Wolfgang Petersen kehrt mit der 160 Mio. Dollar teuren Katastrophenneuverfilmung „Poseidon“ zurück. Doch hat der Film die Qualitäten zum Kinosommer- Blockbuster 2006 oder ist er schon von vornherein zum Untergehen verdammt?
Die Gäste der Poseidon feiern ins neue Jahr hinein, als ihr Schiff von einer riesigen Welle erfasst wird. Der Luxusliner kentert und schwimmt fortan mit dem Kiel nach oben. Eine kleine, bunt zusammengewürfelte Gruppe Überlebender macht sich auf, die rettende Oberfläche zu erreichen, und der Wettkampf gegen Zeit und Wasser beginnt…
Nach einer kurzen Einführung der späteren Hauptpersonen legt Petersens „Poseidon“ ohne große Umschweife los. Denn es vergeht keine Viertelstunde, bis die riesige Flutwelle das Schiff trifft und die Katastrophe ihren Lauf nimmt. Zeit für die Charakterentwicklung der Figuren bleibt leider kaum und so begleitet der Zuschauer fortan eine Gruppe, von der er nicht viel weiß, bei ihrem Überlebenstrip durch das Innenleben des Ozeanriesen. Da hätten wir den Berufsspieler Dylan Johns, die junge Elena, den Playboy Lucky Larry, den schwulen Schiffsarchitekten Richard Nelson, die Mutter Maggie James, ihren Sohn Conor, den Ex- Feuerwehrmann bzw. ehemaligen New Yorker Bürgermeister Robert Ramsey samt seiner Tochter Jennifer und deren Freund Christian. Vielmehr erfahren wir von ihnen nicht und es ist anscheinend auch nie beabsichtigt gewesen, dass man sich mehr mit den Protagonisten beschäftigt. Denn Petersen macht schnell klar, dass der eigentliche Hauptdarsteller die Action und die Effekte sind, und die Figuren nur Mittel zum Zweck, um diese in Szene zu setzen. Zugegebenermaßen, was dem Zuschauer präsentiert wird, braucht sich vor keiner anderen Großproduktion verstecken. Es knallt an allen Ecken und Enden, überall fliegt einem das Schiffsinventar um die Ohren, Feuerwalzen fegen durch enge Gänge und dem Auge wird eine wahre Reizüberflutung zugemutet. Aber auch im optischen Bereich sind Mängel vorhanden, denn die computeranimierten Szenen können nicht durchgängig überzeugen. Als Beispiel sei nur der anfängliche Kameraflug rund um die Poseidon genannt, dem man seine virtuelle Herkunft allzu deutlich ansieht. Unter dem Strich bleibt neben den Spezial- Effekten und der reichhaltigen Action nicht viel übrig, was diesen Film ausmacht, und das reicht bei den heutigen Effektfeuerwerken, die von anderen Produktionen abgefackelt werden, einfach nicht mehr aus.
Eine weitere Schwäche des Films sind die diversen Löcher im Drehbuch, die teilweise Gletscherspaltenniveau haben. So im Fall von Christian. Nach der großen Katastrophe liegt er mit einem unter schweren Trümmern begrabenem Bein am Boden und ist nicht fähig ohne fremde Hilfe aufzustehen. Es bedarf zwei Frauen und einen Mann, die mit größter Mühe Christians zerquetschte Beine befreien, und schon in einer der nächsten Szenen hüpft er munter wie ein Kletteräffchen über Schluchten. Des Weiteren ist es merkwürdig, wie der junge Conor James plötzlich auf der anderen Seite von einem Gitter sitzt, während seine Mutter sich davor befindet, und er ihr nicht sagen kann, wie er dort hingekommen ist. Er war verschwunden und ist einfach dort wieder aufgetaucht- scheinbar wie hingebeamt. Aber die beiden genannten sind nicht die einzigen Logiklöcher, der Film bietet noch jede Menge davon.
Bei den diversen Kritikpunkten, die hier zur Sprache kommen, sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es durchaus auch positive Dinge zu berichten gibt. So besitzt der Film durchaus gute Spannungsmomente, die geschickt mit den Ängsten des Rezipienten spielen. Beispielsweise eine Szene, in der sich die Überlebenden über einen Fahrstuhlschacht hangeln müssen, dabei aber nicht wissen, dass sich der Fahrstuhl direkt über ihnen zum Absturz bereit macht.
Die Schauspieler des Films sind im Grunde nichts weiter als –teure- Staffage. Körperliche Fitness steht eindeutig über schauspielerischen Leistungen und keiner der Darsteller kann sein Können –falls bei manchem Jungstar überhaupt vorhanden- unter Beweis stellen. Selbst dem alten Hollywood-Haudegen Kurt Russel (Robert Ramsey) hat man nicht genug Entfaltungsmöglichkeiten gegeben und so bleibt für ihn, wie für den Rest des Casts, nichts weiter übrig, als zu klettern, zu schwimmen und auf sonstige Art und Weise die körperlichen Fähigkeiten zu präsentieren.
Insgesamt lässt sich sagen, dass „Poseidon“ sicherlich nicht der erwartete Blockbuster ist, denn er wimmelt von zu vielen Macken, die das Kinovergnügen trüben.