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Nach langem Hin und Her ist die Mission, einen dritten Teil der Mission: Impossible-Reihe zu starten, doch noch gelungen. Namen wie David Fincher, Carrie-Anne Moss oder Scarlett Johansson kamen und gingen wieder, ehe ein fähiger Regisseur und ein solider Cast zusammengestellt waren und die Produktion über die Bühne gezogen wurde. Herausgekommen ist wohl der bisher beste Teil der Reihe. Dem ersten Teil von Brian DePalma zu folgen, war mindestens so kompliziert, wie bei einer tausendteiligen TV-Soap den Überblick über die jeweils aktuellen sexuellen Paarungen zu behalten, und die Fortsetzung von John Woo war eine bombastische Glorifizierung von Mr. One-Man-Show Tom Cruise (Last Samurai) mit beeindruckenden Schaueffekten und Actionsequenzen, vernachlässigte jedoch Handlung und Charaktere. Diese Fehler wurden im dritten Teil nicht gemacht, und mit J.J.Abrams (Lost, Alias) wurde zwar kein weltbekannter, dafür ein durchaus fähiger Mann für den Regiestuhl gefunden.

IMF-Agent Ethan Hunt (Tom Cruise) hat sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen, schult jetzt den Agentennachwuchs. Es könnte alles so schön sein - zumal er mit Julia (Michelle Monaghan) seine große Liebe gefunden hat. Doch dann taucht der psychopathische Waffenhändler Owen Davian (Philip Seymour Hoffman) auf. Nach seiner Befreiung, will er nicht nur Hunt, sondern auch Julia töten. Um ihn auszuschalten, rekrutiert Hunt sein altes Team und heftet sich an Davians Fersen...

Glücklicherweise schaltet Scientology-Cyborg Cruise hier in Sachen Selbstinszinierung einige Gänge zurück, gibt stattdessen den Teamplayer und stellt den vorherigen Super-Agenten Hunt als Mensch mit Fehlern da, dem halt nicht jede Mission reibungslos gelingt. Schon in den letzten Jahren konnte Cruise zeigen, dass ein Schauspieler in ihm steckt und nicht nur ein dauergrinsender Sunnyboy, wenngleich Krieg der Welten wieder ein Schritt zurück war. Diesen Imagewechsel hat Cruise vor allem nach seinem Amoklauf durch diverse Late Night-Shows und seiner Scientology-Klatsche dringend nötig, denn wenn einer Cruise zu Fall bringen kann, dann er selber. Somit erschlägt Cruise einem mit seiner lokalen Performance nicht durch werbespotähnliche Einstellungen, sondern bleibt in seiner Darstellung überwiegend realistisch. Ihm wurde auch ein Schurke gegenüber gestellt, der ihm mehr als Parolie bieten kann. Trotz mäßiger Screentime schafft es Oscarpreisträger Philip Seymour Hoffman (Roter Drache) einen der genialsten Schurken der letzten Zeit zu spielen, und kann damit durchaus mit Alan Rickman, John Travolta und Ed Harris mithalten. Nicht nur, dass er Hunt in keinster Weise als ernsthaften Gegner ansieht, er legt auch eine unterschätzte Skrupelllosigkeit an den Tag. Abermals gesellt sich hier Ving Rhames (Undisputed) an die Seite von Cruise, und kann mit einer gleichbleibend guten Performance inklusive kantigen Dialogen überzeugen. Der dritte Teil ist nicht nur der beste Teil, sondern verfügt mit Michelle Monaghan (Kiss Kiss Bang Bang) auch noch über das bisher beste Hunt-Girl, vor der sich Thandie Newton eine dicke Scheibe abschneiden kann. Monaghan fungiert nicht bloss als typisches Eyecandy, sondern befindet sich schauspielerisch mit Cruise mindestens auf einer Ebene. Gleiches gilt auch für Keri Russel (Rohtenburg) und Maggie Q (Dragon Squad), wenngleich sie etwas minder unwichtigere Parts haben als Monaghan. Für den brillianten Anthony Hopkins ist Laurence Fishburne (Event Horizon) zwar noch lange kein würdiger Ersatz, gibt aber trotz steinerner Matrix-Mimik einen passablen IMF-Vorgesetzten ab. Der restliche Cast wie Jonathan Rhys Meyers (Match Point) und Simon Pegg (Shaun of the Dead) schlägt sich ebenfalls recht ordentlich.

Durch Alias ist J.J.Abrams gut bewandert im Agenten-Genre, was man dem Film auch anssieht. A'la 007 finden hier unterschiedliche Metropolen der Welt ihre Verwendung. Da es seitens unserer konservativen Politiker keine Drehgenehmigung für den Berliner Reichstag gab, müssen eine leere Lagerhalle und ein Windradfeld als deutscher Schauplatz erhalten, wurden aber immer noch gut in Szene gesetzt. Danach ist der Vatikan dran, auch wenn's natürlich nicht das Original ist. Das Ganze gipfelt dann in Shanghai, das bei Nacht eine mehr als brauchbare Kulisse abgibt. Die exotischen Kulissen sind aber längst nicht alles, was J.J.Abrams einem hier auftischt...

Einen großen Bestandteil stellt selbstverständlich die Action da, und J.J.Abrams schafft es sogar im Gegensatz zu John Woo das bombastische Actionfeuerwerk zu zügeln. CGI wird nur benutzt, wenn's nicht anders geht und die Action selbst dient nur als Mittel zum Zweck. Highlights sind hier die Befreiungen von Lindsey und Davian in Deutschland und auf der Brücke. Vor allem bei Letzterer brennt Abrams ein knackiges Feuerwerk der Superlative ab, ohne dabei auf übertriebene Stilmittel zu setzen. Unangebrachte Coolness oder SlowMotion-Einsätze wie bei Woo sucht man hier vergebens. Stattdessen ist Hunt hier nicht ständig Herr der Lage und seine Aktionen kommen meistens auch realistisch rüber, wenn man mal die Seil-Nummer in Shanghai weglässt. Sogar den wichtigen Raub der Biowaffe im Hochsicherheitskomplex enthält uns Abrams hier vor und deutet diesen nur an, ehe Hunt per Fallschirm aus einem Fenster springt. So hat es Abrams geschickt vermieden ähnliche Sequenzen wie beim Einbruch im zweiten Teil zu erzeugen. 

Ungewohnt actionarm ist auch die finale Konfrontation zwischen Hunt und Davian. Selbst mit dem spektakulären Ableben des Oberschurkens wird es nix. Trotzdem ist das Finale einfach toll, da man es nicht mit tonnenweise Effekten überfrachtet, und nach der Eliminierung des Warlords erst der echte, vor allem emotionale, Drahtseilakt kommt. Somit auch hier überwiegend realistisch. Einfach mal straight auf's Maul kloppen, statt unrealistischen Ausweichmanövern von Pistolenkugeln oder akrobatischen Kampfeinlagen. Bezüglich des Härtegrads wird nicht in Brutalitäten ausgeufert, aber der Film besitzt dennoch eine düstere, ernstere und erwachsenere Atmosphäre als die beiden Vorgänger.

Die Handlung ist wie der Großteil im Genre nicht das Gelbe vom Ei. Das war bei James Bond genauso, und hat sich auch bei Lara Croft nicht geändert. Einzige Ausnahme dürfte Jason Bourne darstellen. Dennoch ist die teilweise von Abrams selber erdachte Geschichte durchweg spannend, weißt keinerlei Hänger auf und gibt der Langeweile erst keine Chance. Zeitweise wird sogar Platz für etwas Komik eingeräumt, wenn z.B. Cruise und Jonathan Rhys Meyers sich auf italienisch anschnauzen und den anderen Verkehrsteilnehmern einen Motorschaden vorgaukeln. Ein weiterer positiver Aspekt der Handlung ist dann noch, dass man erstmals Einblicke in Hunts Privatleben bekommt. Glücklicherweise hat sich auch Hunts Kleidungsstil geändert. Statt strategisch ungünstig Sonnenbrille und Lederjacke a'la Matrix zu tragen, setzt er nun auf simple Klamotten sowie Spezialeinheiten-Kleidung inklusive kugelsicherer Weste.

Musikalisch wird natürlich das bekannte Mission: Impossible-Theme verwendet. Ansonsten bekommt man sowohl temporeiche Töne für Actionsequenzen als auch dramatische Klänge für die emotionaleren Szenen geboten.
 
Alles in allem ein großartiger Actiongenuß auf gehobenem Niveau. Und endlich bekommt Ethan Hunt auch eine menschliche Seite, was im diesjährigen 007-Abenteuer wiederholt werden soll. Jedoch frag ich mich, ob 007 - Casino Royale wirklich das Potential hat, die dritte Mission von Hunt noch zu überbieten. Ich bin gespannt... am Schauspieler soll's meinetwegen nicht liegen!      

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