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"Wenn ich sage, die Vögel sollen tot von den Bäumen fallen, dann fallen die Vögel tot von den Bäumen herunter."

Mit dieser Aussage kann man Aguirre, den "Zorn Gottes", als den er sich selbst bezeichnet, kurz und bündig definieren. Er ist machtbesessen und größenwahnsinnig. Eine Expeditionstruppe der spanischen Armee, darunter besagter Aguirre, macht sich zum Jahreswechsel 1560/61 auf, das Gold versprechende Land El Dorado zu suchen. Schon bald macht sich Aguirre selbst zum Anführer der Truppe und versucht, auf eigene Faust das Goldland zu suchen.

Machtbesessenheit und Größenwahn sind auch die beiden zentralen Aspekte, derer sich der Film bedient. "Aguirre, der Zorn Gottes" zeigt, zu was Menschen in der Lage sind, wenn ihnen Reichtum winkt. Das Problem hier aber ist, dass das mit dem Goldland El Dorado nur ein Gerücht oder eben eine Lüge ist und die Expedition von Anfang an zum Scheitern bestimmt ist. Doch Aguirre, der eigenmächtig Philipp II. von Spanien absetzt und seinen direkten Kontrahenten um die Führerrolle des Trupps über den Haufen schießt, weiß von der nicht vorhandenen Existenz des zu suchenden Landes nicht. Bis in die Haarspitzen motiviert, diesen prächtigen Staat zu finden, der ihm und seinen Helfern unendlichen Reichtum beschert, versucht Aguirre, seinen Trupp immer wieder anzuspornen, wobei er ungern hintergangen wird und Verrat verabscheut. Denn er ist "der große Verräter" und jeder andere, der "untreu" ist, wird kaltblütig hingerichtet.

"Aguirre, der Zorn Gottes" ist also auch Charakterkino, mit eben jenem Aguirre in der zentralen Rolle. Wenn also schon ein Werner Herzog die Fäden des Films zieht, liegt auf der Hand, dass ein gewisser Herr Kinski engagiert wird, der auch gleich mal wieder seine Kollegenriege an die nicht vorhandene Wand ihres Floßes spielt. Wer passt besser in solch Rolle als ein Klaus Kinski ? Mit seiner beängstigenden, aber ebenso atemberaubenden Mimik gibt er den überaus zielorientierten, macht- und geldgeilen Anführer seiner Gruppe, der bis zuletzt daran glaubt, auf gesuchtes Land zu stoßen. Während andere dem Fieber zum Opfer fallen und erliegen, dreht der verwundete Aguirre einsam seine Runden auf dem ruinierten Floß und schwingt noch große Reden über seine Zukunft. Seine übergebliebenen Begleitet faseln im Fieber über Halluzinationen, können sich nicht mehr auf den Beinen halten und spüren noch nicht einmal so etwas wie Schmerzen. Klar hat Aguirre die strapaziöse Suche auch zu schaffen gemacht, doch wenn er über seine prunkvolle Zukunft philosophiert, wo eigentlich längst klar ist, dass diese ausgemalte Zukunft nur ein zwanghaftes Wunschdenken darstellt, dann hat man zumindest bei ihm nicht den Eindruck, dass diese Gedanken mit dem Fieber zu tun haben. Von Anfang an, die ersten 15 Minuten vielleicht mal weggelassen, kennt Aguirre nichts Anderes als das Gold und den damit verbundenen Reichtum. Und für diesen würde er alles tun.

Die erste Viertelstunde wird überwiegend von Naturbildern beherrscht, angefangen von ein paar nebligen Aufnahmen eines Berges, auf dem sich der Trupp langsam voran schlängelt, bis hin zu interessanten und recht aufwändig wirkenden Szenen in der Dschungelgegend. Begleitet werden solche Sequenzen stets von dem psychotisch-hypnotischen Soundtrack, der irgendwie die schwüle und angespannte Atmosphäre der Suchenden herrlich und gekonnt einfängt und vermittelt.

"Aguirre, der Zorn Gottes" stellt wunderbar zeitloses Kino dar, das zwar im Jahre 1650 spielt, aber auch heute noch von größter Bedeutung und Aktualität ist. Der Mensch mit dem Gedanken an sichere Macht und großem Reichtum und sein Weg dorthin. Von Nichts und Niemandem lässt er sich von seinem Ziel abbringen. Wer stört oder nicht spurt, wird aus dem Weg geräumt.

8/10 Punkte

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