Eine unmögliche Mission
Wir wollen den Menschen hinter Ethan Hunt zeigen. Ihm Gefühle geben. Ihm mehr Tiefe verleihen … Da waren sich Regisseur J.J. Abrams und sein Hauptdarsteller Tom Cruise einig und wurden folgerichtig auch nicht müde dies mantra-ähnlich in jedem Interview aufzusagen. Gut, alles ist möglich. Das kennen wir aus den Vorgängerfilmen. Schließlich handelt es sich um den dritten Teil der Actionthriller-Franchise Mission: Impossible. Also warum nicht ein menschelnder Superagent?
So sehen wir in den ersten 15 Minuten dann auch Ethan Hunt als verliebten und charmanten Gastgeber seiner Verlobungsparty. Heirat und Familie in Planung. Mission erfüllt? Leider nein. Die erste Viertelstunde ist die schwächste des ganzen Films. Erneut zeigt sich, wie begrenzt die mimischen Fähigkeiten des Superstars sind. Keine Sekunde nimmt man Cruise den verliebten Fastehemann ab. Ironischerweise macht die private Liebesbeziehung des Schauspielers zu Kollegin Katie Holmes sein Scheitern als fiktiver Liebhaber perfekt. Hier hat sich ausgerechnet der Medienvollprofi Cruise selbst ein Bein gestellt. Seine völlig übertriebenen und deplazierten Auftritte als verliebter Trottel im US-Fernsehen haben ihn endgültig ins Glaubwürdigkeitsabseits gestellt. Wem man schon im realen Leben seine Liebesschwüre nicht abkauft, der braucht es auf der Leinwand gar nicht erst zu versuchen. Dass Hauptdarstellerin Bridget Monayhan Cruises aktueller Flamme zum verwechseln ähnlich sieht, macht die Sache nur noch schlimmer. Mission also gescheitert? Wieder nein.
Nach dem missglückten Auftakt folgt ein Actionfeuerwerk, das den Vorgänger überraschend blass aussehen lässt. Und dieser wurde immerhin von “Actionpapst” John Woo inszeniert. Da gibt es eine Hubschrauberverfolgungsjagd durch einen Parkour riesiger Windräder sowie eine Befreiungsaktion, die über eine Autobahnbrücke wie ein apokalyptisches Erdbeben hereinbricht. Dazwischen eine virtuos inszenierte Entführung im Vatikan. Ein Höhepunkt der gesamten Trilogie. Hier stimmt alles: Timing, Setting, Einfälle und das Zusammenspiel der Darsteller. Aber es gibt noch einen Pluspunkt, der den schwachen Anfang ausgleicht: Der frisch gekürte Oskarpreisträger P. S. Hoffmann liefert in seinen (viel zu) wenigen Auftritten als Hunts Gegenspieler eine famose Vorstellung. Er schafft etwas, das in einem Hollywood Mainstreamfilm eine Rarität bedeutet: dem Zuschauer Angst einzujagen. Zuletzt gelang dies einem gewissen Anthony Hopkins vor über 10 Jahren im Schweigen der Lämmer.
Mission dann doch noch erfüllt. Fortsetzung möglich. Aber bitte diesmal ohne den privaten Hunt. Wie sagt sein Partner Luther im Film so schön: “Längere Beziehungen sind in unserem Job unmöglich.” Recht hat er. Aber da hätten Regisseur und Hauptdarsteller eigentlich selbst drauf kommen können. Schließlich drehten sie Mission Impossible. Selten war ein Titel passender.
(8/10 Punkten)