Le départ (1967)
Jerzy Skolimowski war Autor, ehe er zum Film kam: ein junger Schriftsteller, Anfang 20 erst. Als solcher lernt er Andrej Wajda kennen: der junge Regisseur, einer der wichtigsten Vertreter der Polnischen Schule, macht Skolimowski zu seinem Drehbuchautoren: "Niewinni czarodzieje" (1960) entsteht nach Skolimowskis Drehbuchversion einer fremden Romanvorlage. Unter den Darstellern befindet sich auch Roman Polanski: Dieser macht Skolimowski ebenfalls zu seinem Drehbuchautoren, als er sein Langfilm-Debüt "Nóz w wodzie" (1962) vorbereitet. Zu dieser Zeit ist Skolimowski längst auf Wajdas Rat an die Filmhochschule gegangen, wo er schon ab 1960 erste Kurzfilme realisierte. Mit seiner ersten Langfilm-Regiearbeit beginnt er dann im Jahr 1964: "Rysopis" (1965) wird zu einem kleinen Achtungserfolg, der schnell als Aushängeschild eines Phänomens gilt, das bisweilen als Neue Welle Polens bezeichnet worden ist, gleichwohl ihm der Konflikt zwischen althergebracht und neu (und auch ein wenig zwischen alten und jungen Filmschaffenden) abging, welcher die Nouvelle Vague und auch den Neuen Deutschen Film kennzeichnete. Aber Skolimowskis Filme entstammten dem Umfeld der Filmhochschule in ?ód?, deren Absolventen in den frühen 60er Jahren eine eigenwillige Frische in das polnische Kino brachten. "Rysopis" nimmt in dieser Hinsicht schon allein deshalb eine Sonderstellung ein, weil der Film noch Material aus Skolimowskis Studentenfilmen verwendet.
Als im Juni 1967 "Le départ" auf der Berlinale zu sehen ist, ist Skolimowski auch international kein Unbekannter mehr: Der letzte Film seines mit "Walkower" (1965) und "Bariera" (1966) zur Trilogie ausgeweiteten "Rysopis"-Erfolgs feierte auch international große Erfolge. "Le départ" entsteht dann in Belgien - mit der Nouvelle Vague-Ikone Jean-Pierre Léaud, die Skolimowskis Frische wundervoll ergänzt. Es ist ein entscheidender Einschnitt in Skolimowskis Schaffen, der zwar danach nochmals in Polen arbeitet, mit "Rece do góry" (1968/1981) jedoch einen Zensurfall erschafft, der über Jahre nicht in die Kinos gelangen durfte: Skolimowski drehte dann - wie viele ausländische Filmschaffende jener Zeit, darunter auch sein Kollege Polanski - in Großbritannien. "Deep End" (1970) darf sicher als Meisterstück jener Jahre gelten, wenngleich es nicht gerade erfolgreich war. Nach dem eigenwilligen Horrorfilm "The Shout" (1978) flaut das Interesse an Skolimowski dann allmählich ab; aktiv blieb er aber zumindest bis 2015: "11 minut" (2015) ist sein bislang letzter Film. Als Schauspieler ist er einem breiten Publikum zudem (unbewusst) durch seine Auftritte in "Eastern Promises" (2007) oder "The Avengers" (2012) bekannt.
"Le départ", der einen fanatischen, irrwitzigen Léaud als Autonarren bei seiner Jagd nach einem Wagen für ein Wochenend-Rennen zeigt und dabei von der überschäumenden Spielfreude seiner Akteure, von inszenatorischen Extravaganzen (etwa während einer denkwürdigen Spiegeltransport-Szene) und Krzysztof Komedas manchmal wild aufspielender, jazziger, bisweilen chilliger Musikuntermalung lebt, liegt bei FilmConfect in der Edition Cinema Francais kostengünstig auf DVD vor: Eintrag von gül. (Eine nochmals etwas kostengünstigere, inhaltsgleiche Zweitausendeins-Version der DVD ist ebenfalls im Umlauf.)
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