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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Subversive polnische Kult-Komödie

Stichwörter: 1970er Jubiläum Kilar Klassiker Komödie Piwowski Polen Spielfilm

Rejs (1970)

Die am 19. Oktober 1970 uraufgeführte Komödie "Rejs" gehörte lange Zeit eigentlich nicht zu kanonisierten polnischen Filmklassikern im engeren Sinne. Das Studio Filmowe Tor hat den Film jedoch in die 25teilige DVD-/Blu-ray-Edition (Fassungseintrag von PierrotLeFou) zum 50. Jubiläum aufgenommen (und ihn mittlerweile auch auf dem eigenen YouTube-Kanal zugänglich gemacht) und hierzulande schaffte es der Film als einer von 25 Titeln in die Aufsatzsammlung "Klassiker des polnischen Films" (Schüren, 2015). Damit wurde die Komödie gewissermaßen rehabilitiert, nachdem sie ihre Karriere zunächst als Geheimtipp startete: denn aufgrund subversiver Tendenzen wurde der Film erst empfindlich (um etwa 20 Minuten!) gekürzt und dann mit nur einer Kopie zwischen dem 19. Oktober und dem 29. Oktober in die Kinos gebracht, was jedoch das Interesse der Öffentlichkeit eher schürte – zumal der Komödienregisseur Stanislaw Bareja diesen Debüt-Langspielfilm seines Kollegen Marek Piwowski schnell als beste Komödie des Jahres pries. Andere Filmschaffende, insbesondere die gerade heranwachsende neue Generation, schlossen sich an, sodass "Rejs" als wichtiger Bezugspunkt des Jungen Polnischen Films gelten kann, der gerade mit Regisseuren wie Zulawski oder Zanussi die Ära der Polnischen Schule abzulösen begann. Anknüpfend an sein dokumentarisches Schaffen blickt Piwowski, der am 24. Oktober dieses Jahres seinen 85. Geburtstag feiern kann, mit dem Blick eines Jacques Tati auf eine Vielzahl von Figuren, die sich während einer Schiffsreise ohne Handlung im herkömmlichen Sinn die Zeit vertreiben und über das Freizeitprogramm an Bord sowie das polnische Kulturschaffen sinniert... Im unaufgeregten Tonfall stichelt Piwowski dabei gegen sozialistische Mangelwirtschaft oder den polnischen Film (wobei sich der ironisch Kommentar zugleich auch auf "Rejs" selbst zu beziehen scheint), nimmt Chauvinismen und Bedeutungshubereien der Akteure ebenso in den Blick wie auch autoritäre Verbote und Sanktionen. Die Filmmusik dieses Kuriosums stammt übrigens von Wojciech Kilar, der einem breiteren Publikum vor allem über seine Arbeiten in Hollywood bekannt sein dürfte.


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