Review

„Kobra, übernehmen Sie“ war Ende der 60er eine Serie, die sehr beliebt war.

Ich bekam damals als Kind noch keinen Zugang zu den ausgeklügelten Plänen, die Ethan Hunt und Kumpane ausführten. In den 45 Minuten einer Folge stand immer der große Plan im Mittelpunkt, der vor allem davon zeugte, daß die Truppe die Sache im Griff hatte. Ging scheinbar etwas schief, so gab es immer einen Plan B (oder C), der im Endeffekt alles zum Guten wendete....

Das Schöne an dem überschaubaren Fernsehformat war, daß es keine Rolle spielte, ob man wußte, daß die Protagonisten im Endeffekt nicht zu Schaden kommen konnten. Ähnlich wie bei vielen Krimiserien dieser Epoche lag die Aufmerksamkeit mehr auf der Raffinesse, mit der den jeweiligen Gangstern ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde. Der näheren Charakterisierung der Hauptpersonen widmete man sich kaum, jede Folge fing quasi bei Null wieder an...

Ich möchte behaupten, daß heute eine solch reduzierte Story-Idee nicht einmal mehr eine Chance auf die Umsetzung in einer Fernsehserie hätte, die damals bewußt ein erwachsenes Publikum ansprach.

Anders als bei Remakes solcher Serien wie „Starsky und Hutch“, die fast eins zu eins als Spielfilm daherkamen, weil man so schön im 70er Jahre Feeling schwelgen konnte, war es in „Mission Impossible“ schwierig, diese eine Idee auf Spielfilm-Format aufzublasen.

Die Serie lieferte keinerlei Hintergrundstory, keine historischen (im Sinne einer Entwicklung) Zusammenhänge und so begingen die Macher den Fehler, sich ausschließlich auf die raffinierten Pläne der Gruppe um Ethan zu konzentrieren. Es wurden eben gleich mehrere davon in einem Film gezeigt, die einen mehr oder weniger konstruierten Zusammenhang bekamen.

Natürlich konnten die mit hohem technischen Aufwand umgesetzten Aktionen ein großes Publikum erreichen. Aber ohne den Star-Appeal von Tom Cruise - dessen Rolle im Vergleich zur Fernsehserie deutlich überbetont wurde (dort ging es immer um die Leistung des gesamten Teams) – wäre der Erfolg wohl deutlich niedriger ausgefallen. Auch unabhängig davon waren Teil 1 und mehr noch Teil 2 eher unbefriedigende Vehikel für eine immer mehr überbordende, im Endeffekt hohle Action...

Nun war genau dieser Starkult in den letzten Jahren deutlich zurück gegangen. Tom Cruise hatte sich zu der peinlichen Person in der Öffentlichkeit entwickelt, die er für viele schon immer war und genau das hat dem dritten Teil sehr gut getan.

Regisseur J.J.Abrams erzählt in seinem Interview in der Süddeutschen Zeitung, daß er die Drehbücher, die schon lange vorlagen, einfach weggelegt hat und die Story komplett neu schreiben ließ. Dabei wurde bewußt Cruise aktuelles Image eines Mannes, der zuletzt vor allem durch die Begeisterung für seine neue Partnerin auffiel, verwendet.

Wie im richtigen Leben hat er in Teil 3 keine rechte Lust mehr auf seinen Job ,sondern sehnt sich nach einem „normalen“ Familienleben. Auch die Diskussionen mit seinen Kollegen darüber, ob so etwas bei seinem Job überhaupt möglich ist, durchzieht den gesamten Film.

Selbst wenn hier mehrere kleine Zitate der Fernsehserie verwendet werden, so hat dieser Film im Prinzip nichts mehr damit gemeinsam und glücklicherweise auch nicht mit den ersten zwei Teilen.

Das beginnt schon mit den ersten Minuten, in denen wir einen hilflosen Ethan Hunt erleben. Er hat völlig die Kontrolle über die Situation verloren und alle seine Bemühungen wirken gegenüber dem souveränen Philipp Seymor Hoffmann als skrupellosem Waffenhändler geradezu lächerlich....

Und genau das macht die Qualität des Filmes aus, sie verläßt Schritt für Schritt die Illusion der völligen Kontrolle, die die Fernsehserie immer ausgemacht hat. Schon bei der Befreiung einer Kollegin aus dem nächtlichen Berlin muß Ethan erfahren, daß selbst ein bestens umgesetzter Plan nicht ausreicht....sehr schön in dieser Action-Sequenz die Verwendung der Windräder, die eine ästhetische Symbiose mit den Hubschraubern eingehen.

Auch wenn die privaten Szenen mit Hunter’s Freundin und späteren Ehefrau zeitlich etwas in den Hintergrund rücken, so machen sie ihn verletzlicher und angreifbarer und verdichten das gesamte Geschehen.

Dabei ist die hier dargestellte Beziehung deutlich glaubwürdiger als bei „Mr. und Mrs.Smith“ , die ja nach 7 Jahren noch nichts von der tatsächlichen Tätigkeit des jeweiligen Partners bemerkt haben wollten. Julia (Michelle Monaghan) wird bei Ethan’s Ausreden, die er braucht, um seinem Job nachgehen zu können, sofort mißtraurig.
Mit diesen Voraussetzungen gelingt Abrams eine Story, die so dicht ist, daß sie kaum Zeit für eine Erholung hat.

Die Actionsequenzen zeigen nur einen wirklich raffinierten Plan mit den dazugehörigen Verkleidungstricks, der dazu noch im passenden Rahmen im Vatikan stattfindet und der auch in seinem gemäßigten Tempo an die Fernsehserie erinnert - alle anderen Aktionen finden meist unter großem Zeitdruck statt und wirken eher improvisiert.

In Schanghai leistet sich der Film sogar, die Umsetzung eines Diebstahls gar nicht mehr zu zeigen, sondern nur die Reaktionen von Hunt’s Kumpanen, während sie darauf warten, daß er wiederkommt. Hier geschieht eine völlige Distanzierung und Ironisierung der eigentlichen „Mission Impossible“-Idee.

Vielleicht gerade weil ich ein Feind der hohlen Action bin (und damit etwas unverbraucht), empfinde ich die Aktionen hier sehr beeindruckend. Gerade die Befreiungssequenz auf der Brücke empfinde ich in ihrer Wucht sehr bedrohlich und sich darüber Gedanken zu machen, warum Hunt diese ganzen Stürze und Explosionen gesundheitlich übersteht, halte ich für müßig, weil das Bestandteil des Genres ist.

Unabhängig davon wirkt Ethan Hunt hier keineswegs wie ein Übermensch. Er gerät an einen Besseren und wirkt zeitweise völlig machtlos - das Gesetz der Serie erfüllt hier nur das Glück....

Für mich der beste und überzeugendste Actionfilm seit langer Zeit . Ein Film, der es auch verdient hat, wiederholt angesehen zu werden(10/10).

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