Review
von Leimbacher-Mario
Reben, Romantik und Regierente
Durch Filme aka Ärgernisse wie „The Counselor“, „Exodus“, „Alien: Covenant“ oder eben „A Good Year“ kommt bei mir immer wieder der Gedanke auf: „Hat Ridley Scott seit 20 Jahren, seit „Gladiator“, eigentlich noch einen guten Film abgeliefert?“. Dabei vergisst man dann etwas zu engstirnig klasse Titel wie „Der Marsianer“, „American Gangster“ oder „The Last Duel“. Dennoch wirkt gerade so etwas wie „A Good Year“ doch arg wie das filmische Äquivalent zu eingeschlafenen Füßen. Immerhin hübsche, gut gebräunte und leicht angeschwipste Füße. Mit französischem Akzent und leichter Erotik. Aber eingeschlafene Füße nichtsdestotrotz. Als ob der Altmeister einen tollen Urlaubs- und Weinsommer in Südfrankreich durchziehen und dabei eben einen seichten Film machen wollte. Das hat er dann auch geschafft. Dennoch würde ich etwa „Sideways“ als „Weinfilm“ jederzeit weit vorziehen. Erzählt wird in „A Good Year“ von einem Londoner Börsenkönig, der das riesige und nicht mehr ganz rüstige Weingut seines Ziehonkels in Frankreich erbt - und dabei (wie sollte es auch anders kommen) natürlich die simplen, schönen und sinnlichen Dinge des Lebens wieder schätzen lernt. Wein, Weib und warmer Wind. Bliblablub.
„A Good Year“ ist ein wenig in sich selbst verliebt, tonal sehr konfus und oft passenderweise etwas angeschickert. Die Bilder des Guts, der Weinfelder, der Käseplatten und von Marion Cotillard - das ist alles schon wunderschön. Und einem Film mit Alizees „Moi Lolita“ kann ich nie im Leben zu böse sein. Und trotzdem wirkt dieser Ridley Scott teils arg faul. Erst recht bei sehr fühlbaren zwei satten Stunden Laufzeit. Die Message ist plump. Das Spiel der Stars wirkt nicht immer sensibel oder nuanciert, gerade Crowe schießt oft drüber. Das Drehbuch bleibt ein Hauch von nichts und dümpelt oft nur vor sich her. Klar, das ist auch der Punkt des Films. Einer, der versucht sich und dich treiben zu lassen. Ein Genießer. Und dennoch auch ein Langweiler, Blender und Nichtssager. Er bräunt sich in der Sonne, hat wenig Drama, Konflikte oder Spannung, ist ausrechenbar wie das kleine Einmaleins. Ein sonniger Datefilm. Netflix&Chill-Futter im klassischsten und fummeligsten Sinne. Da verpasst man nix. Aber kein Werk, mit dem sich Scott mit Ruhm oder Esprit bekleckert. Ganz und gar nicht.
Fazit: wie der lahmste und abgestandenste Danny Boyle aller Zeiten - „A Good Year“ wirkt eher wie ein (immerhin oft extrem hübscher) Urlaub für Ridley Scott und Team. Ein brauchbarer, aber kein bleibender Jahrgang. Mit unschönem bis kitschigem Abgang.