Review

Wie verwerflich ist es einen Menschen zu töten, der es nicht verdient hat die Luft zu atmen? Sei es durch Mord an Unschuldigen oder sonstigen Gräultaten. Diese Frage wirft sich auf wenn man sich 105 Minuten Zeit lässt und Troy Duffys „Boondock Saints“ sieht. Durchaus ein nicht mehr so geheimer Geheimtipp der viele Diskussionen auslöst und zum nachdenken der blutigen Selbstjustiz anregen möchte.

Dabei fängt es doch so harmlos an. Spackige Mafiarussen sorgen im heimischen Pub der beiden McManus Brüder für Wirbel. Darauf folgt jede Menge Ärger mit allen Formen der Mafia in Boston. Die Berufung der Brüder wird ihnen über Nacht klar. Sündige Menschen die durch Korruption, Mord oder Drogenhandel scheinbar immer davon kommen, sollen kräftig ihr Fett weg bekommen. Und zwar von Gott persönlich. Klingt zugegebener Maßen sehr nach religiösem Wahnsinnsgesäusel. Hier stellt sich die Frage nach der Moral, bis zum Ende des Filmes und drüber hinaus nach mehrmaligen Sehen weiterhin.

Genug vom Inhalt, sehen wir doch ob der Film überhaupt selbst eine Daseinsberechtigung besitzt. Eine vermeintlich simple Selbstjustiz Story wurde hier fein, kritisch und einfach grandios in Szene gesetzt. Fern ab von Trash B-Movies mit einem entlaufenden Dolph oder Dudi oder wie die Konsorten alle heißen. Daher fern ab von schlechten Darstellern und dumpfer Action. Kurzum: Ein interessantes Werk ist hier garantiert.

Geht man die Darstellerliste durch, kommen einem die meisten Schauspieler nicht bekannt vor. Lediglich Willem Dafoe und US-Porno Spezi Ron Jeremy mögen einem bekannt vorkommen. Das ist aber überhaupt kein Beinbruch. Flanery und Reedus gehen in ihren Rollen komplett auf und überzeugen darin auch. Genau wie der ständig hyperventilierende Rocco (genannt der Witzbolt) der einfach mal mit einem Schlag auf den Tisch eine Katze an die Wand brettert, sich bei einem Einsatz als Tittengrabscher entpuppt oder wie ein wahnsinniger um die Gegend schießt. Ein Seil würde Rocco sicher nicht brauchen ;-)

Auch der Rest der Darsteller können überzeugen. Mafiosis in allen lustigen Varianten. Ob russisch oder italienisch, es ist alles dabei. Auch trottelige und komplett unfähige Polizisten sind am Werke. Ich denke aber neben Willem Dafoe würde jeder Ermittler schlecht aussehen. Selbst wenn man mal richtig liegt (1 Mann mit 6 Waffen).

Nun aber zu einer Schauspielleistung die den Film abrundet und das dicke I-Tüpfelchen setzt. Selten habe ich einen Schauspieler so vertieft und perfekt in eine Rolle gesehen wir Willem Dafoe, der einen allwissenden klugscheißenden schwulen FBI-Agent spielt. Der gerne mal Theorien aufstellt und die Kollegen gerne mal zur Schnecke macht. Und, das sollte man nicht vergessen, jeden Tatvorgang schier in einer Broadwayreifen Präsentation darstellt. Nebenbei bemerkt er auch noch das Ammoniak Blut unidentifizierbar macht. Natürlich hat das die vermeintliche Aushilfsstudentin nicht gewusst. Auch beweist Dafoe hier, das er sein ganzes Herzblut in diese Rolle gesteckt hat. Ob als verkleidete Tunte oder als knallharter FBI-Fuzzie, er schafft es einfach zu unterhalten.

Grandiose Shootouts unterlegt mit Chorknabenmelodei a´la John Woo sind hier das Resultat. Nur das Duffy kein Vermögen mit 6 Mio US-$ in den Film investieren brauchte oder wollte. Das spielt sowieso keine Rolle, da die Actionszenen wirklich perfekt choreographiert sind, und auch nicht in einem Overkill enden. Sehr gut abgestimmt.

Die Struktur des Films ist interessant. Derbe Humoreinlagen aus dem Nichts (ähnlich wie z.B Travoltas „Hirneinsatz“ bei Pulp Fiction) geben sich mit dramatischen Actionszenen die Klinke in die Hand. Der Zuschauer bekommt von dem Film also mal ein freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, dann plötzlich stößt er dich zu Boden. Dann hilft er dir wieder auf die Füße und sobald du stehst, folgt wieder ein Stoß, dem folgt eine harter Tritt in die Magengrube am Ende des Films.

Ich sagte mir nach einer langen Pause ohne jegliche Zeit und Muße: „Wenn ich mich mal wieder durchringe zu einem Review, dann über „Boondock Saints“. Da hier ein Werk vorliegt das die Zuschauer sehr spaltet. Partyfilm mit Freunden oder Gesellschaftskritik mit Notizblock auf dem Schoß.

Den Vergleich zu Tarantinos Werken möchte ich nicht unbedingt ziehen, ich tu es aber mal. Da dieses Werk mich besser unterhalten hat als ein Tarantino Werk (Pulp Fiction liegt nur knapp dahinter). Komplett geistloses Gesülze wie in Reservoir Dogs, keine unnützen Platzfüller Szenen die gut und gerne mal eine halbe Stunde in Anspruch und die Story gerade mal einen Nickel weiter bringt sind hier Fehlanzeige. Ganz ehrlich von Tarantino hab ich erstmal die Nase voll, also genug von auf Kult getrimmte Brutaloorgien a´la Kill Bill, die dennoch unterhalten mit fliegenden Köpfen und „Cool abgelederten“ Stars.

Besonders gespannt kann man die nächsten Jahre erwarten. Da eine Fortsetzung seit Jahren in den Startlöchern steht und mit einer Reihe von Komplikationen 2009 in die Kinos kommen wird. Mit dabei werden natürlich wieder die McManus Brüder sein, in Originalbesetzung. Dennoch blicke ich skeptisch voraus. Das tue ich allgemein auf Fortsetzungen grandioser Filme. Aber das Troy Duffy erneut Regie führen wird beruhigt mich doch sehr.

„I see a Bad Moon a rising“
„I see trouble on the way“

Damit blicke ich nicht auf die Fortsetzung voraus. Sondern allgemein passen diese Textzeilen aus „Bad Moon Rising“ von CCR in 2 Dingen sehr schön. Zuerst einmal im Hinblick auf die Story. Eine fliegende Toilette und eine Eingebung sind ausschlaggebend für eine blutige Reise der beiden Christlichen Kompanen durch das Kruppzeug der Mafia. Und ähnlich wie die Band Creedence Clearwater Revival hat auch dieser Film eine ungeheure Klasse, die leider nicht allen zu Teil haben wird, außer man verirrt sich mal in einer Videothek oder wie in diesem Falle in einen Plattenladen.

Fazit: Bleibt zu sagen, das Troy Duffy ein atemberaubendes Meisterwerk mit wunderbaren Shootouts, einer simplen Story mit tollen Einfällen geschmückt hat und wir sehen einen Willem Dafoe der abgeht in seiner Rolle wie ein Zäpfchen. Schwarzer Humor ist immer grandios als Beilage in den Stoff gestreut und ob man sich den Film mit der Message zur Selbstjustiz zu Herzen nimmt oder nicht, wären die McManus Brüder in jedem Falle der Schrecken aller Verbrecher.

Also in diesem Sinne:

„Don't go 'round tonight
It's bound and take your life,
there's a bad moon on the rise“

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