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von Stefan M

Vor 25 Jahren: Roberto Benignis Zweiter-Weltkriegs-Märchen erobert die Zuschauerherzen – und spaltet die Kritiker

Stichwörter: 1990er Benigni Braschi Drama Italien Jubiläum Klassiker Komödie Liebesfilm Spielfilm Tragikomödie

La vita è bella (1997)

Der am 20. Dezember 1997 uraufgeführte "Das Leben ist schön" war nicht Roberto Benignis erster Film, bei dem er Regie führte, und auch nicht der erste Film, bei dem er vor der Kamera stand (Jim Jarmusch hatte ihn bereits dreimal als Schauspieler verpflichtet), aber es sollte der Film sein, mit dem er schlagartig auch außerhalb Italiens berühmt werden sollte, darunter auch in Hollywood, wo er bei der Oscarverleihung bei sieben Nominierungen gleich drei Preise mit nach Hause nahm (Bester fremdsprachiger Film, Bester Hauptdarsteller und Beste Filmmusik) – ein Erfolg, an den er danach nicht wieder anknüpfen sollte, wobei er auch nur noch bei zwei weiteren Filmen Regie führte.

Benigni begab sich mit "Das Leben ist schön" durchaus auf dünnes Eis, denn der Italiener versuchte sich an einem Feel-Good-Movie rund um den Zweiten Weltkrieg, der den lebensfrohen Guido (Roberto Benigni selbst) in den Mittelpunkt rückt, der selbst als Zwangsarbeiter im Konzentrationslager seinem kleinen Sohn Giosuè (Giorgio Cantarini) gegenüber mit absurden Erklärungen noch vorgibt, dies alles sei nur ein Spiel, bei dem es am Ende einen Panzer zu gewinnen gäbe. Um ihn in diesem Glauben zu lassen, muss er natürlich alle Gräueltaten von ihm fernhalten – und da auch Regisseur Benigni die Zuschauer von eben diesen Gräueltaten fernhält und sie lediglich etwa in Form eines Leichenberges im Hintergrund andeutet, ohne gleichzeitig auch nur eine Hinrichtung im Bild zu zeigen, wurde ihm vorgeworfen, er würde den Zweiten Weltkrieg verharmlosen und den Holocaust durch die unangemessenen Clownerien der Hauptfigur abschwächen.

Darin liegt sicherlich ein wahrer Kern, aber man kann durchaus auch den Standpunkt vertreten, dass das Material, das zum Zweiten Weltkrieg existiert, schier unendlich ist, weshalb eine andere Herangehensweise, die damalige Zeit aus der Sicht von unschuldigen Kinderaugen – und in gewisser Weise ist selbst Guido noch ein Kind, das sich durch seine Lügen selbst vor der grausamen Wahrheit verschließt – als Märchen zu schildern, durchaus möglich sein sollte. Das hat ja nicht zuletzt Quentin Tarantino mit "Inglourious Basterds" gezeigt, als er das komplette Ende des Zweiten Weltkriegs auf geradezu dreisteste Art und Weise umschrieb und Hitler durch Juden hinrichten ließ.

Davon abgesehen funktioniert "Das Leben ist schön" als anrührende Geschichte, die sich über eine Hälfte Zeit lässt, bis sie sich ins Konzentrationslager verlagert. Bis dahin geht es um Guidos letztlich erfolgreiches Werben um die Lehrerin Dora (Benignis Ehefrau Nicoletta Braschi), die es aus der Beziehung zu einem reichen arroganten Politiker zu befreien gilt, was zu vielen heiteren und herzerwärmenden Momenten führt, während der bereits bevorstehende Nazi-Schrecken schon am Horizont erscheint. Die Liebe zu Dora und dem gemeinsamen Sohn sowie seine allgemeine ansteckende Lebensfreude, die ihn nie verzagen lässt, bringen die Familie schließlich durch die wie gesagt nur am Rande bemerkbare Hölle und sorgen zumindest für ein kleines Happy End, wenn auch nicht ohne Opfer.

US-Komiker Jerry Lewis verwies in einem späteren Interview darauf, dass Benigni sich großzügig bei seinem eigenen, nie der Öffentlichkeit vorgeführten Drama "The Day the Clown Cried" (1972) bediente, in dem ein Clown – ähnlich, wie Benigni es war – in Auschwitz als "Betreuer" für Kinder eingesetzt wird, die in die Gaskammern wandern. Die Inhaltsangabe weist tatsächlich einige Ähnlichkeiten auf, aber ob es tatsächlich so ist, wie Lewis sagt, könnte nur eine Veröffentlichung ans Tageslicht bringen.

Mehr? Review von Apollon


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