Wer gewalttätige Spielfilme guckt, läuft Gefahr, selbst gewalttätig bis hin zum Mörder zu werden – solche und ähnliche Aussagen sind natürlich Humbug, wenngleich sie mittlerweile seit Jahrzehnten und analog zu Computer-/Videospielen u.ä. nimmermüde kolportiert werden, um einfachste Antworten auf zumindest ein bisschen komplexere Fragen zu finden oder auch bewusst von den wahren Ursachen für physische Gewalt abzulenken. Dass diese Form der Hysterie im Jahre 1980 bereits ähnlich ausgeprägt war wie heutzutage, darf stark angezweifelt werden; nichtsdestotrotz setzte sich US-Regisseur und -Drehbuchautor Vernon Zimmermann bereits damals mit diesem Thema auseinander – und zwar in Form eines etwas unglücklich als Horror-Thriller vermarkteten Low-Budget-Dramas namens „Fade to Black“, das in Deutschland den blumigen Titel „Die schönen Morde des Eric Binford“ bekam und nach zwei Arbeiten aus den Jahren 1972 und ’73 sein dritter Spielfilm wurde.
Der junge Eric Binford (Dennis Christopher, „Es“) verdingt sich als Auslieferer von Filmrollen und ist auch privat vollends von diesem Medium eingenommen: Er schaut sich einen Film nach dem anderen an, worin er aufgeht und wodurch er sich von seinem unwirtlichen wahren Leben ablenkt: Er ist ein einsamer Eigenbrötler, der mit seiner querschnittsgelähmten Tante (Eve Brent, „The Green Mile“) zusammenlebt, die ihm die Schuld für ihre Behinderung gibt. Als er Marilyn (Linda Kerridge, „Planet des Grauens“) kennenlernt, tatsächlich ein Marilyn-Monroe-Lookalike, nimmt er den Mut zusammen, sie um ein Kennenlernen zu bitten und tatsächlich sagt sie zu. Doch als die junge Dame fatalerweise unabsichtlich den Termin verschusselt, brennen bei Eric die Sicherungen durch – diese eine Schmach war zu viel für den sensiblen jungen Mann. Er schlüpft in die Rollen berühmter Filmcharaktere und begibt sich auf einen Rachezug gegen alle, die ihm das Leben schwer machen…
Nein, dieser Film ist kein blutrünstiger oder spannungsgeladener Slasher oder Psycho-Thriller, sondern vielmehr ein leicht augenzwinkerndes Drama, das seinen Protagonisten einmal in die Tat umsetzen lässt, was so viele Sittenwächter fürchten, dabei jedoch verdeutlicht, dass nicht die Filme Ursache und Auslöser für Erics Feldzug sind, sondern seine unerquicklichen Lebensumstände, aufgrund derer Eric sich in eine Phantasiewelt flüchtet, die er schließlich auf tödliche Weise mit der Realität verknüpft. Erics unterschiedliche Kostümierungen sind echte Hingucker und natürlich ist der Film nicht nur mit entsprechender Deko wie echten Filmplakaten und ähnlichen Reliquien ausgestattet, sondern auch mit zahlreichen Zitaten von den Gangsterfilmen der 1930er-Jahre über Universals klassische Monster und den Film noir bis hin zu „Psycho“ in einer schönen Parodie der Duschszene gespickt und um kurze Filmausschnitte erweitert worden. Da lacht natürlich das cineastische Herz. Auch, den jungen Mickey Rourke („9½ Wochen“) als Proll ein Cowboy-Duell verlieren zu sehen, ist ein echter Hingucker.
Leider fehlen Zimmermann jedoch anscheinend die Inspiration und/oder das nötige Handwerkszeug, daraus einen über die volle Distanz fesselnden Film zu gestalten. Ab einem gewissen Punkt setzt er statt auf spannende Dramaturgie oder psychologischen Tiefgang stärker auf streckendes Beiwerk um den Polizeipsychologen Dr. Jerry Moriarty (Tim Thomerson, „Cosmo“), ohne dass dieser wirklich Erhellendes beitragen würde. Dafür funktioniert aber die ironische Komponente recht gut, wenn Erics Mordpläne einen anderen Verlauf nehmen als geplant. Wenn man aber schon einen Film mit einer Assoziationen an das Horror-Genre weckenden Prämisse vornehmlich in Dramaform umsetzt, hätte eine höhere Gewichtung der der Handlung immanenten Tragik das Ergebnis deutlich aufgewertet. So jedoch erscheint sie zu oft eher beiläufig – sowohl was Erics Vergangenheit als auch seine geplante Zukunft betrifft.
Letztendlich bleibt ein interessanter, ambitionierter Film, der viel auf sein eigenes Medium referenziert, dem aber die Puste auszugehen scheint. Insofern ist „Die schönen Morde des Eric Binford“ ein gutes Beispiel für einen Film, der wirklich einmal ein gut konzeptioniertes Remake verdient hätte, statt wie üblich in sich runde Werke des prognostizierten kommerziellen Erfolgs wegen in schwächerer oder entstellender Form neu zu verfilmen. Sonderlicher Erfolg war offenbar auch Zimmermann nicht beschieden, sodass dieser überzeichnete Ausflug in die angeknackste Psyche eines Film-Nerds (in dem sich manch Zuschauer möglicherweise stärker wiedererkennen wird, als ihm lieb ist) sein letzter Spielfilm blieb.