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Der knapp viertelstündige australische Kurzfilm „A Message from Fallujah“ (2005) eröffnet damit, dass sich ein am Wiederaufbau des Landes (nach der erfolgreichen Entmachtung des Saddam Hussain Regimes) beteiligter ziviler amerikanischer Ingenieur (Lance Henriksen) in dem Außenbereich eines Cafés in eben jener zerrütteten Stadt niederlässt, um noch ein letztes Mal sein liebstes Heißgetränk zu genießen, bevor es für ihn per Flieger zurück in die Heimat geht. Auf einmal stürmen bewaffnete Männer auf ihn zu, überwältigen ihn, streifen ihm eine Kapuze über und brausen mit ihm in einem Van davon. Eine unklare Dauer verbringt er fortan allein in einem kargen, düsteren Raum gehalten – wobei ihm vor allem die Gedanken an seine Familie den Willen geben, dieses Martyrium zu überstehen. Eines Tages zerrt man ihn dann schroff in ein anderes Zimmer, wo Vermummte eine Kamera aufgestellt haben, ihm ein Messer an die Kehle halten und eine Botschaft aufnehmen – welche allerdings jäh seitens einer Explosion in unmittelbarer Nähe unterbrochen wird. In dem sich entfaltenden Chaos sieht er plötzlich seine Chance: Er mobilisiert all seine verbliebenen Kräfte und schafft es im Zuge dessen tatsächlich auch, aus dem Gebäude raus in die nächtlichen Straßenzüge zu fliehen – was für ihn wiederum den Beginn einer Albtraum-haften Odyssee markiert…

Die dargereichten Motive, Situationen und Absichten besitzen heute noch immer die gleiche Brisanz und Aktualität wie damals, als die Dreharbeiten im Dezember 2004 stattfanden: In den vergangenen Jahren sind einem bestimmte Bilder und Videos verschleppter westlicher Staatsbürger in der Gewalt islamisch-fanatischer Aufständler und Terroristen (wie Al-Qaida oder ISIS) auf traurige, u.a. Wut und Entsetzen erzeugende Weise „vertraut“ geworden. Derart vorgeführt – in erster Linie zum Zwecke der Abschreckung und Propaganda – münden solche Geiselnahmen nicht selten in der grausamen Ermordung jener unglückseligen Personen. An sich ist der konkrete „Kern“ der erzählten Geschichte ein absolut zeitloser – was allein schon daraus hervorgeht, dass die zugrunde liegende Story Shane Briants, auf deren Basis sein und (Co-Autor plus Regisseur) Richard Gibson´s Skript entstand, wiederum von der 1891er Ambrose Bierce Veröffentlichung „Occurrence at Owl Creek Bridge“ (aka „In the Midst of Life“) inspiriert wurde: Kennern dieser Vorlage (oder auch einer ihrer verschiedenen Film-Adaptionen) dürfte eine spezielle „inhaltliche Entwicklung“ demnach keine echte Überraschung bescheren – während sie bei anderen gewiss ein Stück weit stärkere Emotionen (wie etwa Anspannung und/oder Betroffenheit) auslöst…

Für „A Message from Fallujah“ stand den Verantwortlichen kein sonderlich hohes Budget zur Verfügung – nichtsdestotrotz vermag das Ergebnis mit einer anständigen Produktionsqualität aufzuwarten: In der betreffenden Hinsicht fielen mir einzig einige doch recht kostengünstig animierte CGI-Hubschrauber unvorteilhaft ins Auge. Die Kameraarbeit Philippe Rangs, für welche er auf dem 2005er „Rhode Island International Film Festival“ übrigens mit dem „Best Cinematography Grand Prize“ ausgezeichnet wurde, kann sich auf jeden Fall sehen lassen – allerdings verhinderte ausgerechnet die gewählte „Bildersprache“ bei mir das Entstehen einer wahrhaft ergiebigen „emotionalen Verbindung“ zu dem Gebotenen. Das ging bereits bei der „flashy“ arrangierten Titel-Einblendung los – gefolgt von einigen Aufnahmen der Gefangenschaft, drohenden Exekution sowie dem hektischen Tumult im Rahmen des Angriffs auf die Position der militanten Entführer: Rasch geschnitten, kommt diese Phase prall gefüllt mit Überblendungen, kräftigen Farbfiltern und wechselnden Abspiel-Geschwindigkeiten daher – ergänzt um grobkörnige Home-Video-Aufnahmen sowie Auszüge aus aktuellen Nachrichtensendungen. Fast schon kam ich mir wie in einem Tony Scott Flick vor – wobei mir gar (unweigerlich) die Gefängnis-Szenen aus „Spy Game“ in den Sinn gerieten…

Dramatische Thriller wie „Midnight Express“ oder „Rosewater“ sind u.a. deshalb so eindringlich, weil sie den Horror der aufgezeigten Geschehnisse weitestgehend nüchtern und wirklichkeitsnah aufzeigen – frei vordergründiger „optischer Mätzchen“. Im Vorliegenden wurden gleich mehrere Stilmittel jener Art dagegen ebenso bewusst wie forciert verwendet – zum Beispiel um spezifische Geistes- und Gemütszustände zu veranschaulichen. Ängste, Hoffnungen, Erinnerungen und Verlangen verschmelzen sozusagen mit der Realität – und werden in den Straßen der von den vielen Kämpfen noch immer zum Teil zerstörten Stadt obendrein noch um Albtraum-hafte Kriegs-Impressionen ergänzt. Unabhängig der Intentionen dahinter war mir das Gezeigte aber gerade zum Schluss hin schlichtweg etwas „zu dick aufgetragen“ – primär im Angesicht eines getöteten Kindes, einer Hinrichtung sowie einer Rakete, die das Militär auf eine Menschenmenge abfeuert, in der sich mit Sicherheit auch Zivilisten befinden. Fraglos ereignen sich Gegebenheiten wie die präsentierten in einigen Krisen-Regionen dieser Erde tatsächlich – entsprechend ist die vermittelte Botschaft klar. Leider jedoch beraubt ihr der ins Surreale hinein tendierende Ansatz einen gewissen Grad ihrer eigentlichen Intensität…

Komplett in und um Sydney gedreht, griff man auf einige „Establishing-F/X-Shots“ zurück, um die „Illusion“ irakischer Locations zu verstärken. Generell geht das von Gibson und seinem Team auf handwerklicher Ebene Geschaffene definitiv in Ordnung – in einzelnen inhaltlichen wie inszenatorischen Bereichen hätte ich mir aber nunmal ein beseelteres Maß an Zurückhaltung gewünscht. Uneingeschränkt klasse ist jedoch die engagierte, kraftvolle Performance Lance Henriksens („Powder“) zu charakterisieren, der in der Hauptrolle mal wieder „alles gibt“ und das Publikum im Zuge dessen mit auf eine sehr düstere „Reise“ nimmt, bei welcher der Verschleppte seinen Durchhaltewillen vor allem aus der Sehnsucht heraus schöpft, unbedingt seine Familie wiedersehen zu wollen. Da Lance das Projekt persönlich am Herzen lag, verzichtete er sogar auf jegliche Gage für seinen Auftritt. Letztendlich geht es bei „A Message from Fallujah“ also nicht um irgendwelche politische oder historische Details eines bestimmten Konflikts, sondern vorrangig um Themen wie Menschlichkeit inmitten von Leid und Schmerz geprägter Umstände – weshalb es problemlos nachzuvollziehen ist, wie gut dieser Kurzfilm bei einigen Leuten so ankommt. Einen Blick wert ist er allemal – nur hat er mich selbst (aus den besagten Gründen resultierend) „unterm Strich“ halt leider weder genügend packen noch bewegen können…

„5 von 10“

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