Endlich wieder ein Film der seinen Plot zirkulär und mit der Verflechtung von vier Storylines aufbaut.
„Babel“
Die Methode ist zwar altbekannt, doch nach wie vor wirksam und unterhaltsam.
Zur Story:
Ein Ehepaar (Cate Blanchett und Brad Pitt) verbringt seinen Urlaub in Nordafrika. Ein Schuss aus einem Gewehr, welches ursprünglich einem japanischen Safaritouristen mit einer taubstummen Tochter gehörte, trifft die Frau an der Schulter, so dass sie zu verbluten droht. Es wird ein terroristischer Akt vermutet, doch die Täter sind zwei junge Ziegenhirten. Die Kinder des Ehepaares sind in der Obhut einer mexikanischen Einwanderin, die sie auf die Hochzeit ihres Sohnes mitnimmt...
Demnach haben wir es hier mit vier übersichtlichen Plots zu tun.
Somit wird die Kritik viergeteilt:
Zum Plot mit den zwei jungen Ziegenhirten:
Authentisch gezeichnet sind die Familienverhältnisse dieser traditional strukturierten Familie. Die beiden Söhne müssen hart anpacken und überzeugen mit ihrer Darstellung, indem sie aus jugendlichem Leichtsinn unschuldig schuldig weden. Die Kultur- und Mentalitätsfacetten werden vorurteilsfrei und realistisch dargestellt.
Einzig störend ist die Masturbationsszene des einen Jungen, die wahrlich nicht den Fortlauf der Story unterstützt, sondern eher als selbstsüffisanter Aspekt Eingang in diesen sonst sehr schlüssigen Plot bringt.
Zum Plot des Ehepaares:
Blanchett und Pitt überzeugen auf ganzer Linie. Die Ehe ist am zerbrechen und die Extremsituation rüttelt beide auf und führt zu einer Rückbesinnung auf das, um was es eigentlich geht: Liebe und Hilfsbereitschaft!
Hier werden auch die Ängste vor einer fremden Kultur kritisch präsentiert, was sich an den Touristen deutlich manifestiert, die leider nicht eines besseren belehrt werden können, weil sie sich zuvor dieser Erfahrung entziehen!
Zum Plot der Kinder des Ehepaares:
Auch hier werden kulturelle Unterschiede zum Sujet des Films, doch als Kind geht man unvoreingenommener und verspielter auf Neues zu. Diese Form von Vertrauen wird jedoch, obwohl alles so schön und verspielt anfängt, partiell zerstört. Der betrunkene Neffe der mexikanischen Haushaltshilfe rastet an der amerikanischen Grenze aus, so dass sich die Haushälterin samt ihren Schützlingen in der Wüste befinden und zu sterben drohen...
Störend wirkt hier eine Tiersnuffszene, welche wohl die kulturellen Eigenarten der Mexikaner aufzeigen sollte. Meines Erachtens hätte man sich das sparen können.
Zum Plot der taubstummen Japanerin:
Um es vorweg zu sagen: Der beeindruckendste und emotional intensivste Plot, der durch perfekte Schauspielkunst seitens der Protagonistin,zu überzeugen weiß. Die auditive Beeinträchtigung wird ins Zentrum gerückt und belegt das Vorurteile immer noch gang und gebe sind. Traumatisiert durch den Tod ihrer Mutter und in ihren adoleszenten Bedürfnissen nach körperlicher Nähe durch ihre Gehörlosigkeit „ignoriert“, tritt sie in die offensive, die sie an ihre Grenzen bringt.
Ein Film der eigentlich bewegen müsste. Ist doch der Grundtenor jeder Episode das Missverständnis in seinen unterschiedlichsten Facetten. Trotz intensiver und partiell schockierender Bilder (Tiersnuff und onanierender Junge) bleibt der Film in seiner Aussagekraft unterschwellig.
Die darstellerischen Qualitäten sind durchweg perfekt, speziell die Episode in Japan kann zu 100% überzeugen.
Was bleibt ist wohl ein latentes Unwohlsein, was aber einer rapiden Verdrängung unterliegt, denn Opfer von Missverständnissen sind wir alle und diese Problematik scheint wohl nicht völlig aufgehoben werden zu können.
Bemängelnswert an „Babel“ sind meines Erachtens die zwei Szenen die den Plot und das Verständnis für kulturelle Unterschiede nicht weiterbringen. Das Töten von Tieren nur für einen Film, um zu schockieren ist primitiv. Weiterhin ist die angedeutete Masturbationssequenz des jungen Ziegenhirten, ich schätze ihn mal auf neun bis zehn Jahre, unnötig. Das hat nichts mit Verklemmtheit oder dergleichen zu tun, sondern markiert mal wieder eine Schwelle zur Kollektivdesensibilisierung, auf potenziell verhandlungsmoralische Tabubrüche, die mittels „Kunst“ legitim werden.
Nichtsdestotrotz ist Babel ein unterhaltsamer und kurzweiliger Film, der trotz dieser zwei Schwachstellen sehenswert ist.
8 Punkte