuckt und wer es versteht, der findet es wunderbar.

Aber es bleibt nicht bei solch subtilen Methoden, der Inder zieht in der Folge gänzlich blank, lässt den Filmkritiker (und Menschenhasser) als Einzigen über die Klinge springen, weil diese glaubt zu wissen, wie Film funktioniert oder nicht funktioniert und diesen Irrtum auch bis zum eigenen Tode störrisch durchhält.
Gleichzeitig stilisiert sich Shyamalan in einer Nebenrolle selbst zu einer Art Märtyrer. Er spielt einen scheinbar verkrachten Autoren, dem mitgeteilt wird, dass seine großen Ideen erst in einigen Jahre als die weltverändernden Werte erkannt werden, die sie sind, mit dem christusgleichen Zusatz, das dies nach seinem Tode sein wird.
Da darf jetzt jeder raten, ob der Regisseur nun größenwahnsinnig, weinerlich oder selbstironisch bis zum Exzess ist.

Bei solchen Intentionen ist es fast nebensächlich, ob man den Film als solchen noch problemfrei goutieren kann.
Doch man kann, wenn man sich von seinen Gewohnheiten frei macht, denn letztendlich bedient Shyamalan doch das Publikum, bricht nicht komplett mit dem Geschichtenerzählen, inszeniert einen Höhepunkt, düpiert mittels Twist, glänzt mit wunderschönen Bildern und ungewöhnlichen Figuren, die aber ob ihrer Funktionalität immer ein wenig die Tiefe vermissen lassen, wenn sie denn nicht sowieso nur Chiffren sind. Fast schon beleidigt wirkt diese Ablieferung des Immergleichen, das aber äußerlich wunderschön erscheint.

Durchleuchtet man alles in diese Richtung wirkt das Märchen wie ein großer Spaß und eine kleine Abrechnung, entweder selbstmitleidig oder brüsk, aber ganz sich selbst überwinden kann der Regisseur nicht, die einzige Schwäche, die der Film mit sich herumträgt.

Was wird die Folge sein?
Shyamalan wird vermutlich hoffen, so intensiv mit seinem Ruf gebrochen zu haben, um wieder frei arbeiten zu können, wobei den Kassengiftruf sicher mit seinem Ego vereinbaren kann. Spaß haben alle Beteiligten offenbar gehabt, wie die „Gag Reel“ beweist.
Auf diese Art gegen das System zu schwimmen, ist gefährlich und unberechenbar, aber letztendlich bin ich froh, das es so getan wurde, denn es ist ein herrlich ungewöhnlicher Film mit brillianten Bildern dabei herausgekommen, dessen Subtexte es verdienen, ihn immer wieder zu sehen.
Dafür noch einmal der Zylinder. Chapeau! (8/10)

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