Beats, Babes und Boliden...
Drei Eigenschaften, die den ganzen dritten Ableger der "The Fast and the Furious"-Reihe retten müssen, da er abgesehen davon keinerlei Qualitäten bietet, die ein Film eigentlich bieten sollte.
Wieder einmal geht es auf die Straße zu illegalen Straßenrennen, nachdem sich Vin Diesel nach Teil 1 und Paul Walker nach dem zweiten Streifen verabschiedeten, muss es nun eine komplett neue Undergroundbeteiligung richten. Gewechselt wird dann auch gleich der Standort nach Tokio und die Viertelmeilenrennen sind auch Geschichte. Das neue Rennaufgebot sieht Drifts vor und anscheinend ist das in der Realität schwerer als auf der PS2...
Sean (Lucas Black; „Jarhead“) liebt die illegalen Straßenrennen, die ihm aber immer wieder den Besuch auf dem Polizeirevier bescheren. Nach drei Umzügen in zwei Jahren und einem weiteren Rennen mit bösem Ausgang, ist die letzte Alternative sein Dad (Brian Goodman) in Tokio, bei dem er unterkommt und bei dem er sich keine Fehltritte erlauben darf, solange er nicht zurück und ab ins Gefängnis gehen will. Doch schon nach kurzer Zeit wird er in den Rennsumpf Tokios mit seinen Driftrennen und den schönen Frauen, allen voran seiner Mitschülerin Neela (Nathalie Kelley) gerissen und bald hat er sogar die Yakuza an den Reifen...
Die künstlich aufgeblasen wirkende Geschichte um Außenseiter und die Yakuza ist nebensächlich, spielt es doch weder eine Rolle, wo die Charaktere ursprünglich herkommen, noch dass die Yakuza krumme Geschichten dreht und Tokio regiert, und konzentriert sich augenscheinlich fast nur auf die Liebesgeschichte zwischen Sean, Neela und deren Freund D.K. (Brian Tee) sowie die Probleme, die so eine Dreiecksbeziehung mit sich bringt. Unterbrochen wird sie im 10 Minutentakt von Rennsequenzen erster Güte, wo wir auch schnell beim eigentlichen Betrachtungsgrund wären – den Driftrennen.
Driften ist neben dem neuen Kontinent auch schon das einzig Neue, was dem Treiben einen halbwegs erfrischenden Anstrich verleiht. Das fängt schon hervorragend in Seans Heimat an - bei einem Rennen, in dem er sich alle Chancen auf ein geregeltes Leben verspielt. Gegen den reichen Schnösel Clay (Zachery Ty Brian; „The Rage: Carrie 2“) und dessen Freundin Cindy (Nikki Griffin; „The O.C.“) fährt er zu erstaunlich ungewöhnlichen Rockklängen (später wechseln diese schnell zu Hip Hop) durch eine neue Wohnsiedlung, schrottet ein Haus und beide Autos und der Zuschauer bekommt einen ersten Eindruck davon, was ihn bald nicht mehr erwartet – hier ist es nämlich noch das allseits aus den Vorgängern bekannte Rennen ohne Drifts, inklusive dem kurzen Auftritt von Nikki Griffin, die auch eine gute Einstimmung auf die Frauenqualitäten des Films bietet. Allerdings erkennt man auch gleich hier zu Beginn, trotz des Unterhaltungswerts der Szene, was die Story uns so für „intellektuell“ anmutende Auseinandersetzungen präsentieren wird.
Folgen wir der Eröffnungssequenz den Höhepunkten entlang: Sean unterhält sich mit Cindy, schon kommt ihr Schönlingsfreund (wahrscheinlich auch der Quarterback des hiesigen Highschool-Footballteams; aber ich will da keine Klischees unterstellen) an, muckt Sean an, als hätte er sie gerade begrabscht, jeder Spruch von Clay wird grölend applaudiert vom Rest der Footballmannschaft und ein Baseball in die Scheibe Seans fördert die Freundschaft auch nicht. Ein Rennen muss her, da Clay aber das Auto von Sean nicht will, muss ein anderer Wetteinsatz her: Nikki stellt sich freiwillig(!) zur Verfügung. O-Ton: „Der Gewinner kriegt mich…“ Verbale Entgleisungen am laufenden Band folgen: Im Auto, Clay kommt gegen seinen Konkurrenten mächtig ins Schwitzen, hört man nur noch beleidigt von ihr: „Ich dachte, du liebst mich…“, gefolgt von „Ich glaube, ich habe ein neues Date für den Abschlussball.“ Während denkende Menschen langsam aufstehen und sich dem Ausgang nähern, bleiben Leute, die ihr Hirn komplett abstellen können, kopfschüttelnd sitzen und warten.
In Tokio wird es aber nicht besser.
Der Möchtegerngangster Twinkie (Bow Wow; „Like Mike“; wo ist eigentlich das „Li’l“ seines Namens hin, so groß ist der immer noch nicht) verscherbelt Handys, Laptops, Turnschuhe, alles, was halt mal vom LKW fallen könnte und bringt das Dialogniveau rasend schnell noch mal auf ein Tiefstlevel, als er Sean bei der Einfahrt ins Parkhaus zum ersten Rennen bei all dem blitzenden Chrom, den knappen Hotpants und den Frauen im allgemeinen eine Box mit Taschentüchern hinhält, „falls dir einer abgeht“. Während die denkenden Menschen im gegenüberliegenden Biergarten gerade ihre zweite Runde bestellen, sind alle Sitzengebliebenen sicher, dass es jetzt nicht mehr schlimmer kommen kann – dialogtechnisch.
Dafür schwappen von nun an die Klischees über:
Die Undergroundszene in Tokio begeistert Sean so sehr, dass er wieder im Rennzirkus, „zu Hause“, ist – gegen alle Regeln. Dass der Obermacker D.K. hier das absolute Sagen hat, von allen angehimmelt wird und die schärfste Freundin hat, versteht sich von selbst, dass Sean eine große Klappe riskiert und nebenbei an D.K.s Freundin herumgräbt auch, dass die sich plötzlich mit ihrem jahrelangen Freund nicht mehr sicher ist sowieso, und und und…
Gut, dass die Hälfte des Films aus Actionszenen besteht. Die Rennen nehmen nicht mal den allergrößten Teil ein, selbst wenn man im Auto sitzt. Zuerst einmal, nach dem katastrophalen ersten Ausflug ins Driftmilieu mit komplett demoliertem Untersatz, muss der Neuankömmling nämlich das Driften lernen. Ein Mentor ist in des Obermackers Partner Han (Sung Kang) schnell gefunden, wer das entscheidende Rennen am Ende gewinnt, ist bekannt, aber bis dahin geht’s noch oft genug kurvenreiche Strecken den Berg runter oder durch die glitzernde, farbenprächtige, Leuchtreklamen überfüllte Tokioer Innenstadt. Warum man da zwar immer Zick Zack durch die Autoreihen fahrend sich durchwühlen muss und nicht immer versucht, möglichst heil und geradeaus da durch zu kommen, dürfte auch wieder nur dem Optikfaktor zuzuschreiben sein – es sieht deutlich edler, rasanter und spektakulärer aus.
Generell ist „rasant“ und „spektakulär“ Vokabular, das die Rennszenen am besten beschreibt. Einige Computerspielereien (wie zum Beispiel das wenige Millimeter Vorbeischrammen an einer Parkhauswand in Zeitlupe), sowie der rasante Schnitt lassen dann kaum Zeit zum Luftholen, es wird gedriftet (jede einzelne, sei es auch eine noch so kleine Kurve), ab und an auch geprügelt oder geschossen und dank der recht unterschiedlichen Rennstrecken mit Parkhaus, Berglandschaft und Straßen der Metropole auf denen geschubst, gedrängelt und der Turbo eingesetzt wird, werden die Rennen nie langweilig. Dass das alles nicht besonders realistisch ist, verkommt angesichts des stylischen Anblicks zur Nebensache.
Eine schöne Szene, die sogar einen Hauch von Romantik versprüht, ist die, in der Neela und Sean einen Berg unter freiem Sternenhimmel runterdriften, gefolgt von etlichen anderen Autos (deren Funktion auch nicht so klar wird in dieser Szene). Gänzlich befreit von Bass und Rappern ist das hier schon fast eine kurze Pause für Ohren und Augen.
Die Musik, sicherlich nicht jedermanns Geschmack, ist dann aber für die Situationen bestens abgestimmt. Der japanische Hip Hop ist zwar schrecklich, im Hinblick auf die farbreichen Partys aber durchaus legitim, auch wenn sich das nicht besser anhört als Tokio Hotel auf Droge. Glücklicherweise dachte man aber an das westliche Publikum und sorgte dann doch mehr für amerikanischen Hip Hop, der schon wie in den Vorgängern die Treffen vor den Rennen unterlegt, während eher elektronische Beats mit wummerndem Bass die Rennen unterlegen. Zu Hause gewöhnungsbedürftig, im Film aber perfekt eingesetzt…
Dass man in einem dritten Teil, ohne einen beteiligten Schauspieler der Vorgänger (minimalistische, wenn auch recht coole Auftritt in der letzten Minute zählen da nicht; trotzdem nette Überraschung), in diesem Bereich nichts Großes zu erwarten hat, ist ein ungeschriebenes Gesetz. Lucas Black erreicht nie die Coolness eines Paul Walkers, wirkt einen Tick zu draufgängerisch; Nathalie Kelley bekommt zu wenig Screentime abseits des hübschen Lächelns alle paar Minuten, sieht aber verdammt gut aus, genauso wie Nikki Griffin aus dem Pre-Title; Bow Wow wäre gerne cool, ist er aber nicht und sollte vielleicht doch noch die Grundschule beenden; Brian Tee ist dagegen so hart, dass er seinen amüsant-grimmigen Gesichtsausdruck den ganzen Film über nicht variiert und Sung Kang wirkt in diesem Haufen ultra hipper Teenies fast schon sympathisch.
Vielleicht der schwächste Teil der „Sinnlos-Trilogie“, aber trotzdem noch so spaßig, dass es nicht unbedingt schadet, sich den Film anzusehen, solange man keinerlei Erwartungen an filmische Qualitäten stellt oder wenigstens Autofreak ist. Die Story ist inexistent, die Dialoge bescheuert, die Schauspieler schwach, wenngleich der weibliche Anteil wirklich top aussieht, die Musik geht für die Art des Films mit seiner Mischung aus viel Hip Hop und wenig Techno/Rock (der mir besser gefallen hätte) auf und somit ist das „nur“ ein Eyecandyhighlight, für jeden, der sich drauf einlässt und nicht immer Ansprüche einer "Schindlers Liste" braucht...
Wenn einem nicht noch die Probezeit im Nacken sitzt (wie mir), zuckt einem der Fuß hier aber ordentlich auf dem Nachhauseweg vom Kino. Sinnfreier Hochglanzspaß, dabei fast eine Beleidigung für denkende Menschen, aber höchst unterhaltsam, trotz einer Halbwertszeit von wenigen Stunden. Rasant, überflüssig, stylisch und hohl - ab und an muss so etwas auch mal sein und Nathalie Kelley darf nun ruhig öfter über den Bildschirm flimmern.
Eigentlich traurig, dass man sich bei so was Sinnlosem unterhalten fühlt…