Es gibt mittlerweile wenige Filme, die ich in die erste Liga aufnehmen würde, aber es freut mich zu sagen, dass Frank Darabonts kongeniale Verfilmung des Stephen King Bestsellers "The Green Mile" ohne Zweifel dazugehört. Das mag vor allem an der getreuen Umsetzung, den grandiosen Darstellern und natürlich auch den schonungslosen Todesszenen liegen.
Dabei wird Darabont besonders bei diesem Werk sehr oft vorgeworfen, eher eine Schnulze geschaffen zu haben. Der Alltag in einem Todestrakt wird "verniedlicht", alles ist ja gar nicht so schlimm , wie es wirklich war. Da legt sich mir der Zweifel auf, ob diese Kritiker den Film überhaupt gesehen haben. Von niedlichen Szenen ist kaum zu sprechen. Wenn man jetzt mal von der Maus Mr. Jingles absieht, die die Wärter in den Wahnsinn treibt, aber das ist nur so etwas wie eine freundliche Nebenhandlung, damit man nicht allzu sehr von der dramatischen Haupthandlung mitgerissen wird.
Darabont schafft es nämlich, das Grauen jener Zeit sowohl subtil als auch komromisslos darzustellen. Der Mord an den kleinen Mädchen wird nur schemenhaft behandelt, während die Szenen auf dem elektrischen Stuhl unangenehmer nicht hätten ausfallen können - besonders, wenn ein Gefangener sprichwörtlich in Flammen aufgeht. Aber auch andere Szenen sind alles andere als gemütlich. Das einzige, was man Darabont mehr oder weniger vorwerfen könnte, ist, dass der Film sehr episodenhaft daherkommt, aber das ist wirklich nicht zu bemängeln, war die Vorlage Kings doch auch ein Fortsetzungsroman und hatte somit in jedem Teil einen Höhepunkt zu bieten.
Bei den Schauspielern gibt es wirklich überhaupt nichts zu meckern. Tom Hanks agiert wunderbar, punktet hier und da auch mit einem trockenen Humor und erregt besonders viel Mitleid in den Szenen, wo er mit seiner Blaseninfektion zu kämpfen hat. Michael Clarke Duncan ist als schwarzer Riese auch wirklich sehenswert und Doug Hutchison als Percy das größte Arschloch auf der Wetl. Da werden Mordgelüster beim Zuschauer wach.
Letztlich zeichnet Darabonts Werk vor allem Gefühl aus. Nur wenige Augen werden trocken bleiben, wenn John Coffey am Ende doch hingerichtet wird. Aber die nötige Portion Mystery ist natürlich auch bei, immerhin befinden wir uns bei King - nur ganz wenige seiner Werke kommen ohne jeden Hauch Mystik aus. So ist Coffey hier nicht zuletzt die Jesus-Figur (Initialien wie Jesus Christus), er kann heilen, muss den Schmerz aber auch los werden und "verflucht" deswegen andere Menschen, meist böse, wie Percy. Auch Hanks alias Paul ist am Ende weitaus älter als er aussehen mag und rennt immer noch durch den Wald - weil er Leben von Coffey geschenkt bekommen hat.
"The Green Mile" ist wirklich ein Film für jedermann - Horror, Drama, Mystery und zuletzt auch eine Prise Humor unterhalten den Zuschauer auf ganzer Ebene. Ich kann nur hoffen, dass sich Darabont weiteren Werken Kings widmet - er hat es verstanden, den Meister des Horrors kongenial zu verfilmen.
Fazit
Gefühlvoll und doch schonungslos, was die Gewalt angeht, ist "The Green Mile" ein mehr als sehenswerter Beitrag zum Thema King und ist auch für Unsympathisten des Autors geeignet. Grandios, in allen Kategorien!
10/10