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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Wildes Theater auf berauschender Leinwand

Stichwörter: 1970er Baccaro Bene Bühnenstück Drama Erotik Italien Jubiläum Klassiker Literaturverfilmung Luna Nicolodi Spielfilm Veruschka Wilde

Salomé (1972)

Schon einmal von Carmelo Bene gehört? Glückwunsch! Bene zählt zu den Regisseuren des italienischen Kinos, die weder bei den Genre- noch bei den Autorenfilm-Aficionados auf sonderlich große Aufmerksamkeit gestoßen sind, die aber einer kleinen Gruppe eingeschworener Fans zu den ganz großen Geheimtipps zählen. Auch ein Alberto Cavallone ließe sich dieser Sparte zuordnen... aber Bene ist der wesentlich kunstbeflissenere Regisseur, der ein stilistisch hochspannendes Kino hervorgebracht hat, das deutlich seinen Wurzeln als Theaterregisseur verhaftet bleibt. Irgendwo zwischen Antonin Artauds Theater der Grausamkeit und dem Mouvement Panique siedelte Bene sein teils obszönes, blasphemisches, exzessives Theater an, das späterhin bis zu seinem Tod im Jahr 2002 auch in abgefilmter Form im italienischen Fernsehen zu erleben war. Nach 1968 lieferte Bene aber auch für einige wenige Jahre eine Reihe von reinen Kinofilmen ab, als deren Aushängeschild "Salomé" gilt, der im August 1972 erstmals gezeigt worden war. Bene inszeniert hier äußerst frei das Stück von Oscar Wilde, das er mit blasphemischen Spitzen anreichert: Zeichentrick-Kamele springen gleich zu Beginn durch ein Nadelöhr und Jesus, dessen Blut sich die Gläubigen in Rotweinform einverleiben, trägt auch mal Vampirzähne zur Schau. Und diese Schau hat es in sich: Zwar bleiben die Hintergründe monoton, wenig abwechslungsreich und der Theaterbühne weitgehend verhaftet – schwarze Flächen, blaue Flächen, schillernde Wasseroberflächen, rotierende bunte Sonnenschirme –, aber die bisweilen surrealen Bilder sind so überladen mit grellen, bunten Farben und erotischen, gewalttätigen und blasphemischen Szenen, dass sich ein Eindruck von Minimalismus kaum einstellt. Hier geht es um einen performativen Exzess, der das Publikum zugleich mit einem Bedeutungsüberschuss konfrontiert, an dem man sich abarbeiten kann, wenn man nicht einfach bloß schwelgen will...
Die Salomé wird hier gespielt von der sieben Jahre später an einer Überdosis dahingeschiedenen Donyale Luna, die schon in "Fellini Satyricon" (1969) Eindruck erregte. Dieser Film und das Fellineske ist ein Eckpfeiler von Benes "Salomé", der auch an Ken Russell und Alejandro Jodorowsky gemahnt (auch was die Thematisierung der filmischen Inszeniertheit betrifft). Und unerwartet sind mit Veruschka von Lehndorff, Daria Nicolodi oder Salvatore Baccaro weitere bekannte Gesichter zu sehen...


Kommentare und Diskussionen

  1. PierrotLeFou sagt:

    Kleiner Bonustitel zum Welttag des Theaters… 😉

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