Review

In der niemals endenden und überflüssigen Diskussion darüber, ob es sich bei "Im Reich der Sinne" um Pornographie oder Kunst handelt, wird schnell vergessen, dass der Film an sich höchst mittelmäßig ist. Tatsächlich umhüllt der Skandalmantel immer noch dieses fernöstliche Erotikdrama, das vor einem knappen Vierteljahrhundert die Kinowelt in Aufruhr versetzte. Schamhaare waren zu sehen, Oralsex in Nahaufnahme inklusive Ejakulation, zahlreiche Perversitäten und schließlich noch ein abgeschnittener Penis als I-Tüpfelchen. Solcherlei Ausrutscher bescherten "Ai no corrida" letztendlich seinen Ruf.

Davon abgesehen ist die Story äußerst mager, zudem fehlt ein Leitfaden völlig. Der Spannungsfaktor geht damit vollends flöten, es wird nur Sexszene an Sexszene gereiht, mit dem Unterschied, dass der Akt an sich immer abstrusere Formen annimmt. So schiebt er ihr an einer Stelle ein Ei in ihre Vagina, worauf sie das Ei wie ein Huhn legen muss. Selbstverständlich alles in Nahaufnahme. Erotisch, sinnlich, geschweige denn appetitlich ist das nicht, es ist höchstens eine interessante Grenzüberschreitung, die einen überlegen lässt, wie weit ein für das normale Kino bestimmter Film gehen darf.

Den Kunstanspruch stelle ich hiermit ernsthaft in Frage, denn es fällt mir schwer, in einem Film Kunst zu entdecken, der zu achtzig Prozent aus Vögelszenen besteht. Gilt denn ein Gina-Wild-Porno als Kunst, wenn die Darsteller mit schmucken japanischen Kostümen herumlaufen würden und dabei (unausstehliche) fernöstliche Banjo-Musik im Hintergrund klimpert? Ich denke nicht und deshalb bestehen die einzigen Unterschiede zu Videothekenschund für mich in der Ausstattung und dem zweifellos vorhandenem schauspielerischen Talent der Darsteller. Wer will, kann sich natürlich in intellektuellen Diskussionen über erotisches Verhängnis, die Rolle der Frau bzw. des Mannes ergehen und somit dem Teil einen gewissen Kunststatus verleihen.

Meiner Meinung nach ist "Im Reich der Sinne" zwar interessant, da die Grenzen des Gezeigten hier ganz neu ausgelotet wurden, der einzige Spannungsfaktor besteht jedoch darin, erfahren zu wollen, wie weit die Akteure als nächstes gehen. Auf jeden Fall sehr weit, denn einige Szenen sind wirklich abstoßend und eklig, was den Konsum nicht gerade leichter macht. Ein schwer zugängliches, durch viele Diskussionen stark überbewertetes Werk, das ich nicht an einem Stück anschauen könnte, ohne einzuschlafen.

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