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Wenn man sich Gary Sherman als obskures Objekt der Sammelbegierde in den Kopf gesetzt hat, wird es einem nicht leicht gemacht. Immerhin hat der Mann den dritten Teil von Poltergeist verbrochen und noch ein paar weitere, meist unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit gelaufene TV-Produktionen, doch er ist eben auch Autor bzw. Regisseur von Dead and Buried und auch Death Line, zwei Filme, die das Horrorgenre nicht weiter neu definieren, aber ein gewisses Etwas haben. Wie es scheint, war seine Zeit auch die 80er, denn Wanted: Dead or Alive ist gerade noch in jenem Jahrzehnt gedreht worden.
Die Story ist zwar nicht der Wahnsinn, hat aber immerhin eine gewisse Daueraktualität im Hinblick auf die US-Außenpolitik und ihre internen Konsequenzen. Denn es geht um einen Kopfgeldjäger, der mit der Tatsache konfrontiert wird, dass ein superextraüberdupigefährlicher arabischer Terrorist Los Angeles mittels einer Riesenexplosion in einem Chemiewerk entvölkern will. Wrong City, aber sonst stimmt's. Bei Sherman ist aber eben nicht das "dass", sondern das "wie" ausschlaggebend und so sind schon mal die beiden Hauptprotagonisten und Gegenspieler ausgesuchte Meister des Szenefressens und veranstalten im vorliegenden Fall auch ein Festbankett der Sonderklasse. Rutger (Ver)Hauer läßt seinen "Hitcher" retrospektiv zu einem Buster Keaton Charakter (von der "Ernsthaftigkeit" des US-Komikmeisters her gesehen) verkommen, denn hier ist er so cool, dass er jederzeit Gefahr läuft, vor Lässigkeit aus seinem Mantel zu kippen. Doch es kommt noch besser: KISS-Langzunge Gene Simmons, auch er zeichnet sich schauspielerisch - wie übrigens auch musikalisch - nicht gerade durch großes Können aus, was aber durch Showmanship mehr als ausgeglichen wird (wir sind ja hier auch nicht bei Stanley Kubrick!), darf als erstaunlich authentischer Araber den schlafzimmerbeblickten Übersadisten raushängen lassen, wobei er wirkt, als ob die letzte durchkokste Nacht weiter ihre Wirkung gehabt hätte. Man kann annehmen, dass es dem Musiker jüdischer Herkunft ein gewisses sardonisches Vergnügen bereitet haben mag, einen Mufti-Terroristen zu spielen, dem am Schluss Rutger Hauers Granate die Birne wegsprengt. Some fun!
Mit diesen Voraussetzungen beginnt man natürlich schon zu bangen, doch erstaunlicherweise wirkt der Film besser als man erwarten möchte. Gut, wer seinetwegen eine sündteure Kinokarte löhnt, wird den eigenen Arschmuskel zerkauen, denn bei den heutigen Eintrittspreisen verbietet es sich eigentlich, low budget Sachen dieser Liga überhaupt noch in die Theater zu werfen, aber als Wühlkisten-DVD oder Zerstreuung an einem ruhigen Samstags-Fernsehabend ist das allemal eine passable Nummer.
Man belauert sich, sprengt sich gegenseitig in die Luft, läßt one-liner ab und wenigstens im Film kann zum Schluss der gute, blonde US-Amerikaner (holländischer Abstammung), dem bösen, zugedröhnten Sadisten aus dem Orient die Fresse noch ordentlich versemmeln. Ein weiterer erschütternder Beweis, wie weit die Fiktion von der Wirklichkeit verschieden ist. Zum Glück übrigens, denn DIESE Vokuhila-Toupets möchte ich aus gesundheitlichen Gründen nie mehr als Mode sehen, bitte!!
Was mir an Shermans Filmen zusagt, ist deren vergleichsweise langsame Schnittfolge. Ist heutzutage völlig atavistisch, weil der Videoclip mit seiner fatalen MTV-Ästhetik den Spielfilm weitgehend verseucht hat und somit alles, was langsam geschnitten ist, als "langweilig" erscheinen läßt. Ich bin da nicht ausgenommen, Geschwindigkeit reißt mit, ob man will oder nicht. Gerade deswegen ist mir das gedrosselte Tempo aber sehr lieb, zumal es eben die Spannungsbögen durchaus nicht zum Einsturz bringt. Ganz im Gegenteil, sie werden nur länger.
Kann man sich antun!

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