Review

„It’s rip-off time again!“ – sagte mal ein amerikanischer Kritiker zu Filmen wie „Grizzly“ und hatte damit mit Sicherheit Recht, denn dieser Bär von einem Film ist in erster Linie nichts anderes als ein in der Umgebung verändertes Remake von „Der weiße Hai“.
Solange aber offensichtliche Remakes eine so solide Qualität aufweisen können, sollte man sich nicht beschweren, sondern seinen Tierhorrorfilm der Woche genießen – und angesichts der Filmschwemme, die mit billigen CGI-Kreationen von riesenhaften Insekten oder Oktopoden daherkommt, ist das hier geradezu eine Oase in der Wüste.

Da braucht es auch nur eine einfache Story: in einem Nationalpark in den Staaten, wo man alle Bären markiert und in abgelegene Regionen vertrieben hat, geht ein Vier-Meter-Grizzly um, der Appetit auf Menschenfleisch bekommen hat und ahnungslose Camper schlachtet.
Der zuständige Parkranger ist gar nicht erbaut, vor allem weil der Parkdirektor ein stures Arschloch ist und die Sache immer schlimmer macht. Zur Hand gehen ihm ein Bärenexperte (hier ist Richard Jaeckel in einer hirschfelltragenden Rolle zu sehen) und ein Vietnamveteran und Hubschrauberpilot, der stets das Schlimmste erahnt.
Als alles nichts nützt und die Katastrophe eintritt, wird endlich der Park geräumt und die drei machen sich auf die alleinige Verfolgung des Kuschelbären, was im unzugänglichen Parkgehölz nicht ohne Verluste abgeht.

Sicher, die Story, die uns B-Papst William Girdler in seinem drittletzten Film abliefert, ist weder besonders subtil, noch ist sie neu und wer möchte, darf mal die Parallelen und geklauten Ideen aus Spielbergs Hai-Epos zählen, die hier noch mal zum Leben erweckt werden.

Am auffälligsten sicherlich die subjektive Kameraposition als Bärensicht, samt Hecheln, Brummen und eigenem Bären-Theme, daß John Carpenter für „Halloween“ bestimmt viel gegeben hat. Dann ist das Triumvirat der Jäger, daß man bei Scheider, Dreyfuss und Shaw abgeguckt hat, allerdings ohne den psychologischen Tiefgang auszuloten. Waren Tierjäger und Naturschützer noch strikt getrennt, mischen Harvey Flaxman und David Sheldon hier gut durch und geben den Helfern des Oberrangern durchgängig positive Charakternoten.
Witzig dabei ist sogar ein Zitat an Robert Shaws berühmten „USS Indianapolis“-Monolog, den er selbst improvisierte und der hier von Robert Prine (als Veteran) gecovert wird – welcher ebenfalls für seine Indianerstory eine Autorennennung bekam.
Statt des bigotten Bürgermeisters haben wir hier einen miesen Parkdirektor und es muß erst eine Familientragödie geben, bis die Dinge für die drei Retter ins Laufen kommen. Zuvor werden auf den Park natürlich reichlich ungelernte Sonntagsjäger losgelassen und in Abständen muß immer mal wieder jemand dran glauben. Sogar die Obduktion der Opferüberreste ist in einer neuen Form mit dabei.

Trotz all dieser Anleihen und dreisten Klaus ist „Grizzly“ solide Handwerkskunst, in schönen Farben und mit gekonnter Kameraführung, ohne große dämliche Ausfälle und mit akzeptablen Dialogen.
Und vor allem spart Girdler nicht mit einem: saftigen kleinen Details.
Es wäre einfach gewesen, ein paar ausgestopfte Bärenklauen und schreiende Opfer zu zeigen, aber obwohl erstere zum Einsatz kommen, fliegen dem Publikum hier in freier Natur dann trotzdem reichlich blutüberströmte Opfer und abgetrennte Gliedmaßen um die Ohren, einem Pferd wird gleich der ganze Kopf abgeschlagen und auch sonst herrscht mehr Gore, als man sich das erwarten konnte.
Und die Chuzpe, das Vieh einen Dreijährigen angreifen zu lassen und diesem ein Bein abzureißen (man kann das Ergebnis kurz aber lecker begutachten), muß man im US-Kino erst mal finden.

Während also die halbe Welt auf amateurhafte Killerfische setzte und Bert I.Gordon die schlechtesten Riesenviecher der Welt auf die Menschheit loslies, produzierte Girdler wieder Qualität mit einem echten trainierten, aber ansonsten noch ungezähmten Bären, der wirklich recht eindrucksvoll rüberkommt, bis er am Ende (hallo, Mr.Scheider) Bekanntschaft mit einer Bazooka macht. Definitiv ein Film mit Biss. (7/10)

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