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Die Presse nennt ihn den Moon Murder, denn er tötet nur bei Vollmond, und er verstümmelt seine Opfer auf furchtbarste Weise. Aufgrund von Indizien weiß die Polizei, dass der Mörder aus dem Umfeld des Chirurgischen Instituts von Dr. Xavier kommen muss, der von dieser Anklage aber gar nicht begeistert ist, und um den Ruf seiner Anstalt fürchtet. Er erbittet von der Polizei 48 Stunden, die er nutzen will, um mit Hilfe eines wissenschaftlichen Experiments den wahren Mörder zu finden. Gemeinsam mit vier Kollegen und seiner Tochter Joanne zieht er sich in sein Landhaus auf Long Island zurück, um das Experiment durchzuführen: Alle Teilnehmer sind mit Handschellen an ihre Stühle gefesselt, alle Türen sind abgeschlossen, und der Butler Otto soll von den Augen der entsetzten Teilnehmer so tun als ob er Joanne ermordet. Doch zu diesem Zeitpunkt steckt bereits jemand anderes in Ottos Kleidung. Der wahre Mörder …

Gesehen wurde die Originalfassung in Zweifarb-Technicolor, und es ist kaum zu glauben, was so ein bisschen Farbe ausmacht. Prinzipiell erstmal ein Mad Scientist-Fest in gotischem Ambiente, geben die Farben der Geschichte eine Tiefe, die sie eigentlich gar nicht verdient hat. Bei der Sichtung wähnte ich mich ein paar Mal fast im KABINETT DES DR. CALIGARI, so raffiniert und fantasievoll wird hier mit dem Technicolor umgegangen. Die Szenen in denen der Mond scheint und die Wissenschaftler alle so richtig nervös werden, das ist schon fortgeschrittene Gruselkunst.

Überhaupt, die Gruselkunst. William K. Everson schreibt über DOCTOR X „… vollgestopft mit zupackenden Händen, einem unheimlichen Laboratorium, einem vermummten Killer, Gasdüsen, Geheimtüren, einer wundervollen Ansammlung von Verdächtigen …“ (1), und damit hat er die Stimmung und den Inhalt des Films perfekt beschrieben. Ich persönlich mag Lee Tracy als komischen Journalisten Lee Taylor überhaupt nicht – Sein Humor kommt deutlich vom zeitgenössischen Slapstick, den Slowburn hat er sich von Oliver Hardy abgeschaut, und seine dummen Sprüche und sein Verhalten gegenüber der starken Fay Wray schaden dem Film in der ein oder andere Szene sogar eher. Dafür hat es mit der erwähnten Fay Wray als Joanne Xavier eine toughe und selbstbewusste Heldin mit Hang zur Schrecksekunde, die in ihren Szenen den Bildschirm deutlich beherrscht, und den affigen Lee Taylor schnell in seine Schranken weisen kann.

Aber eigentlich ist das alles eitles und intellektuelles Geschwätz über einen Film, der mit seiner Atmosphäre und seinen Farben einfach erstklassig unterhält und eine Menge Spaß macht. Klassischer Grusel in einem gotischen Ambiente mit verrücktem(?) Wissenschaftler, erstklassigen Schauspielern und wunderbarer Atmosphäre – Da hat dann sogar Nervensäge Lee Tracy eine tolle Szene, wenn ein Plastikskelett am Nylonfaden auf- und abwippt, und er lächelnd dazu den Takt klatscht … Großes Kino!

(1) William K. Everson: Klassiker des Horrorfilms, München 1980

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