Review

Die Architektin Joanna (Kathleen Turner) ist tagsüber scheinbar eine ganz normale Frau. Nur ihr Chef hat böse Ahnungen und setzt deshalb Joannas Kollegen Donny (Bruce Davison) auf sie an, der seinerseits gravierende Beziehungsprobleme hat. Donny findet heraus, dass Joanna ein Doppelleben führt: Wenn der Tag endet, beglückt sie als Hure "China Blue" ihre Kunden. Dabei lebt sie gefährlich, denn ein verrückter Priester (Anthony Perkins) will sie von ihrem Leid "erlösen".

Düster, düster was uns Ken Russell da zunächst vorsetzt. Der Alltag einer Hure wird abgrundtief pessimistisch in Szene gesetzt. Die meisten Freier China Blues sind die größten Penner, denen sie dennoch bereitwillig alle Wünsche erfüllt. Das Szenario ist erschreckend düster, das Bordell und die Umgebung dreckig. Dazwischen tauchen immer wieder diese grellen Neonfarben auf, die dem Film einen sehr eigenen Stil geben und zusätzlich die Atmosphäre verstärken. Die Sexszenen sind mitunter recht heftig und beinhalten oft einen beachtlichen Grad an Gewalt. Gar abartig ist die Sequenz, in der China Blue einem Polizisten beim heftigen Fesselsex einen Stock in den Allerwertesten rammt und ihn mit ihren Stöckelschuhen schmerzhafte Wunden zufügt. Diese Szene fehlt in der gekürzten Videofassung übrigens, was zu verschmerzen ist, da sie für die Handlung keine weitere Bedeutung hat.

Parallel dazu läuft eine völlig gegensätzliche Geschichte des Donny, der ein scheinbar glückliches Vorstadtleben mit einer Frau und zwei Kindern führt. Doch die Ehe bröckelt und Donny lebt nur noch in seinen tristen Alltag hinein. Diese Rahmenhandlung tut dem Film sehr gut, weil sie doch eine willkommene Abwechslung zu den krassen Bordellszenen bietet und sehr erheiternd wirkt. Für etwas Humor ist ebenfalls gesorgt, etwa bei einem Barbecue, bei dem Donny einen erigierenden Penis nachspielt.

Ein Problem, dass sich aus den beiden Handlungssträngen ergibt, ist folgendes: Ich weiß nicht so recht, was der Film uns eigentlich sagen will bzw. was er sein will. Will er einen ernsthaften Einblick in den rauen Alltag einer Hure geben (was ihm einigermaßen gelingt), will er ein Beziehungsdrama sein oder doch ein Erotik-Psycho-Thriller. Letzteres wäre ebenfalls möglich, weil nebenbei ja noch Anthony Perkins als irrer Priester zu sehen ist. Schade, dass man diesen Part ein wenig vernachlässigt hat. Vor allem weil Perkins in seiner Paraderolle als Psychopath einmal mehr brilliert. Daraus ergibt sich dann insgesamt ein Mix, bei dem gilt: Von allem etwas, aber als Ganzes zu unentschlossen.

Sehenswert machen den Film gute Darsteller (herausragend: Anthony Perkins und Kathleen Turner), die beispiellos pessimistische Atmosphäre und einige denkwürdige Szenen (richtig gut ist der Schlussmonolog mit einer tollen Pointe zum Schlapplachen). Wer bei Filmen auf den Skandalfaktor schielt, kann ebenfalls reinschalten, in Amerika gab’s wegen einigen Sexszenen damals mächtig Ärger. Allerdings ist Ken Russell der große Wurf nicht gelungen, dazu hat er keine konsequente Linie und vernachlässigt den psychologischen Teil. Für sensible Gemüter nicht geeignet, die anderen können mal reinschauen!

Details
Ähnliche Filme