Warum eigentlich, in Gottes Namen, will wirklich jemand - und hier handelt es sich immerhin um einen namhaften Regisseur wie Wolfgang Petersen, der als einer der wenigsten in Hollywood das Recht auf den "final cut" hat - ein Remake eines Films von Irwin Allen anfertigen, der nun wirklich nicht als Meister der Substanz gilt, sondern eher als der Herrscher der aufgeblasenen, stargespickten und relativ logikfernen Katastrophenreißer der 70er? Es muß wohl entweder Altersdemenz oder die Liebe zu einem Klassiker aus der goldenen Jugendzeit sein, denn zu Zeiten der optisch perfekt umgesetzten Meteoriteneinschläge zu jeder besten Sendezeit, nimmt sich das Kentern eines Luxusliners mit anschließenden Durchqueren des auf den Kopf gestellten Schiffs irgendwie provinziell aus - da trauen sich kaum die TV-Filmer noch dran.
Petersen hat sich seinen Wunsch erfüllt, wahrhaftig begeistert war die breite Masse aber nicht.
Und das, obwohl Petersen die Sache so modern-postmodern aufzieht, daß es in Michael Bays wasserdichter Unterhose nur so schwappt: komplett ironiefrei, bis auf den Schmerz und die Action eingedampft, Schauwert auf Schauwert.
Heute bläst man die Weltvernichtungsschoten ja immer bis zur Tränengrenze auf: ganz große Gefühle, ganz viele amerikanische Flaggen, möglichst monumentale Bilder und funktionale Klischeegestalten für so gut wie jede Zielgruppe, damit sich auch jeder Zuschauer an irgendwas festhalten kann.
Das war schon in Allens Original so, das zwar nicht originell, aber doch optisch beeindruckend war und sich auf seine ausgepolsterten Figuren lehnte, die allesamt Hollywoodgarde Nr.1 auf dringender Hitsuche waren - von Shelley Winters bis Ernest Borgnine zogen sie vom Leder und Gene Hackman bot den geistlichen Antihelden, garniert mit der feinen Idee, die bekanntesten Gesichter im Verlaufe der Schiffswanderung in die nächste Welt zu befördern und die relativen No-Names durchkommen zu lassen.
Petersen hält sich bei der Besetzung an das gute, alte Prinzip und castet sich aus der B-Kategorie der bekannten Namen mit Kurt Russell, Richard Dreyfuss und Josh Lucas seine Heroen zusammen und garniert das dann mit ein paar frischen Jungvisagen ohne großen Wiedererkennungswert.
Doch ansonsten verzichtet er überraschenderweise auf den größten Schicksalsschmonz und dreht am Adrenalinrad: gerade mal 98 Minuten mit Nachspann ist der Spaß lang und damit konzentriert er sich ausschließlich auf seine Set Pieces. Ganz großes Actionkino solls werden und was die Designer da auf die Sound Stages gesetzt haben, was auch immer durchquert, überklettert und durchschwommen werden muß, es sieht herrlich aus und bricht langsam fröhlich auseinander, wenn nicht überflutet oder abgefackelt wird (Rauchentwicklung ist übrigens auch in diesem Film kein Problem in geschlossenen Räumen!).
Endlich also mal so wenig Sülze wie möglich, ein wenig Familienzusammenführung für den Ex-Bürgermeister von New York samt Tochter und Galan, der verwegene Spielerhero dazu, ein Kind, eine Angstgeplagte, ein wenig Opferfutter als Begleitung und Dreyfuss guckt traurig in die Runde. Zehn Minuten dürfen diese Figuren erklären, wer oder was sie sind, dann ist das alles für den Horst und es wird gekraxelt, denn da hat der Hauptdarsteller (die große Welle) schon zugeschlagen.
Aber wenn auch die schmerzerfüllten Leidensdialoge meistens wegfallen und nur das Notdürftigste überhaupt gesprochen wird: irgendwie kann man die Reizlosigkeit dann doch verstehen. Denn schlußendlich sind solche Sujets nichts für anspruchsvolle Dialogschmiede, man will ja dann doch die Guten und die Bösen und einfach nur mitfiebern.
Dazu läßt Petersens Version jedoch so gut wie keinen Platz. Es gibt keine Verschnaufpausen, kein Besinnen, Ausruhen oder Charakterwandel, nicht mal ordentlich streiten kann unser Grüppchen. Statt dessen gehts ständig mit knappem Schnitt gleich in die nächste schwindelerrgende Trickhölle, in der man prima ersaufen kann.
Nur, der Reiz für so unangenehme Locations liegt daran, daß man sich dann eben doch in die Rolle eines Mitlaufenden versetzt und sich und seine Reaktionen in den jeweiligen Notsituationen vergleicht, aber dazu braucht man Übersicht, Vorausschau, einen Plan.
Denn bietet Petersen aber nicht, in wahnwitzigen Tempo gibt ein augenrollender Josh Lucas stets die Richtung vor, rattert die nächste Raumvermutung herunter und gleich darauf weiß man sowieso nicht mehr, wo oben und unten ist.
Da hilft es wenig, daß er die innere Logik ausnahmsweise nicht ganz so brachial strapaziert und weitestgehend brauchbare Lösungen für die Probleme bietet - die Figuren kommen dem Zuschauer kaum nahe, sie sind maximal funktional, um zum nächsten "set piece" überzuleiten: jeder darf mal heulen, dolle helfen, ordentlich rumhängen, nur mit dem Reflektieren hat es Petersen nicht so, nicht mal als Dreyfuss dem Etagenkellner in die Fresse tritt, damit der sich endlich zu Tode stürzt, auf das der Altmime nicht vom Fahrstuhl erschlagen wird. War halt nötig in diesem Moment und dann ist die Sache auch schon vergessen.
Alles also nicht so klebrig, moralisch und abgeschmackt, aber als Ersatz gibts leider kaum Substanz, wenn man von den Bauten und den tollen Tricks mal absieht, das viele Wasser als gesunde, langsam anschwellende und allgegenwärtige Bedrohung aufzubauen, geht dem Regisseur jedoch leider auch ab, denn dazu müßte man mal verweilen.
Bleiben also Figuren, die einem leider genauso egal sind wie die Klischeeritter aus den alten und neuen Doomsday-Szenarios, wie immer dolle Tricks und eine ständig herumhetzende Dramaturgie, die alles in Bewegung hält, nur eben die Spannung nicht so recht.
Man kann also Allen dann doch nicht verschlimmbessern und abgedroschen ist auch mit CGI und Monsterbauten immer noch abgedroschen.
Nicht schlimm, aber leider Banane! (5/10)