ACHTUNG, SPOILER!
Drei Jahre sind vergangen, seit die X-Men in "X2" das Publikum prächtig unterhalten haben. In dieser Zeit ist vor allem hinter den Kulissen eine Menge passiert. Bryan Singer, Schöpfer von Teil 1 und 2, übernahm "Superman Returns" von Brett Ratner. Fox wollte nicht warten, bis Singer mit Supi fertig war und strich ihn aus dem "X-Men 3"-Projekt. Singer nahm den Großteil seiner Produktionscrew einschließlich Cutter, Kameramen, Autoren etc. mit zu "Superman…". Fox beauftragte neue Leute für "X3" und heuerte nur sechs Wochen vor Drehbeginn Brett Ratner als Regisseur an. Ironischerweise hatte Ratner schon beim ersten "X-Men" den Regiestuhl an Bryan Singer abgeben müssen.. Somit hatte er nun die ultimative Chance, Fox und dem Publikum zu beweißen, dass er von Anfang an der Richtige für den Job gewesen wäre. Leider lässt er diese Chance weitesgehend ungenutzt.
Von der Regierung wurde ein Serum, genannt "die Heilung", entwickelt. Es unterdrückt das mutierte X-Gen und macht Mutanten somit wieder zu normalen Menschen. Magneto (Ian McKellen) sieht darin eine Bedrohung für die Mutantengemeinschaft und versammelt eine Armee um sich, um die Quelle des Serums zu zerstören. Es liegt an den X-Men, diesen Plan zu vereiteln. Doch Magneto hat einen Joker, der so mächtig ist, wie es kaum jemand erwartet.
Und damit schickt uns Ratner in routinierte 100 Minuten, deren klares Manko die Handlung ist. Man merkt dem Film zu jeder Sekunde das Fehlen von Singer und seinem Team an. Es gibt eine Fülle an neuen Cahrakteren, die alle unzureichend oder fast gar nicht eingeführt werden (Angel, Juggernaut, Kitty Pride, Beast etc.), alte Verwicklungen und Handlungsstränge werden zu schnell abgetan oder gänzlich gelöscht (so wird die Rivalität zwischen Pyro und Iceman auf zwei bis drei Szenen reduziert; Logans Identitätskonflikt war gar nicht mehr vorhanden) und frühere Figuren wurden komplett gestrichen (wo war Kurt Wagner?). Auch passiert eigentlich sehr viel in dem Film, wodurch fast jede Szene zu schnell abgetan wird und somit die richtige Würze fehlt und man als Zuschauer ständig einen faden Beigeschmack hat (zum Beispiel die Wiederauferstehung Jean Greys und der Tod von Scott). Dafür, dass der Film aber sehr vollgestopft ist, ist es fast schon bemerkenswert, wie schleppend und schlicht langweilig das Geschehen manchmal, vor allem in der Exposition, gerät. Eine Spannungskurve fehlt völlig und das Storygerüst wirkt wie ein einziges, schlechtes Konstrukt, weshalb es fast unmöglich ist, emotional an dem Geschehen beteiligt zu sein. Punkten kann der Film nur an den Stellen, an denen ungeahnte Überraschungen vorkommen und so die Weiche auf Dramatik und Spannung gestellt wird. Dies ist zum Beispiel in der Sequenz, in der Jean den Professor tötet, sowie am Ende, als Logan Jean aufzuhalten versucht, der Fall. An Stellen wie diesen fiebert man wahrhaftig mit. Leider beschränken sich solche Glanzmomente im Film auf etwa zehn Minuten. Der Rest dümpelt uninspiriert vor sich hin. Unnötige One-Liner und eine zum Großteil unmotivierte und elanlose deutsche Synchronisation trüben das Erlebnis noch mehr.
Technisch gibt es allerdings nichts zu meckern. Gut inszenierte Action und hervorragende CGI geben sich die Klinke in die Hand. Die Sequenz mit der Golden Gate Brigde und das Finale auf Alcatraz waren schon eine Klasse für sich.
Bis zum Ende gibt es überraschend viele Voll- und Halbverluste, aber natürlich bleibt die Hoffnung am Leben. Der Schlussgag ist so überflüssig wie ein Ohr am Hintern und macht den Film nicht wirklich besser.
Fazit:
"Der letzte Wiederstand" ist ein netter Titel, denn der Einzige, der sich hier freuen kann, ist der, der dem Kinobesuch eisern widersteht. Die Geschichte war zwar nach Teil 2 nicht fertig erzählt, aber Teil 3 befriedigt nicht wirklich als Abschluss. Was dort über die Leinwand flackerte, war lieblos hingerotztes Kino auf technisch sehr hohem Niveau. Seelenlos zusammengeschustert, ohne Sinn für Dramaturgie und Charakterbeziehungen. Wenn eine "emotionale Achterbahnfahrt" oder "Kino der Superlative" so aussehen soll, dann frage ich mich, ob einige Kritiker einen anderen Film gesehen haben, als ich. Brett Ratner hats vergeigt. Aber ich will ihn nicht mal beschuldigen. Schuld hat Fox. Hätten sie nur mehr Geduld gehabt und Bryan Singer die Sache machen lassen. Mit einem Wort: enttäuschend.
5 von 15 Punkten (4)