"Boondock Saints" ist die visuelle und erzählerische Schnittmenge aus "Pulp Fiction" (wird allmählich inflationär, diesen Namen noch zu erwähnen) und Guy Ritchies Filmen wie "Snatch" oder "Lock, Stock..."
Zumindest optisch ist er stark an ihnen orientiert, auch wenn sich die Story an Kompaktheit und Komplexität nicht mit den anderen Filmen messen kann. Dennoch weist die Storyumsetzung dermaßen viel Finesse auf, daß einem die Simplizität gar nicht mehr auffällt. Dafür kann man schon mal den Hut ziehen.
Merkmal dieser Produktion, ist der Tabubruch im modernen Pop-Art-Clip-Stil. Der Film ersäuft fröhlich vor sich hin in einem menschenverachtenden Zynismus und das so gekonnt und unterschwellig fröhlich, daß es noch Stunden so weitergehen könnte. Der Plot ist eine simple Selbstjustizstory zweier Brüder (sowas ähnliches gibt es in "Twin Town", die sich, eh gläubige Katholiken, von Gott berufen fühlen mit dem Abschaum des organisierten Verbrechens (und was sonst noch so nebenbei läuft) aufzuräumen und abzurechnen.
Das wäre auch was für Charlie Bronson oder Dudikoff gewesen, so abgenudelt wäre der Stoff. Also aufpeppen, die Chose...
Und Troy Duffy hat die nötigen Ideen auf dem Kasten. Vor allem kurios müssen sie sein. Abstrus, abgefahren, denkwürdig. Während Ritchie den Witz, die Ironie seiner Figuren mit inszeniert und Tarantino eh nur ein Schundabziehbild schafft (aber was für ein Gekonntes...), bleibt Duffy bei der Erzählweise straight, der Ton weitestgehend ernst. Nur der schiere Irrsinn der Story, die Art der Inszenierung, der Umgang der Figuren macht den Film zum Fest für die Zuschauer.
Die wiederum werden einiges hieran nie vergessen. Das fängt schon beim ersten Gewaltausbruch an, der wie so viele Sequenzen von hinten nach vorne erzählt wird. Duffy präsentiert uns die Ausgangslage (Russische Mafia macht Trouble in einer irischen Bar) und das Ergebnis am nächsten Tag (zwei tote Russen). Was dazwischen liegt, findet für uns ein findiger, von sich überzeugter und verdammt exzentrischer Willem Dafoe als schwuler Ermittler im organisierten Verbrechen heraus, der den tumben Bostoner Polizisten erstmal ihre eigene Blödheit auseinandersetzt. Eine Rückblende klärt uns dann über die wahren Vorkommnisse auf, die dermaßen unvergeßlich sind (ein Toilette als Wurfgeschoß), daß die Bilder auch später noch haften bleiben.
Auf diese oder ähnliche Weise reiht sich Set Piece auf Set Piece, Dafoe immer den entscheidenden Schritt hinter den Brüdern, die bald noch einen Kumpanen aus der Italo-Mafia mitmachen lassen, während selbst Dafoes Smecker bald vertraut sympathische Gefühle für unsere Helden in sich spürt.
Diese Sympathie ist dann auch der große Rutschfaktor in dieser Produktion, die zum Schluß auf der Straße Umfragen betreibt, ob sie das Verhalten der Brüder gutheißt oder nicht, denn wenn das Ergebnis zählt, was kümmern da noch die Mittel. Doch Duffy scheint zu viel Freude an der Produktion zu haben, um sich um so etwas zu kümmern und ballert auf alles, was irgendwie ein Ziel abgibt. Hier bekommt jeder mal sein Fett weg.
Kein Set Piece, in dem nicht irgendein denkwürdiges Bild im Gedächtnis zurückbleibt, zwischendurch immer wieder krasse Bilder oder Überraschungen, die einen aus dem Sessel treiben (Ausbrennen von Wunden mit einem heißen Bügeleisen/ die Erschießung der Katze). Die reichlichen Schießereien sind knallig und blutig, mit immer neuen visuellen Schmankerln angereichert (spät im Film erklärt Dafoe der Hergang des Gefechts und taucht für den Zuschauer in die Szenerie ein, dirigiert schließlich die Ballerorgie zu klassischer Musik), die Dialoge reichlich poitiert und immer für einen Witz gut ist.
"Der blutige Pfad..." ist gleichzeitig ein frischer Wind in den Videotheken und ein Schlag in die Magengrube, da können die Komödienfreaks ebenso drauf pochen wie die Gegner explizierter Gewaltverherrlichung, die hier nun wirklich ganz dick über dem Eingang steht.
Leider hat der Segen am Ende keinen knalligen Abschluß, sondern läuft zahmer und ruhig aus, als der Film manchmal zwischendurch war. Aber allein für die Leistung von Willem Dafoe, der vermutlich Jahre auf so eine Rolle hat warten müssen (allein sein überheblich-kompetenter Umgang mit den Polizisten, denen er für Aufträge den Arm um die Schultern legt und seine deduktiven Fähigkeiten dürfen in Endlosschleifen laufen), sollte man hier nicht vorbeigehen.
Sicherlich kann man das hier ideologisch noch diskutieren, aber letztendlich ist das auf Unterhaltung zugeschnittene B-Ware mit hohem Gewaltlevel und wunderbar dahinkrachenden und treibendem Soundtrack. Gerät also zur Nebensächlichkeit. Die Zielgruppe dürfte trotzdem sehr speziell sein. Aber auch sehr treu.
Ein wildes Ding! (8/10)