Viva la muerte (1971)
Die kleine Ofelia begibt sich inmitten der Gräuel des frühen Franco-Spaniens in eine wunderbare andere Realität: Der Kritik- und Publikumsliebling "El laberinto del fauno" (2006) Guillermo del Toro wusste damit vor 15 Jahren weithin zu begeistern, ist aber nur ein mäßig origineller Markstein in einer ganzen Reihe von Franco-Parabeln, die bis in den ausklingenden Franquismus selbst zurückreichen. Blaupause waren die entsprechenden Filme mit Kinderstar Ana Torrent von Carlos Saura ("Cría cuervos" (1976)) und Víctor Erice ("El espíritu de la colmena" (1973)), in denen die Fantasie (deutlich bodenständiger) als Verarbeitung der Lebensumstände in einer repressiven Gesellschaft erscheint. Vorangegangen ist beiden Klassikern des spanischen Kinos aber ein Film, der von einem Exilspanier im Ausland gedreht worden war: "Viva la muerte" wurde 1970 gedreht und erlebte am 12. Mai 1971 seine Uraufführung, nach der sich dieses Regiedebüt des mouvement panique-Mitglieds Fernando Arrabal zu einem Aushängeschild des subversiven – und surreal gefärbten – Spielfilms mauserte, der in den frühen 70er Jahren einen absoluten Boom erreichte. Bei Arrabal ist es anders als in den genannten späteren Filmen ein kleiner Junge, der in seinen Fantasien gegen sein Umfeld rebelliert, als der Vater im Bürgerkrieg – verraten ausgerechnet von der Mutter – als Kommunist den Falangisten in die Hände fällt. Teils pervers konnotierte Fantasien über Folter und Erniedrigung vermengen sich mit befreienden Rachefantasien, in denen die kindliche Hauptfigur die bestehenden Zustände teils mit einem einfachen Urinstrahl wegzuspülen versteht: finden Körperausscheidungen heute vor allem im Porno oder im Thriller- und Horrorkino, wo sie dann Ekel und Beklemmung evozieren sollen, Verwendung, so dienten sie in den frühen 70er Jahre noch als Zeichen einer Überwindung herrschender Tabus. Sexualit, Blasphemie und Gewalt sind daneben die drei Stützen des Films, der das erzkatholische Franco-Regime attackierte, das ungefähr in den nächsten fünf Jahren nach Arrabals Film dann mit dem Ableben des Diktators endgültig überwunden werden konnte... Und im (aus)gezeichneten Vorspann des Films lassen sich bereits all diese subversiven Qualitäten vorfinden.
Lange Zeit ein gesuchtes Kleinod in der hiesigen Cineastenszene, liegt Arrabals Klassiker seit 2012 dankenswerterweise bei Donau Film auf DVD vor: Fassungseintrag von Tyrion Lannister
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