Der Must-See-Film auf dem Sektor „Blockbuster“ ist in diesem Jahr mit Sicherheit „Fluch der Karibik 2“, denn nach dem überwältigenden Erfolg des Originals aus dem Jahre 2003 gehört es beinahe zum guten Ton, sich die weiteren Abenteuer des exzentrischen Piratenkapitän Jack Sparrow alias Johnny Depp anzusehen.
Offenbar kam der Film gerade zum richtigen Zeitpunkt, brach er doch so manchen Rekord und erweist sich wiederum als manische Geldmaschine, die weltweit punkten kann.
Dabei wird mit der Fortsetzung der Freibeutersaga auf das Prinzip gesetzt, das schon im Falle der Matrix-Trilogie zur Anwendung kam. Die Teile 2 und 3 werden hintereinander (back-to-back) gedreht, erscheinen aber in moderatem Abstand (in diesem Fall ein Jahr) in den Kinos.
Somit nimmt „Dead Man’s Chest“, der 2.Teil, natürlich die Rolle eines Durchlauferhitzers an, denn latente offene Erzählfäden des ersten Films müssen hier zu einer neuen Story verknüpft, diese erweitert und zu einem zwischenzeitlichen Ende geführt werden, das aber offen genug ist, um die Leute in Vorfreude auf Teil 3 auf den Sitzen rutschen zu lassen.
Dazu kommt das Prinzip des „Größer, Schneller, Lauter“, um den Vorgänger an Attraktionen natürlich noch zu übertreffen.
Und so erwartet den Zuschauer dann auch volle zweieinhalb Stunden extremster Aktionismus in herausragenden Schauwerten: in wechselnden Paarungen müssen die drei Hauptdarsteller (wieder Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley) unterschiedlichste Gefahren überstehen, die vor allem durch Davy Jones, den krakenköpfigen Kapitän des „Fliegenden Holländers“ ausgelöst werden. Da Sparrow diesem noch seine Seele schuldet, versucht jetzt jeder, an Jones Herz heranzukommen, das dieser in einer Kiste vergraben hat. Da alle unterschiedliche Beweggründe haben (Bloom und Knightley wollen nicht an den Galgen, die Krone will die Kontrolle über die Weltmeere, was Depp will, weiß er selbst nicht so recht, aber auf jeden Fall seinen Hintern retten), ist dementsprechend ständig was los auf Deck.
Man könnte natürlich stöhnen, der Film würde sich hysterisch nur von einem Action-Set-Piece zum nächsten hangeln und tatsächlich klotzt Regisseur Gore Verbinski mehr, als er kleckert. Er hetzt sämtliche noch verfügbaren Figuren fröhlich aufeinander, fügt als Ergänzung auch den ehemaligen Commodore Norrington hinzu und würfelt das alles durcheinander.
Aber: er liefert Qualität.
Was Spielberg mit seinem „Tempel des Todes“ nicht schaffte, nämlich größeren Thrills in eine einigermaßen dem Vorgänger angemessene Geschichte einzubetten, gelingt Verbinski recht gut. Er teilt die Handlung recht gut unter seinen Hauptdarstellern auf, ergänzt durch augenzwinkernde Nebenfiguren (die beiden ehemals untoten Piraten) und schießt immer wieder neue Wendungen in der Geschichte ab. Damit lassen sich die Schauwerte (allein voran der gigantische Krake) natürlich hervorragend unterbringen.
Manchmal ist das Ergebnis vielleicht nicht so fein ziseliert wie es sein könnte, wie im Fall des Duells zwischen Turner, Norrington und Sparrow, das geradezu lächerliche Dimensionen annimmt, ansonsten allein wegen des Reizes drei Mann mit Degen gleichzeitig gegeneinander antreten zu lassen, vielleicht mehr Eindruck gemacht hätte, als eine Akrobatiknummer auf einem durch den Dschungel fahrenden Mühlenrad.
Dennoch kann man in diesem Thrillride ohne weiteres Spaß, da hier nichts mit übermäßiger Philosophie verquast wird, allenfalls ein paar ruhige Szenen ergänzen die Action.
Und das Ende macht natürlich reichlich Appetit, wenn nicht nur eine Hauptfigur scheinbar den Löffel abgibt, sondern auch ein Handlungsträger als Schlußgag auftritt, den man nicht mehr erwartet hatte. Und der weiterführende Plan für den dritten Teil verspricht noch einiges an Eye Candy.
Die Beschwerden, der Ton des Films hätte sich geändert, sind übertrieben, der Humor ist mehr als intakt geblieben.
Wer also wie weilend ein Zwölfjähriger popcornmampfend in die Sessel rutschen will, um am Ende sofort die Fortsetzung zu fordern, sollte sein Geld auf diesen Film setzen, denn etwas Unbeschwerteres wird man in diesem Jahr in dieser Größenordnung wohl nicht finden.
(8/10)