Man kann es drehen und wenden wie man will – zuerst einmal handelt es sich hier einfach um eine Comicadaption in deren Mittelpunkt Menschen stehen, die besondere Fähigkeiten haben und die es entsprechend ordentlich krachen lassen.
Man merkt deutlich,mit welcher Lust an der Erfindung sich die Drehbuchautoren hier ausgelebt haben und so immer neue „Kreationen“ auf die ahnungslose Menschheit loslassen.
Dabei gehen sie zwar weit über die Comicvorlage hinaus, allerdings ähneln sich manche Mutanten auch immer mehr, so daß teilweise Fähigkeiten kombiniert werden wie bei der Mutantin, die blitzschnell an einen anderen Ort springen kann (hatten wie schon mal so ähnlich) und dazu noch andere Mutanten klassifizieren und aufspüren kann.
Zusätzlich handelt es sich eben um eine dritte Folge und das ist wörtlich zu nehmen. Wie in Comics üblich – und das gilt besonders für die Marvel-Comics - bauen die Folgen systematisch aufeinander auf und setzen deshalb bestimmte Grundkenntnisse voraus (in „Spiderman“ kommt auch keiner auf die Idee in jeder Folge den Spinnenbiss zu wiederholen).
Trotzdem kann auch dieser dritte Teil ohne Vorkenntnisse genossen werden, allerdings müssen kleinere Abstriche in der Charakterisierung einiger Figuren gemacht werden, die comictypisch von Folge zu Folge verfeinert wurden und z.B. bei Rogue oder Mister X hier nur sehr gering ausfallen.
Zu Beginn demonstriert „X-Men 3“ deshalb auch die positiven Errungenschaften des zweiten Teils – der amerikanische Präsident bekämpft nicht mehr die Mutanten, sondern hat sogar extra einen dieser Spezies in seine Regierung berufen.
Unabhängig davon bleibt beim Betrachter das unangenehme Gefühl zurück, daß mit dieser administrativen Maßnahme eher die Gemüter nach außen hin beruhigt werden sollen, denn intern arbeiten die „normalen“ Menschen an einer Aufrüstung gegen die Mutanten.
Und das ist durchaus verständlich, wenn man bedenkt wie mächtig einige von Ihnen sind und gerade die Regierung der USA ja sehr ungern ihre Kontrolle verliert.
Die Gruppe um Dr.Xavier hat dabei die unangenehmste Aufgabe, denn sie propagiert einerseits, daß eine Mutation keine Krankheit ist und entsprechend angenommen werden sollte, andererseits versucht sie sich mit den normalen Menschen zu arrangieren, die erhebliche Ängste und Vorurteile gegen die Mutanten zeigen.
Da kommt die Truppe um Magneto deutlich cooler rüber. Diese ist sich einig in ihrem Kampf gegen das US-Regime und als dann noch ein Gegenmittel gegen das Mutanten-Gen auftaucht, was natürlich prompt von der Army als Munition verwendet wird, schließen sich alle freiheitsliebenden und überzeugten Mutanten zum gemeinsamen Kampf zusammen.
Wäre da nicht Wolverine, sähe dagegen die „X-Men“ – Truppe eher aus wie eine Ansammlung von Musterschülern, adrett gekleidet und mit anständiger Frisur.
Dazu gehörte auch einmal Jean Grey, die aber in Teil 2 verstarb. Das das aber noch nicht Alles mit ihr war, erkennt der aufmerksame Zuschauer gleich an der ersten Szene des Films, die zusammen mit der zweiten Szene schon deutlich macht, mit welcher herausragenden Qualität jenseits schnöder Comicverfilmungen wir es hier zu tun haben.
In einer Rückblende von 20 Jahren sehen wir Dr.Xavier und Magneto gemeinsam die junge Jean Grey aufsuchen. Dabei wird schnell klar, daß das Mädchen nicht nur über schier unbesiegbare Kräfte verfügt, sondern keineswegs gewillt ist, diese nur friedlich zu nutzen. Im Gegenteil, Sie ist sehr selbstbewußt und läßt die Herren spüren, wie mächtig sie ist.
Das steht völlig im Gegensatz zu der netten Jean, die in den ersten 2 Teilen aufopferungsvoll für die gute Sache gekämpft hat. Dabei wirkte sie immer wie eine gelehrige Schülerin, die weit hinter den Fähigkeiten Xavier’s zurück lag. Doch das stellt sich in Teil 3 als künstliche Kontrolle dar, die Xavier ausgeübt hatte (ausüben mußte?), um sie zu kontrollieren.
Die zweite Szene zeigt einen kleinen Jungen, der sich im Bad einschließt und mit einem Messer an sich herum schnippelt. Als sein Vater sich mit Gewalt Eintritt verschafft, sieht er, daß sich sein Sohn die Flügel abgeschnitten hat.
Jetzt könnte man die gesamte Thematik wunderschön zum philosophieren benutzen ?
- Ist es eine Belastung oder eine Lust ein Mutant zu sein ?
- Ist es nicht viel logischer als Mutant gegen die zu kämpfen, die einen offensichtlich ablehnen ?
- Ist es gerechtfertigt einen Mutanten wie Jean Grey zu konrollieren, weil er sonst eine Gefahr für die Menschheit bedeutet ?
usw.
Aber das würde den Spaß den der Film bereitet zu sehr in den Hintergrund rücken. Denn der Film ist ungeheuer spannend, da man bis auf geringe Ausnahmen nicht voraussagen kann, was geschehen wird.
Die Macher haben sich teilweise völlig von der Comicvorlage gelöst und opfern Hauptpersonen ohne Rücksicht auf ehemalige Verdienste. Das kann man im Sinne einer puristischen Adaption kritisieren, ist meiner Meinung nach gerade als großer Marvel-Fan aber völlig legitim, da man den Geist der Serie verstanden hat und ihn genial herüber bringt.
Denn gerade aus der Mischung aus überzeugenden menschlichen Konflikten, die sich problemlos auch auf unseren Alltag übertragen lassen, aus einer Story, die in ihren Wendungen immer wieder überraschend ist und aus dem unnachahmlichen Showeffekt, der immer rücksichtsloser angewendeten Super-Fähigkeiten entsteht ein Actionfilm der Extraklasse.
Aus meiner Sicht der bisher beste Teil der X-Men Saga(9,5/10)