Review

Mauerschall

„One, Two, Three“ ist der lustigste Film der Welt, den kaum einer kennt. Einer der witzigsten, schnellsten und spritzigsten dazu. Ein Höhepunkt im Schaffen von Billy Wilder - und der ist ja nicht irgendwer. Ich weiß nicht genau was ich zu dieser Cold War-Comedy sagen soll - denn sie hat mich sprachlos gemacht und ausgelaugt. Aber auf positivste Weise. Eine dieser Powerkomödien, die weder sich noch dem Zuschauer eine Atempause gönnen. 100 Minuten Vollgas. Lustiger als „Some Like It Hot“. Ja, ich habe es gesagt. Und der ist immerhin einer meiner drei liebsten Filme überhaupt. „One, Two, Three“ ist eine Wucht. Mutig, knackig, sexy. Nicht neutral, aber alles andere als einseitig oder gar feige. Vom Kapitalismus bis zum Kommunismus kriegt hier alles und jeder sein Fett weg. Wilder war einer der Wenigen, die kein Blatt vor den Mund nehmen musste. Und das hier ist durch und durch sein Baby. Damals zu viel für das Publikum - heute jederzeit einer grandiosen Wiederentdeckung standhaltend. Wahnsinn! Die Handlung spielt kurz vor dem Mauerbau: der Kopf der Coca Cola-Niederlassung in West-Berlin muss mehrere Wochen auf die Tochter seines Chefs aufpassen, die immer wieder die Grenze Übertritt. Nicht nur in den Osten... 

Zuerst einmal muss man das Drehbuch preisen. Das Ding geht ab, als ob kurz danach der kalte Krieg eh alles auslöscht. Ohne Rücksicht auf Verluste und Opfer und Grenzen und Tabus. Wilder war Wilder nie, er haut hier alles raus. Und James Cagney spuckt die tausenden Dialogsalven wie ein Maschinengewehr. Wahrscheinlich die Krönung dieser Hollywoodlegende. Boss! Zudem gibt es einige damalige deutsche Stars und Sternchen, wie Horst Buchholz oder Liselotte Pulver (was eine Bombe, ganz nah an Marilyn!), die nicht nur etwas fürs Auge bieten, sondern auch eine Menge Charme und Flair und Heimat in den Ring werfen. Es gibt sogar starke Autoverfolgungsjagden. Alles dabei. Doch im Grunde gibt das Script den Takt vor, der schneller abgeht als es jeder Actionfilm je könnte. Ein außerirdisches Tempo, das man heutzutage einfach mal gar nicht mehr gewöhnt ist. Dagegen wirkt jede aktuelle Komödie wie im Schneckentempo. Und hinter allem stecken genug Schatten und Facetten und Wahrheiten, von herrischem Imperialismus bis zu brauner Vergangenheit, die dem locker-rasanten Treiben durchaus mehr Tiefe und Beständigkeit verleihen, als man auf den ersten Blick meint zu sehen. „One, Two, Three“ ist ein Erfolg auf ganzer Linie und ich musste durchgehend laut lachen. Sehr laut. Von Zoten über Slapstick oder Screwball bis zu politischen Spitzen, hier wird für jeden etwas geboten. Witze auf allen Niveaus und Ebenen. Brillant geschrieben, perfekt inszeniert, bombig gespielt. Eine multikulturelle Zusammenarbeit bzw. ungewöhnliche Konfliktlösung, die aus eiskalten Themen und Konflikten unsterblichen Witz herauskitzelt. Kurz bevor es richtig kritisch wurde. Ein absolutes Kind seiner Zeit, das jedoch noch immer komplett funktioniert und mich umgehauen hat. Tutto kompletto. „Sitzen machen!!!“.

Fazit: ein atemloses Energiebündel. Und wahrscheinlich Wilders unterschätzteste Kostbarkeit. Schneller als die Polizei erlaubt, frecher als es Hollywood gewohnt war, lustiger als die Leute es damals verstanden - „One, Two, Three“ ist ein Comedyblitzkrieg, bei dem man kaum weiß, wie einem geschieht. Egal ob Ost oder West, Ami oder Russki, Cola oder Pepsi - das Ding ist'n Feger! 

P.S.: Um jeden Preis im O-Ton gucken! Und eine Blu-ray wäre mehr als überfällig! (Letztere gibt es nun endlich in UK, jippih!)

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