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Sich in alte Zeiten zu wagen. Sich aus den Dogmen befreien. Sich den Fesseln des Alltags zu entledigen. Das verspürt jeder von uns einmal. Endlich etwas Ungewöhnliches anstellen, um mal etwas Abwechslung in die Tristheit des Einerleis zu bringen. Anscheinend ist auch Hollywood dieser Tristheit überdrüssig, und versucht im Schwamm der Unsummen einspielenden Blockbuster, die mit ihren immer besser werdenden Effekten, ihren immer höher werdenden Unkosten, wieder auf Independent-Filme zu setzen, die ihrerseits ebenfalls mit hoch deklarierten Schauspielern glänzen dürfen. Diese Sparte Film ist für Steven Soderbergh erschlossenes Land, der sich mit Streifen wie „Solaris“ und „Erin Brockovich“ auch abseits des Mainstream einen Namen machte und für eine Zeitreise wie „The Good German“ sie darstellt, als absolut prädestiniert erscheint.

Der Sinneswandel.

Dominieren immer noch die typischen „Mainstream“-Filme die Kinos, so zeichnet sich in den letzten Jahren ein Trend ab, welcher nicht dafür steht, dass Hollywood endlich wieder etwas Jungfräuliches zeigen möchte, im Gegenteil: Mit Streifen wie „The Good German“ oder „Good Night, And Good Luck“ kehrt Hollywood wieder zu seinen Wurzeln zurück. Die Wurzeln, welche zu Klassikern wie „Casablanca“ oder den Noir-Thrillern Marke Hitchcock führen und noch viel weiter. Ein Grund für diesen Sinneswandel mag die Marktübersättigung sein, aber sicherlich sind auch Gelder ein gewichtiger Grund; denn einem vielleicht nicht ganz so hohem Einspiel wie die eines „Spider-Man“ stehen nur relativ geringe Produktionskosten für den Film an sich gegenüber. Das erweist sich auf lange Sicht ebenso Gewinn einbringend wie die großen Blockbuster; wenn nicht sogar noch mehr, zumal ein Flop auch deutlich leichter zu verkraften ist.

Eine Zeitreise.

Soderberghs vorrangige Intention war es augenscheinlich eine Hommage an die Noir-Klassiker der 40er zu inszenieren, die in Sachen Stilisierung und Szenen-Arrangements, sowie Optik um Authentizität bemüht ist. Dafür drehte er seinen Film komplett in Schwarz-Weiß, in Fernsehformat und mit Kameras, die über keine Fokusveränderung verfügen. Das Ergebnis ist verblüffend. Schon zu Beginn, wenn das Warner Brothers-Logo im alten Design erscheint, fühlt es sich absolut apodiktisch an. Leider hätte Soderbergh diesmal auf bekannte Namen wie Clooney, Blanchett oder Maguire verzichten sollen, denn gerade die Superstars sind es, die trotz ihrer guten Leistungen, wie Fremdkörper wirken.
Davon abgesehen macht Soderbergh rein handwerklich alles richtig. Schnitt, Kameraführung und Belichtung schmecken absolut nach Film-Noir alter Schule. Selbst Thomas Newmans schöner Score, der sich eindeutig an den Arbeiten eines Bernard Herrmann orientiert, fügt sich nahtlos an die Optik und verstärkt die Atmosphäre gekonnt in jeder Szene.

Perfekte Hommage…?

Zeigt sich der Film rein handwerklich von seiner besten Seite, so machen sich inhaltlich, wie auch dramaturgisch gravierende Mängel bemerkbar. Nicht nur, dass die Entscheidung Hollywoodstars agieren zu lassen ein Fehler war, leider vermag auch das Drehbuch nicht, diesen Charakteren Wärme einzuhauchen. Teils wirken die Figuren ebenso farblos und blass wie die Aufnahmen. Zudem baut sich über die gesamte Laufzeit nicht wirklich viel Identifikationspotenzial auf. Ist der Anfang des Filmes in dieser Hinsicht noch ziemlich nachvollziehbar, so verstrickt sich Soderbergh mit zunehmender Laufzeit immer weiter in seiner Detektivgeschichte, wirkt stellenweise zäh und schafft es nicht mit seinem Film auf einen Nenner zu kommen. Dabei wäre für eine spannende Geschichte genug Potenzial vorhanden gewesen. Das Dilemma „Schuldfrage“ der Deutschen nach dem Krieg wird nur nebensächlich abgehandelt. Eine Zentralisierung dieses Aspekts wäre durchaus positiv gewesen, zumal dadurch auch eine Vertiefung der Charaktere und deren Motivation einhergegangen wäre. So verkommt dies, ebenso wie die Figurenzeichnung, zu einer reinen Bagatelle und der üblichen Dreiecks-Liebesgeschichte wird Platz eingeräumt. Ein Hitchcock hätte hier im Vorbeigehen noch wesentlich mehr herausgeholt.

Und jetzt?

Soderbergh bewegt mit seinem Film nicht viel. Die Frage, was er mit seinem Noir-Film ausdrücken möchte, lässt sich auch nicht so leicht beantworten. Vielleicht ist es eine Liebeserklärung an sein Lieblingsgenre, vielleicht aber eben auch ein Ausflug aus der Tristheit. Who knows? Letztlich bleibt „The Good German“ nichts weiter als ein Versuch. Der Versuch an gute alte Zeiten zu erinnern, in denen sich Kino noch im Kopf manifestierte, in denen dunkle Gassen und Schatten dem Zuschauer noch einen Schauer über den Rücken jagten. In dem Männer noch Männer waren und in denen Schauspieler noch schauspielerten.
„The Good German“ bietet viele gelungene Ansätze, zeigt aber keine Seele. Und der Noir-Film definierte sich eben nicht nur durch sein Handwerk. Soderberghs Streifen hingegen bewegt sich auf einer viel zu hohen Distanz zum Zuschauer, als dass er ihn zu fesseln verstünde. Schade. Aber ein Versuch war es wert.

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